Arno Holz’ Gedicht „Inferno“

ARNO HOLZ

Inferno

Die Lampe brennt

Von allen Wänden
schweigen um mich die dunklen Bücher.

Eine kleine Fliege, die noch munter ist,
verirrt sich in den gelben Lichtkreis.

Sie stutzt, duckt sich und tupft mit dem Rüssel auf das Wort

Inferno.

1898

 

Konnotation

Gemeinsam mit Johannes Schlaf hat Arno Holz (1863–1929) den „konsequenten Naturalismus“ begründet mit Erzählungen wie Papa Hamlet (1889) und Milieustücken wie Die Familie Selicke (1890). 1886 erschien der sozialkritische Gedichtband Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Das darin enthaltene Gedicht „Phantasus“ bildet den Keim des später immer wieder erweiterten „Phantasus“-Zyklus, der in der Fassung letzter Hand von 1925 drei Bände mit insgesamt 1.500 Seiten umfasste.
In diesem „Weltgedicht“ („Sieben Billionen Jahre vor meiner Geburt / war ich / eine Schwertlilie.“) gab Holz die traditionellen Formen preis. Die Texte sollten nur dem „inneren Rhythmus“ folgen. Frei von Metrum und Reim erzählen sie vom Schicksal des in einer Berliner Dachkammer träumenden und hungernden Poeten. Das Gedicht auf die brennende Lampe steht im Zweiten Heft des Phantasus von 1898; eine Momentaufnahme aus dem literarischen Alltag. Die in Gestalt der „dunklen Bücher“ stets anwesende Tradition ist ein Topos solcher „Dichtergedichte“.

Michael Buselmeier (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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