8. März

Endfassung von Chapman/Apollinaire an Klaus G. Renner – das war mein bisher kniffligstes übersetzerisches Unterfangen; nun fehlen aber noch die Anagramme aus den ›Elf Tausend Verben & Ein Hundert Virgeln‹. Unter dem Buchstaben M (aus GuillauMe) steht nun bei mir: Melone heißt sein alter Hut auf Zeit
aaaaaGrapscht Wörter Zahlen Ärsche unverwandt
aaaaaUrformel findet er bei jeder Ungelegenheit
aaaaaInsofern hat Raymond Queneau es weit gebracht
aaaaaLuna Park riskantes Wunderland
aaaaaLieber lese man drei Seiten weit
aaaaaApothematisch A bis Z via die Acht
aaaaaUvula aufgemacht die Pfeife abgebrannt
aaaaaManege melancholisch eingeschneit
aaaaaEnzyklopädie den Toten zugedacht.
– Noch ein Lektüreversuch mit dem vielgerühmten W. G. Sebald, und wieder kann er mich (diesmal mit ›Austerlitz‹) für seine angestrengt-betuliche Schreibweise nicht einnehmen, ein höheres Prädikat als »gut und recht« liegt nicht drin. Die Darbietung des Unerheblichen entgeht nur dann der Langeweile, wenn sie (wie bei Flaubert oder Gracq oder Michon) auf sprachlicher Ebene beziehungsweise mit sprachlichen Mitteln so spannungsreich inszeniert wird, dass das Interesse am Satzbau das Interesse am Gegenstand der Aussage überbietet. – Der Regen lässt den Restschnee zu einem schmutzigen Granulat verkommen; die Frühtemperatur liegt nun wieder beim Gefrierpunkt … liegt knapp über Null. Die Grautönigkeit hält an; die Grippewelle fegt jeden vierten, fünften Arbeitsplatz leer. Noch was? Die Parlamentswahl in Italien endet (wie manch ein demokratischer Wahlgang in jüngster Zeit) in einem statistisch unwahrscheinlich knappen Patt; der Heirats- und der Kinder- beziehungsweise Adoptionswunsch homosexueller Paare wird in Deutschland von achtzig Prozent der Bevölkerung als selbstverständlich akzeptiert und neuerdings auch von den christlichen Parteien befürwortet; der Etikettenschwindel bei Lebensmitteln bringt den dafür Verantwortlichen allein in Europa jährlich rund dreihundert Millionen Euro Umsatzgewinn – bei der Korruption in Wirtschaft und Politik sollen es Milliarden sein. Dazu passen die Armutsberichte, die Berichte über Umweltzerstörung, aber auch die Mord- und Selbstmordraten. Und? Die Zuwachsraten der Weltbevölkerung.

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