Arnold Stadtler: Zu Walter Helmut Fritz’ Gedicht „Denk an ein Boot“

Mashup von Juliane Duda zu der Beitragsserie „Im Kern“

Im Kern

− Zu Walter Helmut Fritz’ Gedicht „Denk an ein Boot“ aus: Walter Helmut Fritz: Gesammelte Gedichte. −

 

 

 

 

WALTER HELMUT FRITZ

Denk an ein Boot

Denk an ein Boot,
um hinüberzukommen
ans andere Ufer

denk an die Ruder,
die sich bewegen
in ihren Angeln

denk an die Fahrt,
an den Wind
der Verwandlung

denk an das Boot
bis es vor dir liegt
und dich erwartet.

 

„Denk an ein Boot“ sagt der Dichter

sich, dir und mir auch ach, wir verstehen schon, wir kommen mit, wie man so sagt, „anderes Ufer, Fahrt, Wind, Verwandlung“. Was das für „ein“ Boot ist? So grammatikalisch unbestimmt, so deutlich als Bild. Klar und deutlich, wahr und deutlich wird hier auf das Undeutlichste, aber Eindeutigste, verwiesen. Das kann nur die Sprache. Dieses Gedicht schlägt einen Bogen (es verbindet insofern), einen Bogen von einer autonomen, vielleicht sogar aufklärerischen Aufforderung „denk“ (dir) zu „dich erwartet“, also zu einer gar nicht selbst verfügten Ankunft. Und dazwischen? Liegt „denk an ein Boot“, dieses Gedicht.

Arnold Stadler, aus: Walter Helmut Fritz: Ausgewählte Gedichte und Prosa, Wallstein Verlag, 1999

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