Christoph Kuhn: Poesiealbum 348

Mashup von Juliane Duda zum Buch von Christoph Kuhn: Poesiealbum 348

Kuhn/Hegewald-Poesiealbum 348

EXKURSION

Eben ging ich durchs All,
nur durch unser System,
an den Großvater denkend,
der mich eines Nachts weckte,
die Welten mir zeigte.

Im Garten unter Bäumen;
unter Sternen, auch längst
schon verloschnen,
Lichtjahr um Lichtjahr,
„komm wir nie hin.“

Den Weg entlang,
hin eine Stunde, eine zurück,
von der metergroßen Sonne
an der Erderbse vorbei
zum fernsten Planeten.

Großvater staunte.
Wie wir so stehn
in der Kälte des Alls,
meine Hand in der seinen.

 

 

 

Christoph Kuhn

Einige seiner Gedichte haben Platz für Ironie und Selbstironie, erinnern an Fried, Bachmann, Marti oder Enzensberger; andere frönen „Morgensternscher Manier“. Kuhns Texten wird Sprachwitz und Doppeldeutigkeit bescheinigt, dazu ein weit gespannter Themenhorizont von Ökologie über Religion bis Politik – eine zivilisationskritische Sicht, die jedoch nichts Eiferndes hat und ein Wissen voraussetzt, das über Zitate hinausweist.

Ankündigung in Thomas Böhme: Poesiealbum 347, MärkischerVerlag Wilhelmshorst, 2019

Stimmen zum Autor

Faszinierend ist ein Wissen, das über alle Zitate hinauswächst. Dieser eigenverantwortliche und politisch gerichtete Glaube charakterisiert die Protestanten in den östlichen Bundesländern.
Traude Veran

Wenn Kuhn den Beschädigungen nachgeht, die Sprache in den Zeitläufen erleidet, fragt er zugleich nach dem Zustand der Welt. Seine zivilisationskritische Sicht hat nichts Eiferndes.
Martin Straub

Der Themenhorizont ist weit gespannt… Die Sprache ist nicht glatt und gefällig, sondern sperrig, spröde, sie hat eine ganz eigene, dunkle Melodie.
Axel Schmidt-Scherer

Gedichte, Reime und Verse, oft in Morgensternscher Manier, wollen aufzeigen, daß Lesen ein Vergnügen sein kann. Da werden Doppeldeutigkeit aufgespürt und mit ihnen kunstfertig jongliert, Begriffe und Sprachbilder wörtlich genommen, was höchst vergnüglich sein kann.
Tristan Berger

Zur Lyrik gehören verquere Gedanken, Kuhn fallen sie üppig zu. „Smog in Eden“, das erklärt manches hier unten. Den Realitätsverlust, der heutiges Erleben kennzeichnet, faßt er als „Leben im Potemkinschen Dorf“. Den Worten entspricht keine Wörtlichkeit mehr, sie sind von dieser längst verlassen, und das Metaphorisieren sattelt einen drauf. Sorgsam gefaßte, sprach- und bildkundige Gedichte – damit die Poesie langsamer stirbt.
Alexander von Bormann

Es wird humorvoll über Engel reflektiert, die alles vermögen, während der Mensch ewig unzulänglich bleibt. Doch sie trösten, die Himmelsboten, „lassen dich beflügelt zurück“.
Tomas Gärtner

Es ist Sprachwitz, spielerischer, dabei genauer Umgang mit Sprache. Die Auswirkungen gedankenlosen Mitläufertums, von Unaufmerksamkeit und Gleichgültigkeit werden nie plakativ, sondern auf künstlerisch vielfältige Weise dargestellt.
Jürgen Israel

Seine Formulierungen schaffen Platz für Ironie und Selbstironie. Der Grundtenor ist aber eher ein elegischer. Kuhns Gedichte lösen sich von den konkreten Signalen und Provokationen des Alltags. In ihnen finden sich unvermeidliche und in ihrer Summe produktive Echos; Marti und Fried, Enzensberger und Bachmann gehören zum Fundus des Autors.
Klaus Pankow

MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2019

Poesiealbum 348

Für Kuhn gehören Leben und Schreiben zusammen: seine Naturlyrik ist nicht schwärmerisch, die politische nicht ohne privaten Bezug. Daß es oft sorgsam gefaßte, sprach- und bildkundige Gedichte sind, hängt wohl mit seinem gelernten und langjährig gelebten Beruf des Augenoptikers zusammen; andere zeugen vom Umwelt-Engagement oder belegen sein Interesse an Geschichte, Religion und Astronomie. Auch erinnern manche an die Kindheit, und es gibt welche, die (auch) für Kinder geschrieben sind.

MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2019

 

Beitrag zu diesem Buch:

Aribert Rothe: Wortschätze heben
Glaube+Heimat, 5.7.2020

 

Fakten und Vermutungen zum Poesiealbum + wiederentdeckt +
Interview
50 Jahre 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6

 

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

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