GERBSÄUREHAFEN
Das hier: Zahlen!
Nummern,
Rechnungen,
Abrechnungen fremden Schweißes.
Das Lachen: abgerechnet.
Ängste und Hunger: abgerechnet.
Lumpen: abgerechnet.
Ängste und Blut: abgerechnet.
Zorn: abgerechnet.
Bäume: abgerechnet.
Und die Wut
und die beleidigende Geste,
und der Alkohol und der Fluch und das Fieber
und die barbarische Flut mit der Grimasse des Hungers!
Jungfräulicher Wald.
Tausend Jahre eingefärbt
vom heftigen und gefräßigen Schwall der Verbrechen,
die ausspucken und verwünschen.
Zahlen,
Nummern,
Abrechnungen,
Abrechnungen fremden Schweißes…
und dann
der arme, arme Schweiß des Volkes!
ELVÍO ROMERO, DICHTER AUS PARAGUAY
Nichts kann die Heimat zwingen,
mag auch der Schmerz sie beugen.
Ihr Herz wird immer für dich zeugen,
indes deine Lieder aus der Seele klingen.
Und windet lichtlos sich der Tod,
weicht in die Finsternis der Feind,
kehrt Freiheit, mit deinem Lied vereint,
ins Land zurück, zu enden alle Not
Rafael Alberti, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1972
Elvío Romero ist der bedeutendste zeitgenössische Dichter Paragays. Mit den progressiven lateinamerikanischen Lyrikern verbindet ihn sein Engagement für die Unterdrückten und Entrechteten, denen er in leidenschaftlichen Gedichten Stimme verleiht. „Schreiben für die von unten“ ist nicht nur der Titel eines seiner Gedichte, sondern zugleich das Programm dieser Dichtung, die bei aller sprachlichen Extravaganz nie ihr Ziel aus den Augen verliert: Herrschaftsstrukturen freizulegen und somit die harte Feile“ zu schärfen, „mit der man die Ketten zerreißt!“.
Aus Berthold Viertel: Poesiealbum 61, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1972
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