Farhad Showghi: Nach Georg Trakls Gedicht „Sommer“

Mashup von Juliane Duda zu der Beitragsserie „Im Kern“

Im Kern

– Nach Georg Trakls Gedicht „Sommer“. –

 

 

 

 

GEORG TRAKL

Sommer

Abend in Lans

Sommer unter kalkgetünchten Bogen,
Vergilbtes Korn, ein Vogel der ein und aus fliegt
Abend und die dunklen Gerüche des Grüns.
Roter Mensch, auf dämmerndem Weg, wohin?
Über einsamen Hügel, vorbei am knöchernen Haus
Über die Stufen des Walds tanzt das silberne Herz.

 

Heute

Einige Wolken oben. Wunderst dich jetzt und verschwindest im Erreichten, wenn du willst. Wirst klingeln oder leiser werden, bis es eine Hauswand ist. Wird bald Abend. Es gibt Fensternähe, ein Horchen im Flur, keine ganze Gestalt. Eher Zusammenhalt. Mit Finger und Fuß. Und das Schulterblatt ist weder Heimweg im Rücken noch sehr ermüdete Stirn. Heute: Siehst du den Vogel, der einwechselbar bleibt in jeden Flug. Pflückst noch Kurzbewimpertes. Wenn du fast irgendwo wohnst. Oder deine Jacke öffnest. Also vorzeitig ein Kräftespiel beendest. Weizen und Roggen haben damit nichts zu tun. Auch der Waldrand nicht. Zerbrichst einige Farben in die Helligkeiten, wo du die Schrittfolge schon in Erfahrung bringst. Lichtflecken kommen, der Armschwung auch. Erblickst die Quere der eigenen Knie an derselben Luft. Am Knick des Hangs.

Farhad Showghi, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014

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