Felix Philipp Ingold: Aufs Wort (genau) – Hier …

Aufs Wort (genau) – Teil 11

 

Teil 10 siehe hier

Hier und im Folgenden wird nun vorab nach dem Einzelwort und dessen Form, Funktion und Bedeutung in literarischem Kontext gefragt.
In einem vergessenen Essay über «Die Wörter» (1946) hat der Schriftsteller und Kritiker Cesare Pavese das Einzelwort vor dem alltagssprachlichen Verschleiss in Schutz zu nehmen versucht mit dem aufwertenden Hinweis, dass «in den Wörtern alles enthalten» sei, man ihnen also sehr viel entnehmen und manches damit anfangen könne. Die vom Erzähler, vom Dichter gewählten Wörter bestimmten seinen Personalstil und garantierten die Unverwechselbarkeit seiner Stimme. Nicht einfach einen kompakten Text enthalte das Buch, vielmehr bestehe es aus Wörtern, nichts als Wörtern: «Auch die Handlung und die Personen bestehen aus Wörtern. Manchmal spielen in einem Buch Bäume, Häuser oder Berge die Rolle von Personen. Was das bedeuten soll? Es bedeutet: Was zählt, ist das, wozu diese Personen in einem Buch werden, was sie gemeinsam haben – die Wörter.» Die Personen haben die Wörter allerdings nicht nur, sie sind auch aus Wörtern gemacht. In radikaler Zuspitzung hat Gérard Genette («Figures», III) die «Wörtlichkeit» des Literaturwerks mit der Behauptung auf den Punkt gebracht, dass Prousts Grossroman «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» als die «Expansion eines einzigen Worts» zu betrachten sei.

… Fortsetzung hier

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