Felix Philipp Ingold: Aufs Wort (genau) – Letztlich …

Aufs Wort (genau) – Teil 26

 

Teil 25 siehe hier

Letztlich erweisen sich Wörter wie Worte in Bezug auf ihre Signifikate (das von ihnen Benannte, Gemeinte, Evozierte) als Übertragungen, da sie vorgegebene Objekte, Personen, Sachverhalte, Stimmungen, Meinungen, Wünsche usf. stets nur indirekt – gemäss konventioneller Wortbedeutung – repräsentieren, niemals aber präsent machen können. Francis Ponge, einer der radikalsten Sprachkünstler des 20. Jahrhunderts, hielt deshalb jedes Wort, d.h. jeglichen Wortgebrauch für einen «Fehler», da eben kein Wort seinem «Gegenstand» genau entsprechen, ihm also gerecht werden könne. Er schliesst damit an das sprachskeptische Denken des frühen 20. Jahrhunderts an, das Fritz Mauthner mit seiner mehrbändigen «Kritik der Sprache» (1901-1910) in eine radikale «Revolution der Philosophie» überzuführen suchte und von dem nachfolgend auch die europäische Dichtung – ungeachtet der fast durchweg negativen wissenschaftliche Rezeption des Werks – stark beeinflusst wurde. Das Mauthner’sche Fazit: «Die Sprache ist wohl ein sozial brauchbares Mitteilungsmittel und ein Mittel des künstlerischen Ausdrucks, aber nicht ein Erkenntnismittel. Vielmehr verfälscht sie die Erkenntnis durch das Anthropomorphe und Metaphorische der Worte und Begriffe, und durch die Hypostasierung abstrakter Begriffsinhalte zu Realitäten.» Dies als Erklärung dafür, dass menschlichem Sprechen – und damit auch dem Denken – die Wirklichkeit grundsätzlich unerreichbar bleiben werde.

… Fortsetzung hier

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