Abheben

Eine Frau, eine vielleicht noch recht junge Frau, die ich nur ganz kurz – zuerst von hinten und gleich darauf, im Rückspiegel, von vorn – sehen kann, wird mir unvergeßlich durch ihren betont selbstsicheren, fast stampfenden, dennoch verhaltenen Gang, mit dem sie die Zierlichkeit, ja Zerbrechlichkeit ihrer Gestalt theatralisch dementiert; durch die Art und Weise, wie sie sich, als tanzte sie, bei jedem Schritt verschleudert und doch – sofort – sich für den nächsten Schritt zusammennimmt; durch den langen schwarzen Mantel, den sie offen trägt und dessen windgeblähte Schöße waagrecht hinter ihren Hüften flattern, als wollte sie – jetzt gleich – abheben von hier: Was denn sonst? 

 

aus: Felix Philipp Ingold: Haupts Werk Das Leben
Ein Koordinatenbuch vom vorläufig letzten bis zum ersten Kapitel.

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