FLACHSMOND
Mein kühler Mond, er ist gewebt
Aus grünem Hopfenrankenwerk
Und Flachses Fäden, die sanft federn
Aus blonden Strähnen von Lilith.
Lang habe ich an ihm gewirkt
Mal war ich traurig, mal bekümmert
Ein Faden nach dem andern lief
Ein Faden nach dem andern riß.
Jetzt will ich durch das Fenster gehn
Und allem Volk, das ehrlich ist
Häng ich den Mond, den hübschen Mond
Ins aufgespannte Himmelszelt.
Und stehe mit geschlossnem Blick:
Wirds Beifall geben oder Pfiffe?
Schönwetterschäfchenwolkenhimmel?
Schlechtwetterhagelwolkenbrüche?
Ich weiß nicht, was sie sagen werden.
Ich weiß nicht, was sie sagen werden.
Übertragung Sarah Kirsch
Die junge sowjetische Dichterin Larissa Wassiljewa spricht mit leiser Stimme. Aus Kindheitserinnerungen und Märchenbekanntschaften entsteht ein Geflecht, in das die Welt vor dem Fenster, das Dorf und die Stadt, das Gegenwärtige auf eine ganz selbstverständliche Art und Weise eingewoben sind. Die einfachen Dinge, eine Wiese voller Mohn oder die Biegung des Flusses, erlangen Gewicht, denn sie sind Einzelheiten in einer Landschaft, deren Menschen mit ihnen ebenso intensiv leben wie mit den täglichen Ereignissen der Innen- und Außenwelt.
Aus Rudolf Leonhard: Poesiealbum 46, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1971
ist aufgebrochen, die greifbare und doch so schwer begreifbare Welt für sich zu entdecken. Ungezählte haben das vor ihr getan, immer wieder aber will dieses Abenteuer des Erkennens und Reifens neu bestanden sein. Larissa Wassiljewa, eine vielversprechende junge sowjetische Lyrikerin, hat diesen Reifeprozef mit seiner dialektischen Spannung zwischen Individuum und Umwelt in eigenwilligen poetischen Bildern ausdrucksvoll und verhalten zugleich nachgestaltet.
Herbert Krempien, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1971
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