August von Platens Gedicht „Lied (Die Liebe hat gelogen…)“

AUGUST VON PLATEN

Lied (Die Liebe hat gelogen…)

Die Liebe hat gelogen,
Die Sorge lastet schwer,
Betrogen, ach, betrogen
Hat alles mich umher!

Es rinnen heiße Tropfen
Die Wange stets herab,
Laß ab, laß ab zu klopfen,
Laß ab, mein Herz, laß ab!

um 1820

 

Konnotation

August von Platen (1796–1835), der Abkömmling eines verarmten Adelsgeschlechts aus Rügen, war einer der gelehrtesten deutschen Dichter. Um die Poesie der großen Weltkulturen im Originaltext lesen zu können, erlernte der Spätromantiker elf Sprachen. Seinen Traum vom absoluten Kunstwerk versuchte er durch die strenge Erfüllung antiker und orientalischer Versmaße zu realisieren.
In seinem anrührenden Liebesgedicht, das vor 1822 entstanden ist und von Franz Schubert vertont wurde, artikuliert sich jener Verlustschmerz, den der in Herzensangelegenheiten stets unglückliche Platen in vielen Sonetten und liedhaften Gedichten in große Poesie verwandelt hat. Der von homosexuellen Liebesqualen zermarterte Dichter verließ 1826 tief enttäuscht Deutschland und ging nach Italien. Sein Liebesglück fand er auch dort nicht. 1835 floh er aus Florenz vor der Cholera, 1836 erlag er in Syrakus einem Fieber.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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