Michael Lentz’ Gedicht „Und einmal wird ein engel kommen“

MICHAEL LENTZ

Und einmal wird ein engel kommen

und einmal wird ein engel kommen
der deinen namen ruft.
und dieser engel ist eine wolke dann,
ein sonnenlicht, ein apfelbaum.
und dieser engel ist ein garten voll lachen
auf dem gesicht deiner mutter.
und dieser engel ist das lachen deiner mutter.

2002

aus: Michael Lentz: Aller Ding, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2003

 

Konnotation

An das Ende seiner Prosaminiatur „Garten“, die im Erzählband Muttersterben (2002) zu finden ist, hat der 1964 in Düren geborene Dichter Michael Lentz ein ergreifendes Requiem auf seine Mutter gestellt. Kernthema dieses Prosabuches ist das Sterben der Mutter, auf das der Dichter in seinen monomanisch in sich kreisenden, von wuchernden Sprach-Assoziationen aufgeladenen Texten zusteuert.
Zur Wiederbegegnung mit diesem Mutterbild verhilft dann der Gedichtband Aller Ding (2003). Inmitten spröde wirkender Sprach-Exerzitien, Laut-Poeme und strenger Form-Demonstrationen findet sich das Erinnerungsbild an die Mutter nun in Form eines kleinen Poems. Die Mutter ist hier zur über-irdischen Erscheinung entrückt, ein glücksverheißender Engel, der in der Natur jede mögliche Figuration annehmen kann: Wolke, Sonnenlicht, Apfelbaum.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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