Urs Allemanns Gedicht „kötzelers nachtlied“

URS ALLEMANN

kötzelers nachtlied

wir haben zusammen gebrochen
dann hab ich allein gekotzt
jetzt brech ich zusammen was allein
mir was notzt

wir wollen zusammen zusammen
brechen das ist der hammer
aber du kotzbrocken hast keine möge und ich auch nicht
ein jammer

so und jetzt stochere ich bereits („bereits!“) mit der brechstange
in dem kotz der allerdrittsten strofe
zusamm allein a lamm zu sein
würg gut schaf ich poofe

2009

unveröffentlicht

 

Konnotation

Ein Prosatext mit dem Titel „Babyficker“ löste beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb 1991 einen Skandal aus. Der Autor, der darin vor allem seinen sprachlichen Obsessionen Ausdruck verlieh, einem Gefühl der Irrealität gegenüber der Alltagssprache, der 1948 geborene Urs Allemann, leitete von 1986 bis 2005 das Feuilleton der Basler Zeitung. Er lebt als Schriftsteller und Rezitator eigener und fremder Texte (Wilhelm Busch, Robert Gernhardt, Christian Morgenstern) in der Nähe von Basel. Seit 2001 veröffentlicht er Gedichtbände, in denen er tradierte Poesieformen, etwa die Ode oder das Sonett, auf eigenwillige Art dekonstruiert.
„kötzelers nachtlied“ spielt im Titel auf „Wanderers Nachtlied“ an; auch der Anfang klingt durchaus erhaben. Doch flugs erweist sich das Gedicht als freches Sprachspiel mit den verschiedenen Bedeutungen von „kotzen“ und „brechen“, ein Sinnzersetzungs-Poem mit schrägen Reimen („notzt“), modischen Wendungen und Dialekt-Einsprengseln, einer derben Lust am Radau.

Michael Buselmeier (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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