Rafael Alberti: Von den Engeln

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Rafael Alberti: Von den Engeln

Alberti-Von den Engeln

DER ENGEL ENGEL

Und da kam das Meer, und gab ihm einen Rufnamen
und einen Zunamen der Wind,
einen Leib die Wolken
und das Feuer eine Seele.

Die Erde, nichts

Dieses wallende, niederhangende
Reich der Adler
kennt sie nicht.

Nie schrieb ihren Schatten ein
eines Menschen Gestalt.

 

 

 

An der Seite des Volkes

− Rafael Alberti beging 75. Geburtstag. −

Rafael Alberti, der am 16. Dezember 75 Jahre alt wurde, gehörte zum Kreis der Freunde um Federico Garcia Lorca. Er ließ sich von ihm begeistern, so wie er auch Garcia Lorca begeisterte durch seine Entschlossenheit, seine Unmittelbarkeit, seine demonstrativen öffentlich-politischen Bekundungen. Noch ehe die spanische Republik ausgerufen war, stand Alberti an der Seite ihrer aktivsten Förderer. 1930 entschloß sich der junge Dichter, dem der Ruf eines revolutionären Lyrikers vorausging, als Mitglied der Kommunistischen Partei noch nachdrücklicher die Interessen seines Landes zu vertreten. Sechs Jahre später war es für Alberti die selbstverständlichste Sache der Welt, als Angehöriger der republikanischen Armee die angegriffene Republik zu verteidigen. Als für den Entflammten und Engagierten schließlich die Existenz gefährdet war, ging er den Weg ins Exil. Argentinien und Spanien wurden dem Spanier für Jahrzehnte zur Wahlheimat, bevor er, vor wenigen Monaten erst, in das Land seiner Herkunft zurückkehrte.
Rafael Albertis Lebenschronologie entspricht der historischen Chronik Spaniens im 20. Jahrhundert. Auch deshalb ist die Stimme des Lyrikers ein Sprachrohr der Gedanken und Gefühle seines Volkes in erwartungsvoller und bedrängter Zeit. Albertis Poesie ist keinem vordergründigen, gewollten Protest vergleichbar. Sie ist auch nicht darauf aus, ein Programm zu propagieren oder gar zu postulieren. Weder Pamphletist noch Prophet, ist Alberti stets als ein Poet der Empfindungen in Erscheinung getreten. Die Jahrzehnte seines Schaffens überblickend, seit der erste Band (Zu Lande, zu Wasser, 1924) erschien. stellte sich heraus, daß Alberti nicht über die tönendste, die lauteste Stimme der spanischen Dichter verfügte. Albertis Stimme ist aber die beständigste, intensivste, eindringlichste, die zum genauen Hinhören veranlaßt. Der Dichter auf der Straße hat der Lyriker nicht zufällig seinen 1936 publizierten Gedichtband betitelt. So eindeutig die eigene Position, die erreichte Station gekennzeichnet war, so eindeutig war auch bestimmt, für wen der Dichter sprach.
Eine ausgesprochen volkstümliche Dichtung ist Albertis Poesie dennoch nicht, so wenig wie sie elitär ist. Der Spanier ist der traditionsreichen Volksdichtung des Mittelalters ebenso verbunden wie der modernen westeuropäischen Literatur. Seine Bildsprache ist reich in ihren Ranken, konzentriert in ihren Gedanken, wie die gesamte spanische Literatur, für die Gegenwartsauseinandersetzung immer auch ein Leben mit der Zukunft ist.

Bernd Heimberger, Neue Zeit, 19.12.1977

 

Die Jagd nach der kühnen Metapher

– Federico García Lorca und die Generation von 27.  –

(…)

Rafael Albertis Dichtung gibt sich heiterer, unbeschwerter als jene seines andalusischen Gefährten Lorca. Sein Stil wechselt rasch und sprunghaft und zeichnet sich durch die Neigung zum Wortspiel, zum Sprachexperiment, zu Ulk und Antipathos aus. Bereits der freche Ton seines ersten Gedichtbandes, Marinero en tierra (Seemann an Land, 1924), zeigt dies an:

Kiemen wünsch ich mir,
denn ich will freien gehn.
Meine Braut, sie lebt im Meer,
und nie kann ich sie sehn…

Das dem Stil nach einheitlichste Buch Albertis wurde zu einem Hauptwerk des spanischen Surrealismus: Sobre los ángeles (Von den Engeln, 1929). Ein allegorisches Drama in Einzelgedichten, das der Dichter aus einer depressiven Phase heraus geschrieben haben soll. Die aus dem Körper vertriebene Seele begegnet, umherirrend, immer neuen, mit guten oder bösen Eigenschaften ausgestatteten Engeln.

Ernsthalt, in deinen Augen war das Meer zwei Kinder, die mir nachspähten,
Schlingen fürchteten und harte Worte.
Zwei Kinder, schreckliche, der Nacht, verwiesen vom Himmel,
ihre Kindheit, ein Raub von Schiffen, ein Verbrechen von Sonnen und Monden.
Schlaf ein. Schließe sie.

(Aus: „El ángel de arena“, „Der sandene Engel“)

Mit Ausrufung der Republik in Spanien (1931) und vor allem während des Spanischen Bürgerkrieges begann Alberti engagierte Lyrik zu schreiben, deren poetischer Gehalt im Vergleich zum bis dahin geschaffenen Werk gering ist.

Axel Helbig, Ostragehege, Heft 13, 1998

 

Rafael Alberti: Der verlorene Hain, Sinn und Form, Heft 3, 1977

 

 

KÜSTE
Für Rafael Alberti

Ich kam ans Meer
In völliger Nacktheit
Ohne fündigen Muskel
Matrosenpatent

Ein Engel echauffiert
Paradierte am Ufer
Teilte die Luft
Mit dem Schwert

Sandgebaut
Dauerte das Meer
Trug
Gedichtete Boote

In ölige Rohrlappen
Gemummt
Schlief ein anderer Engel
Gerechten Schlaf

Richard Pietraß

 

 

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Rafael Alberti und Paco Ibáñez lesen und singen A galopar im Theater Alcalá von Madrid im Mai 1991.

 

RAFAEL ALBERTI – Ein Dichter seiner Zeit, Teil 1/2.

 

RAFAEL ALBERTI – Ein Dichter seiner Zeit, Teil 2/2.

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