WERTSCHÄTZUNG GOTTES
Gott zeigt uns eine harte Haut,
die Ketzerfluch und Logikpfeil
schwerlich durchdringen.
Sein Panzerhemd besteht aus Schuppen
und Tempelziegeln grün glasiert
vom Moos der Furcht der Alten.
Auch bilden dunkle Priesterheere
Verkrustungen seiner Gelenke.
Vielgliedrig ist die Gotteskirche.
Dickfellig gegenüber Argumenten
hockt Gott bei Säufern, Gleisnern, Huren
und bei den Geldeinstreichern.
Der Armut Kettenklirren hört er nicht,
denn wer das Eisen wachsen ließ,
der sieht es gern gesegnet.
Ihn abzuschütteln macht viel Mühe
und ihn zu lieben ist Bezahlungssache.
Gott herzustellen kostet nichts –
sein Schätzwert geht in die Billionen.
durchstreift Reinfranks Lyrik: vom Frühlingsregen über den Erntesommer und die Herbstnebel bis zu den Winterfrösten. Gefühle und ihre Welten fängt er durch seine Bilder ein und entläßt sie über die Sprache.
Den menschlichen Irrungen aber räumt er eine fünfte Jahreszeit ein: Extrazeit für Verrückte. Mal zornig, mal spöttisch, mal satirisch und manchmal auch bitterernst.
Was Arno Reinfrank an Lyrik auf den Tisch schüttet, hat Hand und Fuß. „Da ziehe ich mit blauem Karren“, schrieb er vor Jahren, „voll Zwiebeln, Kraut und Lyrik durch die Stadt.“ Deftiges aus dem ambulanten, doch keineswegs ambivalenten Angebot seines Straßenhändlerlebens bietet er auch Im Garten der Verrückten.
Brandes & Apsel, Klappentext, 1999
– Eine Ausstellung anläßlich seines 70. Geburtstags aus seinem schriftstellerischen Nachlaß. –
Ein jeder von uns fragt sich, was einmal mit dem Seinem geschieht, wenn er nicht mehr ist. Bei dem einen richtet sich diese Frage mehr aufs Materielle, bei anderen mehr auf die geistigen Spuren, die er hinterläßt. Oft stehen Erben dem, was der Verstorbene als besonders wichtig empfand, verständnislos gegenüber. Andere sehen nur die ökonomische Verwertbarkeit.
Wer das Schicksal seiner Hinterlassenschaft noch selbst mitbestimmen will, trifft dazu noch zu Lebzeiten Verfügungen oder schließt Verträge. Bei Schriftstellern ist derzeit die erste Adresse das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, doch auch Bibliotheken, vor allem Regionalbibliotheken sind Anlaufstellen für solche Vermächtnisse insbesondere, wenn vom Autor eine enge Bindung zur Region bestand.
Arno Reinfrank ist im Jahre 1990 an die Pfälzische Landesbibliothek herangetreten und hat mit ihr einen Vertrag geschlossen, demzufolge er noch zu Lebzeiten – als Vorlaß – sein schriftstellerisches Archiv sukzessive, in der Regel waren das zwei Lieferungen pro Jahr, der Bibliothek zur Bewahrung und Erschließung übergab. Für den Fall seines Ablebens bestimmte er testamentarisch, daß auch das restliche Material an die Pfälzische Landesbibliothek gehen würde. Nach seinem Tode erledigt seine Witwe, Frau Jeanette Koch, diesen mit nicht unbeträchtlichem Sortieraufwand einhergehende Aufgabe mit großer Sorgfalt.
In diesem Jahr wäre Reinfrank am 9. Juli 70 Jahre alt geworden. Dies ist der Anlaß, sein Lebenswerk auf der Grundlage seines Nachlasses in einer Ausstellung zu präsentieren, die die Vielseitigkeit, die Vitalität, das große humanistische Engagement, die Schwierigkeiten seiner politischen Gratwanderung zwischen Ost und West in Zeiten des Kalten Krieges, seine vielfältigen Verbindungen und auch die materiellen Probleme eines freien Schriftstellers ans Licht hebt. Je tiefer man allerdings bei der Vorbereitung in die Sichtung des Materials einsteigt, desto weniger kann man sich der Illusion hingeben, mit der Ausstellung alle Facetten dieses reichen Lebens zu erfassen. In der Masse der Papiere werden nicht leicht die vielen Querverbindungen erkennbar, viele Korrespondenzpartner sind (noch) nicht zu identifizieren, bei vielen Dokumenten müssen Belange des Datenschutzes respektiert werden, so daß sie nicht gezeigt werden können. Einen Überblick über Reinfranks Leben und Werk bietet die tabellarische Übersicht, die seine Frau Jeanette Koch dem Begleitheft beigegeben hat und in dem die Beiträge von Eckard Pilick, Sigfrid Gauch und Rolf Paulus weitere Akzente setzen.
Da die Ausstellung eine Totalität nicht erreichen kann, war es sinnvoll, Schlaglichter zu setzen. Es werden also bestimmte wichtige Komplexe herausgestellt. Dabei ist es durchaus vorstellbar, daß Reinfrank-Kenner bestimmte Themen vermissen. Aber nicht alles, was der Nachlaß enthält, ist für eine Ausstellung, die ja auch neugierig machen soll, von Reiz. Die unzähligen Verlagskorrespondenzen – und Reinfrank hat oft die Verlage gewechselt – die vielen Schriftwechsel als Generalsekretär des Auslands-P.E.N. sind zwar interessant, aber nicht ausstellbar. Seine weitreichende Korrespondenz mit Autoren, bildenden Künstlern, Lektoren, Filmschaffenden, Rundfunkanstalten, Theatern kann nur in kleinstem Ausschnitt gezeigt werden. Ein Schwerpunkt ist sicher die Gegenüberstellung von Reinfranks Kontakten zu führenden Persönlichkeiten sowohl des westlichen wie des östlichen Deutschland. Dem ersten und seinem von ihm als restaurativ empfundenen System entzog er sich schon 1955 durch die Umsiedlung nach London, und als von einer antifaschistischen Familientradition geprägtes Arbeiterkind zog es ihn zum Kommunismus, den er allerdings in seiner real existierenden Version ebenfalls sehr kritisch sah. Er blieb daher ein unabhängiger Geist, der sich von keiner Seite vereinnahmen ließ, und hatte oft entsprechende Schwierigkeiten.
Seine Londoner Zeit war, vor allem anfangs, sehr schwer. Fotos und Arbeitsvertrag aus seiner Hausmeister-Epoche illustrieren dies. Auf der anderen Seite ist er, z.T. finanziert durch den P.E.N., aber auch durch Einladungen und Stipendien, viel gereist, mit den Extrempunkten U.S.A. und Sowjetunion. Auch das kann die Ausstellung nur andeuten. In seiner Wahlheimat Großbritannien lernte er den Begründer der sogenannten Schottischen Renaissance, den Dichter Hugh McDiarmid (1892–1978) kennen, der ihm auch in seinen politischen Einstellungen recht nahe stand und dessen Werk ihn zu seinem eigenen literarischen Hauptwerk, den zehn Bänden Poesie der Fakten, inspirierte, in dem er die durch Wissenschaft und Technik gesetzten Fakten, die unser Leben bestimmen, einer geistigen Bewältigung nahebringen will.
Arno Reinfrank spricht und schreibt oft von seiner jüdischen Herkunft. Sein eigentlicher Vater sei Jude und ein Opfer der Nazis gewesen, Hermann Reinfrank nur sein Stiefvater. Mit urkundlichen Belegen ist das nicht abzusichern. Jude im religiösen Sinne war er nie; er fand seinen Rückhalt von Jugend an bei der Freireligiösen Gemeinde. Das Thema Holocaust aber ließ ihn nie los, Spuren jüdischen Geisteslebens und jiddische Einsprengsel finden sich sowohl in seinen Texten als auch den Briefen. Immer wieder setzte er sich für jüdische Autoren ein, ob für Heinrich Heine anläßlich der Namensgebung der Düsseldorfer Universität oder für solche, deren Resonanz durch Exilierung verloren gegangen ist. Daran arbeitete er auch im Exil-P.E.N., dessen Archiv er in seiner Zeit als Generalsekretär an die Deutsche Bibliothek/Deutsches Exil-Archiv in Frankfurt a.M. übergab.
Regional ist Reinfrank besonders als Mundart-Dichter bekannt geworden. Man würde ihm aber Unrecht tun, wenn man ihn in die Worscht-Weck-Woi-Tradition einreihen würde. Er hat in seinen, teils auch vertonten, lyrischen Texten, in Prosa und Drama, immer dem Volk aufs Maul geschaut und mit der Distanz des fern Lebenden die Bruchstellen erkannt, die Ansatz für Komik, Sozialkritik oder auch Mitleid boten. Daß es bei ihm nicht nur „pfälzert“, beweisen Dichtungen im Berliner Dialekt. Er war aber tief in seiner Muttersprache und seiner pfälzischen Heimat verwurzelt, das zeigen nicht nur die vielfältigen persönlichen Bindungen hierher, sondern auch die Dokumente seiner karnevalistischen Aktivitäten.
Selbstironie war ihm nicht fremd, und mit ihr überrascht er uns auch posthum, denn gerade ist im Verlag Peter Guhl in Rohrbach noch ein Bändchen erschienen, das den Titel Der Weg zum Ruhm trägt und Reime Reinfranks zu Zeichnungen von Franz von Pocci enthält. Der letzte lautet:
Zu des Sockels größter Huld
führt vor allem – die Geduld
Ob diese Ausstellung stark genug ist, Reinfrank endgültig auf den Sockel zu heben, mag dahingestellt sein, aber einen Beitrag dazu will sie leisten.
Jürgen Vorderstemann, aus Arno Reinfrank 1934–2001 Rückblick auf ein Schriftstellerleben. Begleitheft zur Ausstellung im Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz/Pfälzische Landesbibliothek vom 13.11.2004 bis 15.1.2005, 2004
Wer heute schläft, der sündigt, dachte ich 1963 unter dem Einfluss von Arno Reinfrank und wohnte ab dem folgenden Jahr in den Niederlanden. Im Glauben, die zahlreichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Zweiten Weltkrieg geschahen, würden sich nicht wiederholen, verfasste ich für Arno die Erzählung „Die Gefangenen der Hoffnung“ über die Judenverfolgung (erschienen in Das, worin Vergehen waltet. Zeitspuren in Erzählungen, Geschichten und poetischer Prosa, 1999). Lange Zeit hörte ich wenig von ihm und über ihn. In einem Konzentrationslager hatte Arno Reinfrank schon während seiner Kindheit die Eltern verloren. So waren seine jungen Jahre von Angst und Not geprägt, und das Deutschland der Nachkriegszeit war für ihn „ein zerrissenes Land“, obgleich es doch schon bald Ansehen als „Wirtschaftswunderland“ erreicht hatte. Als jungem Studenten war es Reinfrank verboten, an einem antifaschistischen Jugendtreffen in Berlin teilzunehmen. Angeklagt wegen „Landesverrats“, fasste er den für ihn damals „einzig richtigen Beschluss, sein Wunschland“ zu verlassen und 1955 nach London zu emigrieren, wo er sich oft unter beschwerlichen Umständen am Leben hielt. Er wollte nicht zu denen gehören, die zu allem ja sagen, alles akzeptieren, sich aufopfern für Ideale, die ihnen eingebläut werden und die sie im Laufe der Zeit selbst nicht mehr erkennen, weil ihre Identität immer mehr erlischt, bis sie nicht mehr die Kraft besitzen, sich dagegen zu wehren.
Arno Reinfanks „Poesie der Fakten“ über Leben, Natur und Tod im Nachkriegsdeutschland fasziniert noch immer. Was er ans Licht brachte, ist heute noch aktuell. Gerade deshalb wäre es wichtig, diese Texte neu herauszugeben, um möglichst viele junge Leser dafür zu gewinnen. Arno schrieb ab 1945. Eines seiner frühen Bücher hieß Von der Universität. Gedichte. Es erschien 1959 zusammen mit dem Buch Pfennigweisheiten. Gedichte und Fabeln, 1960 folgte Die Pulverfabrik u.a. Geschichten aus Ithopien, 1961 Fleischlicher Erlass. Gedichte. Sein Gedichtband Vorübergehende Siege erschien 1963 in einer Auflage von fünfhundertachtzig Exemplaren mit Illustrationen des Schweizer Malers H.R. Giger in dem kleinen Schweizer Steinklopfer Verlag, gedruckt bei Schwitter & Co in Egnach. Ich selbst besitze noch ein Exemplar davon mit der Nummer 078. Das Buch handelt von den Opfern des Nationalsozialismus in seiner geliebten Heimat und ist wie viele der frühen Bücher Reinfanks bis auf ganz wenige Exemplare bei Freunden verschollen.
Am Wochenende des 3. bis 5. September 1987 kam ich einer Einladung nach London nach. Ich weiß noch gut, wie ich an jenem Freitag am Spätnachmittag auf der Pier in Hoek van Holland wartete, bis ich die Fähre nach Dover betreten durfte. Zufällig begegnete mir dort am Strand auch ein damals in den Niederlanden tätiger Diplomat der damaligen Bundesrepublik, der zusammen mit seiner Frau etwas frische Meeresluft atmen wollte. Nach einem kurzen, informativen Gespräch entfernten sie sich, nicht ohne mir eine gute Reise zu wünschen.
Auf der Fähre fühlte ich mich trotz der zahlreichen Fahrgäste einsam. Allmählich senkte sich die Dunkelheit auf den Ärmelkanal. In Gedanken war ich bei Arnos Gedicht „Am Himmel eine Wolke stand“ (aus Zehn Takte Weltmusik. Eine Lyrik-Anthologie des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland, hrsg. v. Arno Reinfank, 1988). Die meisten Bundesbürger sahen 1967, als er den Text verfasste, die Gefahr des sich ausbreitenden Kapitalismus (die Wolke) nicht. Sie hielten nur das für Wahrheit, was ihnen der Fernsehkasten vorflimmerte. Arno, der Verfemte im eigenen Land, der zutiefst Verletzte, deutete die Zeichen. Niemand wollte ihn hören. Sie bauten an ihrem „Technik-Babelturm“, erkannten die Gefahr nicht, konnten nicht mehr unterscheiden „zwischen gut und schlecht, zwischen Herz und Kopf“, täuschten sich und ahnten nicht, dass ihr „Schutzanzug und der Helm vom Sturm, den die Wolke auslöst, zerstört wird“, auch nicht, „dass alles, was sie konstruieren darin zusammenbricht“, „zu Staub und Stein wird“. Das Gedicht schließt mit den Worten:
am Himmel eine Wolke stand,
ich las das Zeichen Schim.
Für Schaddai stand’s, den Schöpfungsgott
– nur Er wusste den Sinn.
Arno wohnte längere Zeit in der Patterson Road Nummer 10, einer etwas abschüssigen Straße am Rande von London in einem der auf der rechten Seite stehenden einfachen viktorianischen Reihenhäuser einer typischen Altlondoner Arbeitersiedlung. Dort war auch das Sekretariat des 1933 gegründeten PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland untergebracht. Man erreichte die Wohnung über drei Steinstufen in einem kleinen Vorgarten. Vom Gang aus führte eine Stiege in den ersten Stock. Unten rechts befand sich ein schmales Gästezimmer. Oben waren die kleine Küche und die beiden anderen Räumlichkeiten. Am Tisch vor dem einzigen Fenster in der sogenannten Stube mit Blick auf die Hinterhöfe und die sich auf der anderen Seite hinziehende Häuserzeile mit niederen Dächern unterhielten wir uns.
Damals waren die Probleme im Verband groß. Manche Mitglieder wollten ihn auflösen. In der ihnen aufgezwungenen Emigration hatten sich einzelne den im Gastland üblichen Sitten und Bräuchen bereits angepasst. Jedoch durfte das geschriebene und gedruckte Wort der vor dem Faschismus geflohenen Schriftsteller auf keinen Fall verloren gehen. Arno nahm es oft mit einem gewissen sarkastischen Humor hin, dass seine zahlreichen Lyrikbände jeweils in einem anderen Verlag erscheinen mussten und viele die Erstauflage nicht überschritten. Er schilderte, wie eine kleine Gruppe von Emigranten ein Jahr zuvor anlässlich eines Symposiums und einer Ausstellung von Erinnerungsstücken an verstorbene Mitglieder im Londoner Goethe-Institut beim Findling im Londoner Hyde Park in aller Stille der Toten vom 8. Mai 1945 gedachten, einzig und allein mit der Verlesung ihrer Namen.
Damals blühte in Arnos ursprünglicher Heimat noch die Heuchelei früherer Anhänger des Nationalsozialismus. Gabriele Tergit hatte schon recht, als sie Arno beim Mitgliedertreffen 1981 „alle Problematik der Emigration, nur keine direkte Not“ voraussagte. In diesem Sinne ist auch Reinfranks „Poesie der Fakten“ zu verstehen. Der in der Fremde lebende Dichter hat keine Zeit zu verlieren. Es gilt, Erfahrungen zu sammeln, sie zu bündeln, neue Möglichkeiten eines friedlichen Miteinanderlebens zu erproben, wie schwer es auch scheinen mag. Als Sekretär leitete Arno 1984 ein Symposium des Verbandes in Tokio, war Mitverfasser des Appells an die vertriebenen Schriftsteller in aller Welt, „mit uns gemeinsam den wieder auflebenden neofaschistischen Tendenzen in den Literaturen und Kulturen vieler Länder Widerstand zu leisten“ und „alle Geschichtsfälschungen und Verunglimpfungen abzuwehren“. Arno glaubte immer „an den ethischen Wert des dokumentierten Wortes“.
Als wir gegen Abend schweigend über einen nahe dem Haus gelegenen Hügel gingen, wurde mir deutlich: Arnos Schicksal lag hier. Ich hoffte, er würde es durchstehen. Bei all unserer Unzulänglichkeit und Schwäche überwältigte mich sein Gedicht „Abschied von Gabriele Tergit“ vom 26. Juli 1982 (in Zehn Takte Weltmusik). Zwei Krähen zogen über uns hinweg. Nasser Nebel hing über dem Feld. Es wurde kalt. Die Sonne ging unter. Wir liefen untröstlich weiter in dem Bewusstsein:
Wir lebten würdig und frei.
Eine folgende junge Generation wurde hellhöriger, erhob laut und deutlich ihre Stimme. Wer aber an einem ganz gewöhnlichen Wochentag wie heute, dem 8. April 2011, die Nachrichten liest, ist erstaunt. Sie berichten wieder von Toten bei Protesten gegen Machthaber in Asien, von Demonstrationen im Jemen, von explodierenden Gasleitungen, von einer „Koalition der Willigen“, die beschließt, Libyen zu bombardieren, über neu entdeckte Massengräber in Mexiko, über Tote und Verwundete bei einem Angriff auf ein Wahlbüro in Nigeria usw. usf. Die Liste ließe sich um das große Unglück erweitern, das ein Tsunami und die gleichzeitige Zerstörung von Atomkraftwerken in Japan auslöste. Bei all diesen technischen und Naturkatastrophen, bei all diesen kriegerischen Auseinandersetzungen zu Beginn des neuen Jahrtausends sollte man nicht die Folgen der durch unverschämte Geldgier hervorgerufenen weltweiten Banken-, Schulden- und Finanzmarktkrise unterschätzen, der ungezählte unschuldige Sparer zum Opfer fielen. So stoßen wir, wie damals Arno, auf immer neue Fakten. So bleiben Arno Reinfranks Werk und Leben eine Mahnung für die Nachwelt, verkünden Hoffnungen auf eine Erneuerung.
Heinrich G.F. Schneeweiß, aus Gabrielle Alioth und Hans-Christian Oeser (Hrsg.): Im Schnittpunkt der Zeiten. Autoren schreiben über Autoren. Synchron Wissenschaftsverlag der Autoren, 2012
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