Axel Kutsch (Hrsg.): Versnetze

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Axel Kutsch (Hrsg.): Versnetze

Kutsch (Hrsg.)-Versnetze

DUNKELLIED
des abends
groll sieht
heut so finster
aus,
er reitet
unaufhaltsam
stur,
tritt vor mich
von geisterhand
das meer ge
schoben,
am strand gehen
sände über
menschenhände.

*

haargerauft
gehaust
in sturm und
drang
ich ein
in eine pein,
das floß
in blaues sirren
zu dem meer
am strand,
geneiget ich
in unermeßlich weinen
schloß
der schatten mich
in seine ahnungsvoll
nur dunkle zweige
werfende hand.

*

fall ich
durch die lüfte
der betrachtung
völlig
in umnachtung
zu den scherben,
die
in racheloses
nie mehr kehren;
und wäre alles
nur verschwendung
auf der dächer
felder
rauch, geragt aus
grabgesteinten
fingern:
so wiegte ich
noch mehr
in noch mehr schlingen
den weißen schaum,
geboren nur
aus willen
zur
blendung.

*

was leuchtet
manchesmal
verklärt
von unbekannter
lichterkreise
spiegelung
in
klösterlichem
schweigen,
spricht unten
pausenlos
in des
gelasses
dunkler bot
schaft an
sich selbst
in
heller scharen
bitternis
sich
aus.

*

mit einem
erbarmen wie ein
wollen
nach vermißtwerden,
und so sehne sich
das herz
in diesem kargen
zimmer
nach einem haufen
magnolien,
darin geflüstert wird
in kirchenkühler
einfalt
von ermattung
angehaucht
derart das los
des muts,
daß lichtet sich
der wunsch
zu sein.
dort floß
ein stein,
wo grube
ward dem
lichte, ver
mummt von
banger
bleie last,
die sank
zum fels
auf grünen
grundes
munde und
ward der
wehmut gast.

Kiev Stingl

 

 

 

Vorab

Zahlreiche junge Lyriker haben in den vergangenen Jahren zunehmend auf sich aufmerksam gemacht. Und auch längst etablierte Autoren tragen mit ihren Veröffentlichungen weiterhin zum vielfältigen Reichtum unserer Lyrik bei. Ein gemeinsamer Schreibansatz einer großen Anzahl von Poeten wie noch zu Zeiten der Neuen Subjektivität, als Alltagsparlando in den Gedichtbänden dominierte, ist schon seit langem nicht mehr zu erkennen. Pluralismus ist seitdem angesagt. Daran hat sich auch nach der Jahrtausendwende wenig geändert.
Versnetze bietet quer durch die Generationen und Regionen einen spannenden Überblick über Inhalte, Formen und Schreibweisen der facettenreichen deutschsprachigen Dichtung gegen Ende des ersten Jahrzehnts im neuen Millennium. Konventionelle Poesie ist dabei ebenso zu finden wie auch von dem viel zu früh verstorbenen „Neutöner“ Thomas Kling (1957–2005) beeinflußte Lyrik. Epigramme, Haiku, poetische Momentaufnahmen stehen neben langen Poemen, Natur- und Beziehungsgedichte neben politisch und sozialkritisch orientierten Texten, leicht zugängliche Verse neben hermetisch verschlüsselter Poesie. Schließlich gehört zur vitalen Polyphonie der deutschsprachigen Lyrik der Gegenwart und damit auch dieser umfangreichen Sammlung Mundart, bei der von Provinzialismus keine Rede sein kann.
Die Vernetzung der Generationen und Regionen ist, jeweils mit dem jüngsten Autor beginnend, großräumig nach Postleitzahlbereichen vorgenommen worden – vom Osten (0/1) über den Norden (2/3), Westen (4/5), Südwesten (6/7) bis in den Süden bzw. Südosten (8/9). Das finale Versnetz „Kleiner Grenzverkehr“ enthält neue Gedichte von deutschsprachigen Lyrikern aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Finnland und Frankreich.
Bedanken möchten wir uns bei allen Einsendern, die uns Texte für eine Veröffentlichung in dieser Anthologie zur Verfügung gestellt haben, sowie bei den Verlagen Suhrkamp und Rowohlt für die Abdruckgenehmigungen der Gedichte von Ann Cotten bzw. Martin Walser.

Axel Kutsch, Vorwort

 

Dieser neue Sammelband

aktueller zeitgenössischer Lyrik bietet einen einzigartigen Überblick über die facettenreiche deutschsprachige Poesie gegen Ende des ersten Jahrzehnts im neuen Millennium. Zahlreiche junge Lyriker haben in den vergangenen Jahren zunehmend auf sich aufmerksam gemacht. Und auch längst etablierte Autoren tragen mit ihren Veröffentlichungen weiterhin zum vielfältigen Reichtum unserer aktuellen Lyrik bei. Versnetze bietet einen fundierten Überblick über die facettenreiche deutschsprachige Poesie gegen Ende des ersten Jahrzehnts im neuen Millennium. Neben Gedichten junger Talente wie Ann Cotten, Björn Kuhligk oder Leonce-und-Lena-Preisträger Ron Winkler enthält die Anthologie auch Texte von Verfassern, die seit Jahrzehnten zu den herausragenden Vertretern der deutschsprachigen Literatur gehören, u. a. Manfred Peter Hein, Franz Hodjak, Felix Philipp Ingold, Günter Kunert, Martin Walser. Mit dieser Sammlung ist Axel Kutsch eine spannende Vernetzung sowohl der Generationen wie auch relevanter Lyrik-Szenen gelungen, die nicht nur in den Metropolen Berlin, Köln, München und Wien anzutreffen sind.

Verlag Ralf Liebe, Ankündigung

 

Fakten und Vermutungen zur Edition
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