STATISCHE GEDICHTE1
Mit dem Titel Statische Gedichte bezeichnet Benn nicht eine bestimmte Subspezies von Gedichten, neben der dann noch andere Abarten, un- oder überstatische, vielleicht etwa dynamische Gedichte, möglich wären, sondern das Adjektiv statisch weist – bei allem Mißtrauen, das der auf den substantivischen Stil eingeschworene Dichter Benn den Adjektiven grundsätzlich entgegenbringt – auf das Wesen des Gedichts und des Dichterischen selbst hin. Statische Gedichte, der Name der Gedichtsammlung von 1948, kehrt als Überschrift des letzten Stückes ebendieser Sammlung wieder, eines das Ganze besiegelnden und, wie wir annehmen dürfen, die dichterische Statik der voraufgegangenen Stücke zusammenfassenden und rein aussprechenden Gedichtes. Entstanden ist es gegen Ende des zweiten Weltkrieges, in einer Kaserne des Ostens.
Entwicklungsfremdheit
ist die Tiefe des Weisen,
Kinder und Kindeskinder
beunruhigen ihn nicht,
dringen nicht in ihn ein.
Richtungen vertreten,
Handeln,
Zu- und Abreisen
ist das Zeichen einer Welt,
die nicht klar sieht.
Vor meinem Fenster,
– sagt der Weise –
liegt ein Tal,
darin sammeln sich die Schatten,
zwei Pappeln säumen einen Weg,
du weißt – wohin.
Perspektivismus
ist ein anderes Wort für seine Statik:
Linien anlegen,
sie weiterführen
nach Rankengesetz –
Ranken sprühen –,
auch Schwärme, Krähen,
auswerfen in Winterrot von Frühhimmeln,
dann sinken lassen –
du weißt – für wen.
Das metrisch nicht festgelegte, reimlose Gedicht gliedert sich in drei Strophen von ungleicher Länge, mit fünf, elf und acht Versen. Der Vers der dritten Strophe: Ranken sprühen –, ist besonders hervorgehoben. Den drei Strophen folgen, von diesen und unter sich nochmals durch Strophenabstand getrennt, die beiden Schlußverse, die nur noch zögernd angefügt scheinen und eher auf die Andeutung beschränkt bleiben, als daß sie nochmals eine Lehre aussprechen würden:
dann sinken lassen –
du weißt – für wen.
Das Gedicht gleitet damit in jene Tiefe des Weisen zurück, die der erste Vers mit betontem Einsatz als Entwicklungsfremdheit bestimmt hat. Aus der ganzen ersten Strophe spricht östliche Weisheit, man glaubt, ähnliches schon einmal bei Lao Tse vernommen zu haben. Das Spruchhafte der Aussage, ihre zur Nachdenklichkeit herausfordernde Kürze, auch die Parallelführung der beiden letzten Verse
beunruhigen ihn nicht,
dringen nicht in ihn ein.
weisen in diese Richtung. Mit dem Bekenntnis zur Entwicklungsfremdheit ist ein zunächst tief Uneuropäisches, Gegenwestliches in den Blick gerückt. Das hält sich durch in die zweite Strophe hinein:
Richtungen vertreten,
Handeln,
Zu- und Abreisen
ist das Zeichen einer Welt,
die nicht klar sieht.
Solcher Unruhe und Unklarheit stehen gegenüber Ruhe und Klarheit des Weisen, dieser an Alter, Gelassenheit und mythischer Dimension den Dichter noch übertreffenden Gestalt. Vor dem Fenster liegt ein Tal, und es hat eine besondere Bewandtnis damit. Ein Tal – selten genug in Dichtungen Benns, der aus dem Lebensgefühl der modernen Großstadt arbeitet, dem das Tal in Assoziationsnähe zu Mondschein und Zaubernacht zu stehen kommt und also einem Naturgefühl zugehört, das für ihn, trotz Goethe und der Romantik, seit den Naturwissenschaften des 19. Jahrhunderts nicht mehr im Bereich des Möglichen liegt. Das Tal wird einmal in der Grabrede auf Klabund genannt; im Gedenken an den Freund, dessen Leiche an den Ort seiner Geburt zurückgebracht worden ist, um in heimatlicher Erde zu ruhen, stehen hier die Sätze:
Aus diesem Tal also, das wir heute durchfuhren, stammte Klabund. Diese Hügel, dieser Strom. (1.406)
Es ist wie das Tal, von dem der Weise der Statischen Gedichte spricht, ein Tal der Herkunft, der Erinnerung an Frühestes und zugleich ein Tal der Toten und des Todes,.
darin sammeln sich die Schatten,
zwei Pappeln säumen einen Weg,
du weißt – wohin.
Die Perspektive solchen Tales, „pappelbestanden und schon kühler“, wie es in einem andern Gedichte heißt (3.205), wird von den Hügeln geführt, zielt auf den Strom, der zum Meere zurückstrebt, ein Weg begleitet ihn:
du weißt – wohin
Es gibt ein frühes Gedicht Benns, „Qui sait“ überschrieben, in welchem jegliche Frage noch offengelassen ist; die Worte „wozu, qui sait?“ bilden einen wiederkehrenden Strophenschluß. Nichts als die Wiederholung dieser Frage bleibt übrig angesichts der großen Sinnlosigkeit aller historischen Abläufe und Aufregungen, von der Benn so tief durchdrungen ist. Erst in der Nähe des Todes scheint sie sich dann, ohne an Resignation einzubüßen, merklich zu beruhigen, ja die drängende Frageform überhaupt zu verlieren. Die Worte „du weißt“ werden jetzt zur beinah magischen Formel, in der sich manches verbirgt an Todesahnung und Ahnung über den Tod hinaus. Im „Epilog 1949“ zu den Ausgewählten Gedichten „Trunkene Flut“, wieder also am Ende einer Gedichtsammlung, erscheint dieselbe Formel als Grabinschrift:
Es ist ein Spruch, dem oftmals ich gesonnen,
der alles sagt, da er dir nichts verheißt –
ich habe ihn auch in dies Buch versponnen,
er stand auf einem Grab: „tu sais“ – du weißt.
(3.345)
Der Gebrauch der Fremdsprache ist hier, wie öfters bei Benn, Anzeichen besonderer Gefühlsintensität; man erinnert sich aus ähnlicher Stimmungslage der Verwendung des englischen „nevermore“, dem Benn mit seinen beiden ersten kurzen und der auslautenden gedehnten Silbe, die ihm an deutsches Moor und französisches „la mort“ anklingt, eine besondere, in dieser Ausprägung durch kein deutsches Wort zu erreichende Gefühlsdichte zuschreibt.
ich habe ihn auch in dies Buch versponnen –
Es finden sich in der nämlichen Sammlung die von Verzicht zutiefst durchdrungenen Verse:
niemals die Lippen kosten
dessen, was sich verheißt,
dunkler als Kreuz ein Pfosten
trägt die Worte: „du weißt“.
(3.118)
Dunkler als Grabkreuze, so stehen diese Worte denn auch in Statische Gedichte, obwohl hier, nach dem Zögern eines Gedankenstriches, ins Versöhnlichere aufgehellt durch die Zusätze „wohin, für wen“. Du weißt – wohin; mehr wird freilich auch jetzt nicht gesagt, es darf nicht mehr gesagt werden aus dem Tal des Weisen her; in solcher Beschränkung vollendet sich das Gedicht. Darüber hinausgehen – Benn selber hat es hin und wieder in weniger geglückten Gedichten versucht – hieße, die Möglichkeiten seiner Dichtung sprengen, einer Dichtung, die eingespannt ist in den „leeren Raum um Welt und Ich“. In der Reduktion auf diese Gegenüberstellung von Welt und Ich, diese schizoide Katastrophe, wie Benn sie einmal nennt, und in der Leere, die sie umgibt, prägt sich Größe und Grenze seiner Dichtung aus. Die Größe, die darin liegt, daß hier mit starker und illusionsloser Unerbittlichkeit das Schicksal des modernen Menschen angegangen wird, ein Schicksal im leeren Raum; aber auch die Grenze, wie die beiden Begriffe Größe und Grenze sich ja nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig fordern.
Hinter den Worten „du weißt – wohin“, auf welche künstlerische Ehrlichkeit sich zu beschränken zwingt, steht der große Vater, dem Gedicht selbst nicht mehr zugänglich, der unbekannte Gott, die Stimme hinter dem Vorhang, die mahnt:
Im Dunkel leben, im Dunkel tun, was wir können.
Der Ort solchen Dunkels ist das Tal, in dem sich die Schatten sammeln, der melancholische Zufluchtsort des späteren Benn:
zwei Pappeln säumen einen Weg…
Benns Gedicht „Pappel“ setzt mit der Strophe ein:
Verhalten,
ungeöffnet in Ast und Ranke,
um in das Blau des Himmels aufzuschrein –:
nur Stamm, Geschlossenheiten,
hoch und zitternd,
eine Kurve.
(3.42)
Die Pappel betont die geschwungene Vertikale, sie ist ein einsamer Baum – „wer sah Pappelwälder?“ fragt Benn –, und sie zielt ins Blaue, die Farbe des Introvertierten, die bevorzugte Farbe, Farbe auch des ligurischen Komplexes, der Sehnsucht nach dem Süden, nach dem Mediterranen und der Latinität. Das steht alles noch in der östlichen Abgeschiedenheit des Tales und der Zurückhaltung des Weisen; und doch ist damit auch schon ein Anderes und Gegensätzliches angedeutet, das die reine Nabelschau und Versenkung übersteigt. Daß Pappeln aufschrein, ist zu expressiv und expressionistisch gesagt, als daß es nicht in Widerspruch geriete zu östlicher Gelassenheit.
Die nächste, dritte Strophe von Statische Gedichte setzt, nachdem die zweite durch ihr „du weißt – wohin“ einen ersten Abschluß geschaffen hat, mit der Verszeile „Perspektivismus“ ein, einem Begriff aus dem Vokabular Nietzsches, einem entschieden westlichen Begriff. Aber dieses Wort entspricht dichterisch aufs genaueste der Verszeile „Entwicklungsfremdheit“ zu Beginn des Gedichtes. Im Rhythmischen geht die Übereinstimmung bis in Nuancen, die sich nur-metrisch gar nicht mehr fassen lassen: beide Wörter entziehen sich einer Festlegung auf ein im Deutschen übliches Versmaß, wer sie etwa betont jambisch skandieren wollte (Entwicklungsfremdheit, Perspektivismus), würde ihren eigensten Rhythmus arg vergewaltigen. Mit ihren ersten vier Silben bleiben sie rhythmisch eigentümlich in der Schwebe, erst mit der Schlußsilbe senken sie sich um ein Geringes: Entwicklungsfremdheit, Perspektivismus. In ihnen schwingt das ganze Gedicht wie in seiner Angel.
Die beiden Namen bedürfen über die Feststellung ihrer Polarität hinaus der Erläuterung. Perspektivismus zunächst – das ist die seit Nietzsche aktuelle Haltung, nicht mehr alles auf einmal zu wollen, vor allem nicht mehr an eine rationale Erklärbarkeit von Welt und Geschichte zu glauben, sondern sich auf die Einsicht in die Relativität der Bezugssysteme zu beschränken. Im Rahmen des Denkens Nietzsches ist solcher Perspektivismus nicht so zentral, wie oft gemeint wird, er ist eher eine Begleiterscheinung, die freilich im Bereich von Nietzsches Kunstauffassung ihre besondere Bedeutung erhält und denn auch gerade auf die Künstler und Schriftsteller der Generationen nach Nietzsche tief gewirkt hat. Perspektivismus meint hier den Willen zur Oberfläche, zum schönen Schein, zum „Olymp des Scheins“ – Benns meistzitiertes Nietzsche-Wort – , es verbirgt sich dahinter ein Gegenschlag zum historischen Karneval, wie die zweite Unzeitgemäße ihn beschrieben hat, eine Überwindung dieses Karnevals, der Übersättigung und des Erkenntnisekels in seinem Gefolge, durch bewußte Übernahme und Kultivierung, ein leichtfüßiges Gleiten auf allen Möglichkeiten des modernen Bewußtseins und damit eine neue künstlerische Freiheit. Hier befindet sich Benn bedingungslos in der Nachfolge Nietzsches – deutlicher, unumwundener und wohl auch tiefer als irgendein anderer deutscher Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Von Benn ist das denkwürdige Wort:
Eigentlich hat alles, was meine Generation diskutierte, innerlich sich auseinanderdachte, man kann sagen: erlitt, man kann auch sagen: breittrat – alles das hatte sich bereits bei Nietzsche ausgesprochen und erschöpft, definitive Formulierung gefunden, alles Weitere war Exegese. (1.482)
Die Modernität Benns, seine Repräsentationskraft für die erste Hälfte dieses Jahrhunderts, sogar der Umstand, daß er als einer der wenigen deutschen Dichter aus der Zeit der beiden Weltkriege den Anschluß gefunden hat an gesamteuropäische Vorgänge, gründen mit in dieser Tatsache, daß er sich zur Bewußtseinslage Nietzsches bekennt, zu einem perspektivisch arbeitenden Bewußtsein, das einsam, aber tänzerisch auf den universalhistorisch und bis in die exotischen Bereiche entlegener Kulturen hinaus verfügbaren Inhalten und ihrer Dispersion seine dichterischen Spiele treibt, oder wie Benn 1930 in „Fazit der Perspektiven“ sagt:
in direkter, fast nonchalanter Nähe mit dem bisher räumlich Fernsten, gestikulativ in einer Art totipotenter Form, wie sie in vergangenen Epochen sein inneres Geheimnis war, lebt, viel auf Reisen, das heutige Ich. (1.123)
Soviel zunächst zum Perspektivismus.
Nun aber „Entwicklungsfremdheit“ – wie vertragen sich die beiden Worte? Benn fußt nicht nur auf Nietzsche, er ist auch durch die Naturwissenschaften hindurchgegangen, wie das ausgehende 19. Jahrhundert sie zur Geltung gebracht hat. Aber Entwicklungsfremdheit, das wendet sich in erster Linie gerade gegen die Fortschrittsgläubigkeit des naturwissenschaftlichen Weltbildes, wendet sich im biologischen Bereich, in welchem das Denken Benns sich vorzugsweise bewegt, gegen den Darwinismus, gegen die aus ihm entspringende Auffassung von der Züchtbarkeit der menschlichen Masse. In diesem einen Punkte versagt Benn denn auch Nietzsche die Gefolgschaft, hier sieht er, in dem, was er Nietzsches Darwinismus nennt, ein bloß Zeitbedingtes und Ergänzungsbedürftiges. Der Gedanke eines allgemeinen Fortschrittes der Menschheit, ihrer Höherzüchtung zum Übermenschen oder, ins Kleinbürgerliche übersetzt, die Auffassung, unsere Kinder müßten es einst besser haben – darüber sieht der Weise aus der Tiefe seiner Entwicklungsfremdheit hinweg.2
Kinder und Kindeskinder
beunruhigen ihn nicht,
dringen nicht in ihn ein.
Am Schluß des kleinen Aufsatzes über Nietzsches Begriff der Züchtung sagt Benn:
Was objektiv bleibt, ist nicht die Prophetie von Zukünften, sondern es sind die abgeschlossenen hinterlassungsfähigen Gebilde. Was bleibt, ist das zu Bildern verarbeitete Sein. Der Erfolg der Dynamik: Klassik! (1.298)
Diese Sätze sind aus dem Jahre 1940, und sie haben über die Auseinandersetzung mit Nietzsche hinaus ihre unmittelbare Bedeutung im Werdegang Benns selber. Er hatte damals, wenn auch der Öffentlichkeit kaum schon oder infolge der politischen Umstände nicht mehr sichtbar, diesen Ort der „Klassik“ erreicht. Entwicklungsfremdheit ist unter diesem Aspekt die Gegenposition zum Sturm und Aufbruch des Frühexpressionismus, an dem der junge Benn nicht unerheblichen Anteil gehabt hat. Es ist inzwischen sichtbar geworden, in welch einmaliger Weise dem spätern Benn die Verwindung des Frühexpressionismus gelungen ist. Aus dem Aufbruch der Jahre unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg herauszukommen zu einer echten Kolonisation des gewonnenen Neulandes, das war den Überlebenden der frühexpressionistischen Generation aufgegeben, und lange genug schien es, daß sie aus sich selber die Kräfte zu solcher Konsolidierung nicht mehr aufbringen würden. Der Expressionismus selbst schien in der Zwischenkriegszeit in Literaturbetrieb und unerquickliches Mitläufertum abzugleiten. Daß aus einem solchen Niedergang heraus dann doch noch einmal zu einer Phase II des Expressionismus – der Begriff ist von Benn – entschlossen angesetzt wurde, ist das Verdienst eines Einzelgängers. Wesensmerkmal der Phase II ist für Benn – und hier geht er so weit, sie einer Phase II des nachantiken Menschen überhaupt gleichzusetzen – die Schaffung eines neuen Mittelpunktes im Menschlichen, mit Goethe gegen Newton, unter Berufung auf das alte ptolemäische Weltbild. Und nun zeigt sich: erst der Ptolemäer ist der eigentliche Perspektivist, der auf Zu- und Abreisen verzichtet, weil es Zeichen einer Welt ist, die nicht klar sieht. Reisen, eine Tätigkeit, die den jungen Benn gelockt hat, weil sie die Bezugssysteme verschiebt, wird jetzt aus eben diesem Grunde verschmäht. In den Fragmenten von 1951 findet sich ein Gedicht, das mit den Worten beginnt:
Meinen Sie Zürich zum Beispiel
sei eine tiefere Stadt…?
Es ist mit „Reisen“ überschrieben, und seine Schlußstrophen lauten:
Bahnhofstraßen und Rueen,
Boulevards, Lidos, Laan –
selbst auf den Fifth Avenueen
fällt Sie die Leere an –
Ach, vergeblich das Fahren!
Spät erst erfahren Sie sich:
bleiben und stille bewahren
das sich umgrenzende Ich.
(3.327)
Von derselben Mahnung erfüllt ist noch das Gedicht „Aprèslude“, das Schlußstück der gleichnamigen letzten Gedichtsammlung Benns, die als Ganzes den alternden Dichter in der resignierten, aber unverzweifelten Stimmung zeigt, die schon lange den Zauber seiner Hervorbringungen bildete und die selbst den Vorgang des Alterns und der weisen Einkehr als seinem dichterischen Lyrismus tief angemessen erscheinen läßt, wenn auch Altern in erster Linie ein Problem ist für Künstler, wie es die berühmte Rede von 1954 ausspricht. Das Wort vom Bleiben erhält hier seinen besonderen Klang.
Bleiben und stille Bewahrung ist in dem Tal, das der Weise der Statischen Gedichte vor seinem Fenster hat. Das Dynamische mündet in die Klassik, der Weg zwischen den Pappeln, das Tal, in dem sich die Schatten sammeln, ist klassische Landschaft. Das bedeutet nicht den Verzicht auf die Perspektiven, im Gegenteil, Perspektivismus ist ein anderes Wort für seine Statik, und es bekommt jetzt sogar eine tiefere Nuance, die es zuvor nicht hatte, denn die Perspektive des Tales ist Selbstbegrenzung, der Wille zur Stilisierung und zum abgeschlossenen Kreis als Merkmal jeder Klassizität.
Und hier nun endlich treffen sich auch Perspektivismus und Entwicklungsfremdheit. Die Tiefe des Weisen vereinigt sich mit diesem neuen, zentrierten Perspektivismus, der seine bestimmten Horizontlinien und Abschlüsse, auch seine künstlerische Härte und Entschlossenheit hat. Schon 1932 hat Benn das gegenständliche Denken Goethes in diesem Sinne als perspektivistisch beschrieben, „ein weittragendes perspektivisches Erfühlen von Zusammenhängen und Ursprüngen, ein Eintauchen des Denkens in den Gegenstand und eine Osmose des Objekts in den anschauenden Geist“ (1.186).
Das klingt nun alles fast so, als müßte die Phase II des Expressionismus als eine resolute Abwendung von den Bestrebungen des Frühexpressionismus aufgefaßt werden. Nichts wäre ungerechter. Es gilt vielmehr umgekehrt, die klassizistischen und formalistischen Elemente genauer zu sehen, von denen der Frühexpressionismus erfüllt ist bis zu dem Grade, daß Benns Konzeption der Phase II als eine zwangsläufige Folge erscheint. Der Perspektivismus Benns hat von Anfang an seine Statik in sich getragen, auch wo sie von „trunkener Flut“ überspült war. Perspektivismus ist scheinbar eine Technik der Zersplitterung, der Auflösung und Facettenspiegelungen, und in einer gewissen Hinsicht trifft das gewiß zu, Benn selber sagt von seinem Stil:
Nichts wird stofflich-psychologisch mehr verflochten, alles angeschlagen, nichts durchgeführt. Alles bleibt offen. Antisynthetik. Verharren vor dem Unvereinbaren.
Doch er fügt auch hinzu:
Bedarf größten Geistes und größten Griffs, sonst Spielerei und kindisch. Bedarf größten tragischen Sinns, sonst nicht überzeugend. Aber wenn der Mann danach ist, dann kann der erste Vers aus dem Kursbuch sein und der zweite eine Gesangbuchstrophe und der dritte ein Mikoschwitz, und das Ganze ist doch ein Gedicht. (4.164)
Hier liegt für den Einsichtigen auch der Hinweis auf eine höhere Intaktheit der Sprache durch alle inhaltlichen Zersplitterungen hindurch. Die scheinbar losgelösten Substantive des Bennschen Stils, das ist in Statische Gedichte in besonderem Maß zu beobachten, fügen sich einem rhythmischen Gesetz, welches das Gebilde als ein dichterisches ausweist und das sich um so sichtbarer durchsetzt, je mehr im Verlauf des Gedichts das Spruchhafte, Sentenziöse zurücktritt und in der dritten Strophe einer Reihung von Satzfragmenten Raum macht, wobei Satzfragmente hier bereits eine unangemessene Bezeichnung ist, denn es behauptet sich in ihnen durchaus eine dichterisch-rhythmische Art von Satzbau. In diesen Versen ist ein grundlegendes Bekenntnis eines Dichters zu seinem Metier ausgesprochen, beinahe ein Programm des dichterischen Expressionismus überhaupt.
Linien anlegen,
sie weiterführen
nach Rankengesetz –
Ranken sprühen –,
auch Schwärme, Krähen,
auswerfen in Winterrot von Frühhimmeln…
Rankengesetz ist das Prinzip solcher Dichtung, und was Benn damit meint, wird klarer aus einem Prosastück des Jahres 1920, in dem ein Berliner Privatdozent der Philosophie auftritt, ein Perspektivist alten Stils, der vom Reisen träumt.
Meine Herren, würde er sagen, wenn Sie morgen früh erwachen, ist, der vor Ihnen spricht, auf dem Wege nach Batavia. Er verläßt Europa, er umsegelt Ihren Kontinent, er streift entlang noch einmal die Maschen des weit auseinandergeschlagenen Schleiers seiner Sensationen und Produkte, ihn rührt noch einmal der Saum seiner fächerhaft weit entfalteten Zivilisation, deren Spangen zeitlich rückwärts sich schneiden auf einer Insel südlich des Ionischen Meers. (2.85f)
Hier also schon Reisen als Suche nach dem Ursprung, der Reisende hält denn auch in seinem Gedankenflug inne vor dem Minoischen Reich, eben jenem Schnittpunkt nach rückwärts aller Geschichtslinien des abendländischen Geistes, fasziniert von der kretisch-mykenischen Kultur:
ja, er entsann sich einer bemalten Vase oder einer Art Ölbehälter aus jener Zeit, weißgelb auf einem rötlichen Grund eine Gauklerin, die auf den Armen ging, ihre Brüste trug sie in den Händen, mit den Füßen schoß sie vom Bogen einen Pfeil – und nun erschien es ihm merkwürdig, daß dieses sich gerettet hatte, durch so viele Jahrtausende, gewissermaßen das Sinnlose, die Pflanzenranke und die Gauklerin.
Das ist das Bleibende, das artistisch Herausgestellte, das Zwecklose. Rankengesetz ist: der Hervorbringung des Kunstwerkes als dieses Bleibenden sich hingeben, „Ranken sprühen“, aus sich heraustreiben in schöpferischem Akt, dann sinken lassen. Schwärme, Krähen auswerfen, die Vögel des Einsamen, in Winterrot von Frühhimmeln, der Refrain Nietzsches klingt an:
Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt,
und vernehmlicher noch eine Strophe Georg Heyms, des frühexpressionistischen Generationsgenossen Benns:
Raben und Krähen
habe ich ausgesandt,
Und sie stoben im Grauen
Über das ziehende Land.
Sprühen, auswerfen, dann sinken lassen, das entspricht der Bennschen Erfahrung von der Dichtung als einem aus rauschhaften Zuständen hervorgegangenen Ereignis. Die Entstehung des Gedichtes beruht für ihn, mit den medizinischen Ausdrücken, die er gerne braucht, auf einer Hyperämie, einer Kongestion, einem Blutandrang und einer Schwellung gleichsam, einem Drang nach außen, zum Ausdruck, zum Rankensprühen. Dem folgt in natürlichem Ablauf das Sinken-lassen, ein tröstliches Zurücksinken in die Nacht. Benn hat sich hin und wieder scharf gegen den deutschen Hang zur unklaren Tiefe und gegen die Sehnsucht ins dunkle Reich der Mütter gewandt – hier scheint er auf seine Art selber an ein solches Reich zu denken, und das Sinken-lassen ist dabei eine seiner höchst kennzeichnenden dichterischen Gebärden. Es spricht sich darin ein moderner Drang zurück zur Natur aus, freilich zu keiner Natur der Schäferspiele und fêtes champêtres, sondern zu einer auf den neuesten Stand der Forschung gebrachten Natur, aus deren Horizont es nicht unmöglich erscheint, daß der quartäre Mensch eine bionegative Mutationsvariante ist und einst unter Rückbildung der überwuchernden Großhirnrinde wieder den Weg zurück ins Meer gehen wird, aus dem das Leben aufgestiegen ist: thalassale Regression. Benn ruft einmal aus:
O daß wir unsere Ururahnen wären.
Ein Klümpchen Schleim in einem warmen Moor.
(3.25)
Hinter der Bennschen Verachtung aller Historie und ihrer kunterbunten Abläufe verbirgt sich eine radikalste Auffassung von Geschichte, der nur noch mit gleichsam erdgeschichtlichen Maßstäben zu genügen ist; aber auch im Rückstieg ins Tertiär bleibt Benns dichterische Aufmerksamkeit dem Menschlichen und seiner immanenten Geschichtlichkeit zugewandt, ja das Menschenwesen erfährt in solch äonenweiter Betrachtungsweise seine eigentliche Rücknahme ins Unzerstörbare des Urgrunds. Menschheitsgeschichte geht hier wieder in Natur über, und die Pflanzenranke selbst ist das Symbol der brüderlichen Vereinigung. Sie gehört beiden Bereichen zu, der Ausdruckswelt im Bennschen Sinn des Wortes, wo sie für das künstlerisch in seine Vollendung Hervorgebrachte steht, und zugleich der stets sich erneuernden Natur, die selbst, dem Dichter darin verwandt, die Ranke in ihren Frühlingen hervorsprüht. Dem Rankengesetz gehorcht jede Hervorbringung, der Ranke entspricht die rhythmische Linie des Gedichts, das aus den Urgründen hervorgeht in sein absolutes Dastehen, hinter welchem der Dichter selbst wieder zurücksinkt.
Das Dynamische dieser Vorgänge, des Aussprühens und des Sinkenlassens, ist noch nicht die Dichtung selber im Sinne Benns, ist nur Vor- und Nachspiel. Das Eigentliche, worum es ihm geht, ist das Statische Gedicht in seiner Vollendung und Abgelöstheit. Schon von seiner frühen Rönne-Figur sagt Benn:
In sich rauschte der Strom. Oder wenn es kein Strom war, ein Wurf von Formen, ein Spiel in Fiebern, sinnlos und das Ende um allen Saum.
Und der spätere Benn, der diese Stelle nochmals anführt, setzt hinzu:
er erblickt die Kunst. (4.37)
Das Ende um allen Saum trägt solche Kunst, weil ihr Merkmal, das sie auszeichnet, die Vollendung ist. Die Möglichkeit eines Vollendeten, das rein dasteht in den Wirbeln des modernen Nihilismus, sie hatte schon Nietzsche fasziniert, und sie beschäftigt nicht minder Benn. Ein Abschnitt im Ptolemäer von 1947 ist „Der Glasbläser“ überschrieben, und aus diesem Abschnitt geht vielleicht am klarsten hervor, was ein Statisches Gedicht ist. Der Glasbläser schlägt im entscheidenden Augenblick auf das Rohr, und das in die Luft geblasene Gebilde steht abgelöst und vollendet vor ihm da. Von gleicher Art ist das Dastehen der Pflanzenranke und der Gauklerin, die verkehrte Welt spielt, und all das ist ein Gleichnis für die Vollendung, die sich im Kunstwerk durchsetzt.
Blase die Welt als Glas, als Hauch aus einem Pfeifenrohr: der Schlag, mit dem du alles löst: die Vasen, die Urnen, die Lekythen – dieser Schlag ist deiner und er entscheidet. (2.232)
So lautet eine Maxime des distinguierten Herrn, der im Ptolemäer auftritt. Es ist die Maxime der Statischen Gedichte, sie verleugnet nicht das Jokulatorische und Artistische – den Begriff der Artistik behält sich Benn, auch darin Nietzsche folgend, zur Bezeichnung seines künstlerischen Anliegens vor.
Linien anlegen,
sie weiterführen
ist das Geschäft seiner Dichtung. Es sind die harten Linien einer in sich zentrierten Perspektivenwelt, und ihr Fluchtpunkt ist die Statik des vollendeten Gedichts. Statik in dem ursprünglichen Sinn einer Lehre vom Gleichgewicht, das sich nur in einem, dem entscheidenden Augenblick einstellt zwischen Aufsprühen und Sinkenlassen und aus dem ein Dauerndes sich loslöst, gemäß der Verheißung eines der Statischen Gedichte Benns:
Form nur ist Glaube und Tat,
die erst von Händen berührten,
doch dann den Händen entführten
Statuen bergen die Saat.
(3.134)
Das Statische des Gedichtes selber birgt noch ein in Zukunft Fruchtbares und Weiterwirkendes. Hier erhebt sich von selbst die Frage, ob das Bleibende und dergestalt Weiterzeugende des Gedichts noch aus dem Horizont des Statischen – oder allenfalls dem eines Wechselspiels von Dynamik und Statik – hinreichend begriffen zu werden vermag. Es ist der Punkt erreicht, da die Wege des Dichters in seinem Selbstverständnis sich notwendiger- und legitimerweise trennen von denen einer Literaturbetrachtung, die nach dem Wesen des Dichterischen fragt.
Aber auch schon innerhalb des Versuches, das Werk Benns als Ganzes recht zu verstehen, darf diese Problematik nicht unbeachtet bleiben. Gerade bei neueren Dichtern, die durch ein umfangreiches essayistisches Werk ihre künstlerische Absicht nicht nur bildend sondern auch redend zur Darstellung gebracht haben, liegt die Gefahr der Verwirrung nahe. Indem der Interpret sich der essayistischen Selbstinterpretation des Dichters anschließt, ihre Grundauffassungen und Grundbegriffe in seine eigne Interpretation übernimmt, wählt er einen Weg des geringsten Widerstandes zur Erschließung des Werkes, der ihn der Ausarbeitung eigener Kategorien enthebt. Zugleich kann dieses bequeme Verfahren aber den Anspruch erheben, besonders angemessen zu sein. Weil es die vom Autor selbst vorgebahnten Schneisen zum Verständnis des Werkes benützt, bringt es nichts Fremdes und Unangemessenes in die Interpretation. Hier öffnet sich ein wirkliches und methodologisch noch zu wenig bedachtes Dilemma.
Benn selbst hat seine Essays als „eine Art von Erprobung auf Produktivität“, als „eine Art Materialbeschaffung für die Lyrik“ verstanden (4.408). Dieser Zusammenhang ist tatsächlich so eng, daß der begriffliche Wortschatz, mit dem die Essays arbeiten, auch in die Gedichte eindringt. So ist die Gegenwart der mindestens nach einer konventionellen Auffassung sehr wenig „lyrischen“ Vokabeln Entwicklungsfremdheit, Perspektivismus und Statik in dem soeben interpretierten Gedicht zu erklären. Eine weitere Folge ist, daß bei Benn gar keine scharfe Grenze gezogen werden kann zwischen essayistischen und dichterischen Texten. Die allgemein als unbefriedigend empfundene Anordnung der Gesammelten Werke demonstriert diese Schwierigkeit ad oculos. Nicht nur die Grenze zwischen „Essay“ und dichterischer „Prosa“ ist fließend, sondern die Essays und Prosastücke ihrerseits gehen an gewissen Höhepunkten in reine Lyrik über, mit Binnenreim und Versmaß, die nur äußerlich, weil sie nicht typographisch in Verszeilen abgesetzt ist, noch als Prosa erscheint.
Gerade wegen dieser engen Verbindung zwischen Essay und Lyrik bis in den Sprachgebrauch hinein bleibt die unkritische Übernahme von Bennschen Grundbegriffen in die Interpretation seiner Gedichte fragwürdig. Scheinbar rein abstrakt-kunsttheoretisch angelegte Begriffe Benns, wie „Ausdruckswelt“, bringen von vornherein eine rein stilistisch bedingte Prägung mit sich, einen – wie Benn sagen würde – „Wallungswert“, der alle Versuche, sie als Grundsteine einer rationalen Kunstlehre zu verstehen, zum Scheitern verurteilt. Sie gehören selbst bereits der Sphäre des „Ausdrucks“, nicht der „Wahrheit“ an – um einen von Benn selbst wiederholt und sicher überspitzt formulierten Gegensatz auf sie anzuwenden. Benn setzt sie als Wort-Waffen in einem brillant und aggressiv geführten Kampf um die Verabsolutierung der Expression ein („Begriffe, scharf wie Brotmesser“ [4.153]), und eben keineswegs als „Begriffe“ im logisch-deduktiven Sinn, trotz ihrer funkelnden „Schärfe“. Diese Schärfe ist ein stilistisches, kein rationales Phänomen. Damit ist aber auch schon gesagt, daß diese vermeintlichen Grundbegriffe nicht nur zur Interpretation herangezogen werden dürfen, was durchaus, wie unser Beispiel gezeigt hat, möglich ist, sondern auch ihrerseits der Interpretation zugänglich sind, ja ihrer geradezu bedürfen, soll die mit ihrer Hilfe durchgeführte Interpretation nicht eine Schein-Interpretation bleiben. Ein sehr instruktives Beispiel für die Schwierigkeiten, die erwachsen können, wenn diese methodische Forderung nicht beachtet und keine scharfe Trennlinie gezogen wird zwischen dem „Wallungswert“ einer Bennschen Vokabel und dem, was ich im Gegensatz dazu ihren „Interpretationswert“ nennen möchte, bietet die Auseinandersetzung um den Bennschen Begriff des „Nihilismus“.3
Die vorliegende Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, in diesem Problembereich die erwünschte endgültige Klärung zu schaffen. Sie geht sogar den zentralen Schlagwörtern Benns, wie „Ausdruckswelt“ und „Nihilismus“, eher aus dem Wege oder versucht allenfalls, ihnen in den Rücken zu gelangen, indem sie sich auf die Frage von Benns Geschichtsbegriff konzentriert. Dieser Geschichtsbegriff. wie er hier verstanden wird, deckt sich nicht ohne weiteres mit der bei Benn vorkommenden Vokabel „Geschichte“. Er betrifft vielmehr den ganzen Komplex von Entwicklungsfremdheit, Perspektivismus und Statik, der mit Hilfe der immanenten Interpretation von Statische Gedichte vorläufig sichtbar geworden ist.
Es ließe sich nicht rechtfertigen, im Rahmen dieses Vorhabens das Zeugnis von Benns essayistischem Werk zu vernachlässigen. Es sind dabei lediglich die skizzierten methodischen Grundsätze zu beachten. Im übrigen aber wird auch gegen diese Darstellung der Einwand erhoben werden können, der nicht zu Unrecht gegen die bisherige Benn-Literatur insgesamt vorgebracht worden ist, daß nämlich ihre Aufmerksamkeit viel stärker auf die Kunsttheorie Benns als auf die stilistischen Eigentümlichkeiten seiner Dichtung gerichtet ist.4 Zur Entlastung von diesem Einwand kann lediglich angeführt werden, daß die Kunsttheorie nicht unbesehen als Bennsches Postulat hingenommen, sondern in ständigem Hinblick auf die Bedingungen der dichterischen Produktion betrachtet werden soll. Auf diese Weise sollte es gelingen, die Diskrepanz, die zwischen Benns Theorie und dem Charakter seiner Hervorbringung zweifellos besteht, wenigstens an einem bestimmten Punkt aufzuheben und damit einen Beitrag zu künftiger Interpretation Bennscher Gedichte zu leisten, darüber hinaus aber auch die Fruchtbarkeit der Ansätze sichtbar zu machen, welche der Bennschen Programmatik für die Theorie des Gedichts überhaupt innewohnen.
(…)
Ich will Ihnen etwas erzählen über einen Dichter, von dem in der DDR sehr wenig erschienen ist. Es existiert von ihm nur eine kleine Auswahl von Gedichten in der Expressionismusanthologie und einige von seinen Essays in einer sprachwissenschaftlichen Anthologie. Das ist eine der schmerzlichsten Lücken, die es bei uns gibt. Es mag Gründe geben, die dem wahrscheinlich zugrunde liegen, die diese Lücke etwas erklären können.
Einer der großen alten Männer der europäischen Literatur und sicher einer der größten deutschen Lyriker in diesem Jahrhundert – Gottfried Benn.
Ein Mann von gedrungener Statur, die hat er von seiner Mutter, sein Vater war sehr schlank, hager. Er litt ein bisschen darunter, dass er diese pyknische Gestalt hatte. Ich sage Ihnen jetzt am Anfang ein paar Eckdaten – auf seinen Lebenslauf komme ich dann später noch einmal ausführlicher zurück – nur dass Sie etwas mit ihm anzufangen wissen. Er ist 1886 in Mansfeld geboren, also ein Jahr älter als Georg Trakl, hat ihn aber um 42 Jahre überlebt. 1956 ist er gestorben, als Siebzigjähriger. Ein Pastorensohn aus Westpreußen jenseits der Oder, heute polnisch, aufgewachsen in Sellin.
1912 erschien sein erster Gedichtband Morgue, der ihn mit einem Schlage bekannt machte als einen Wortführer, und zwar den radikalsten Wortführer, des deutschen Expressionismus. Er überwand schließlich diese Periode, fand seinen eigenen spezifischen Ton. Es gab dann einen lange Zeit für unerklärlich gehaltenen Versuch von ihm, einen sehr vehementen Versuch, sich dem Nationalsozialismus anzudienen, der aber von diesen Machthabern ebenso vehement, nach einer kurzen Verblüffungspause, zurückgewiesen wurde. Er war dann verfemt, vergessen. Den größten Teil seines Lebens ernährte er sich nicht als Schriftsteller, sondern als Arzt. Er war Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, auch Militärarzt. Es gibt ein berühmtes Kalkül von ihm, auf der Höhe seines Ruhms der zwanziger Jahre, in dem er nachweist, dass er aus seiner literarischen Laufbahn ein Salär von 4,50 Mark im Monat gezogen habe. Er hat das minutiös belegt . Es waren 950 Mark, die er in 15 Jahren mit seiner literarischen Arbeit verdient hat.
Ein Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Berlin, Belle-Alliance-Straße 12, Sprechstunde von 11 bis 12 Uhr. In dieser Stadt hat er die größte Zeit sein seines Lebens gelebt, er ist nach 1945 dorthin zurückgekehrt. Der Durchbruch zu seinem europäischen Ruhm kam in den letzten acht Jahren seines Lebens. Aus einer schon völligen Vergessenheit und Verfemtheit heraus gelang ihm ein kometenhaft steiler Aufstieg, der bis heute anhält. Unbestritten ist er einer der Großen der europäischen Literatur. Sein Werk liegt gesammelt vor, in der Taschenbuchausgabe sind es acht Bände. Bekannt geworden ist er vor allem durch Lyrik und durch eine Essayistik, zu der ich auch sein Prosa zählen würde, und sehr merkwürdige szenische Versuche, die man als Hörspiele deklarieren kann. Kurzum, das alles ist eine essayistische Form, sich auszudrücken. Die Sekundärliteratur über ihn ist unterdessen zu einem Berg angeschwollen, den man kaum mehr bewältigen kann.
Uns soll er jetzt vor allem interessieren als Dichter und Einbringer eines ganz eigenen, unverwechselbaren Tons in die deutsche Literatur.
Ich mache es jetzt wieder so, wie ich es damals mit dem Trakl gemacht habe. Ich habe mir am Anfang ein Gedicht ausgesucht, zu dem ich Ihnen vorher nichts zu sagen brauche, weil es sich eigentlich von selbst versteht. Bei anderen, den schwierigeren Gedichten – und seine Gedichte sind schwierig –, gebe ich am Anfang eine Inhaltsübersicht, dass sie wissen, worum es da geht, dass das nicht einfach so vorbei- und dahinrauscht. Dieses Gedicht heißt „Jena“. Die Stadt spielt in seinem Leben eine sehr wichtige Rolle. Seine Mutter, an der er sehr hing, war dort gewesen und suchte – vergeblich – Heilung von einem Krebsleiden. Seine erste Frau war dort gestorben. Er war dreimal verheiratet, Frauen spielen eine große Rolle in seinem Leben. Er hat eine Tochter, Nele, die dann nach Dänemark kam. Jena war die Stadt, in der sein Stern in der Psychiatrie gelegen hatte – Friedrich Nietzsche. Benn kam unmittelbar von Nietzsche her, das war sein Gott. Auf dieses Jena macht er jetzt also ein Gedicht.
Eines will ich noch dazu sagen: Benn hatte Schwierigkeiten mit Schlüssen. Es gibt viele Gedichte von ihm, die großartige Gedichte sind und einen grauenvollen Schluss haben. Warum das so ist, kann ich Ihnen, glaube ich, erklären. Das gilt auch für dieses Gedicht. Es ist ein wunderschönes Gedicht, ich würde es in jedes Lesebuch deutscher Lyrik aufnehmen, bis auf den Schluss, da fällt es bodenlos herunter, wird schrecklich banal und man braucht den Ausdruck Kitsch nicht zu scheuen.
JENA
„Jena vor uns im lieblichen Tale“
schrieb meine Mutter von einer Tour
auf einer Karte vom Ufer der Saale,
sie war in Kösen im Sommer zur Kur;
nun längst vergessen, erloschen die Ahne,
selbst ihre Handschrift, Graphologie,
Jahre des Werdens, Jahre der Wahne,
nur diese Worte vergesse ich nie.
Es war kein berühmtes Bild, keine Klasse,
für lieblich sah man wenig blühn,
schlechtes Papier, keine holzfreie Masse,
auch waren die Berge nicht rebengrün,
doch kam man vom Lande, von kleinen Hütten,
so waren die Täler wohl lieblich und schön,
man brauchte nicht Farbdruck, man brauchte nicht Bütten,
man glaubte, auch andere würden es sehn.
Es war wohl ein Wort von hoher Warte,
ein Ausruf hatte die Hand geführt,
sie bat den Kellner um eine Karte,
so hatte die Landschaft sie berührt,
und doch – wie oben – erlosch die Ahne
und das gilt allen und auch für den,
die – Jahre des Werdens, Jahre der Wahne –
heute die Stadt im Tale sehn.
Ein zerzogener, absolut banaler Schluss, im Sinne von: Wir sind alle sterblich. Sonst ein wunderschönes Gedicht, das ich gerne in Jena rezitiere. In diesem Gedicht ist das noch nicht da, was ich diesen unverwechselbaren Benn-Ton nennen möchte. Aber er ist darin vorbereitet, und ich will versuchen, ihnen die Elemente zu zeigen.
Das erste kommt aus der Tradition. Das ist die alte deutsche Lyriktradition, Das hat einen Reim, eine Strophe, gebräuchliche Metren, einen klaren Aufbau. Das zweite ist auch etwas, das ganz aus der Tradition kommt: es hat einen ganz kleinen Bogen. Es ist ein erzählendes Gedicht, es erzählt eigentlich eine Banalität: Alte Frau schreibt eine Karte an die Lieben zu Hause. Das ist alles, und daraus wächst ein Gedicht. Die größten, schönsten, innigsten Gedichte deutscher Sprache wachsen aus diesem ganz kleinen Bogen:
Ich ging im Walde so für mich hin und nichts zu suchen, das war mein Sinn.
Oder „Drei Zigeuner sah ich einmal auf einer Heide“ – da ist weiter gar nichts, ein kleines Vorbeigehen, und es blüht ein Gedicht daraus. Das dritte dieser Benn-Elemente, da fängt er nun an, ganz eigen zu werden, ist ein Ton, den ich als einen Parlando-Ton charakterisieren würde. Das Gedicht kann man so erzählen, wie man sich so unterhält. Man redet das so hin. „Ich ging im Walde so für mich hin“ ist auch so hingesagt, aber jetzt kommt das Eigene: In diesen Ton bringt er Dinge ein, die auch Heine sich nie getraut hätte zu machen.
In dieser Erzählung sind Slangausdrücke: „Für lieblich sah man wenig blühn“ ist ein berlinischer Slang. Er baut Fremdwörter ein, hier bloß eines: Graphologie. Oder ungebräuchliche Wendungen: „Jahre der Wahne“, eine ganz ungebräuchliche Wendung. Wörter aus der Fachsprache: „holzfreie Masse“, „Bütten“ usw., die sonst im allgemeinen keine Wörter lyrischen Vokabulars sind. Und das vierte, was sich hier andeutet, ist ein besonders eindringlicher, beschwörender Ton, der aber gemacht ist mit einem sehr hohen artifiziellen Verstand.
Man kann bei diesen Gedichten ganz genau zeigen, wie sie gebaut sind. Er hat sich immer gegen die Auffassung gewandt, man sei in einer bestimmten Stimmung, und dann entstehe ein Gedicht. Das war auch eine seiner Maximen: Ein Gedicht entsteht sehr selten, ein Gedicht wird gemacht – mit Hirnarbeit, mit Verstandesarbeit, mit einem sehr hohen artistischen, artifiziellen Raffinement, in einer Art und Weise, die man am besten beschreiben kann mit dem Wort Montage. Diese Dinge, wie „Für lieblich sah man wenig blühn“, „Graphologie“, die sind in dieses Gedicht montiert. In diesem Gedicht ist es nur im Ansatz sichtbar.
Sofort deutlich wird es Ihnen bei einem zweiten, das ich Ihnen jetzt sagen möchte. Und hier muss ich schon eine Inhaltserklärung geben, sonst würde das vorbeirauschen. Da ist schon der charakteristische Benn-Ton. Dieses Gedicht heißt: „Am Saum des nordischen Meers“. Ich sag Ihnen jetzt, was da vor sich geht. Wieder ist es ein ganz kleiner Alltagsbogen. Irgendwo in Skandinavien steht ein Haus, ein exquisites Haus, man kann sich eine sehr große Villa vorstellen mit einer erlesenen Gesellschaft. Benn nennt sie „die abendländische Pracht“, da sind Leute von der Hochfinanz, Großkapital, Börsenleute, Offiziere aus dem gehobenen Kolonialdienst, und dort wird ein Konzert gegeben, eine Wagnersängerin singt. Die spielt eine Rolle in seinem Leben, denn bei ihr ist seine Tochter aufgewachsen. Sie singt ein Lied, ein genau angegebenes Lied, ein Schubert-Lied. Im Gedicht wird aus dem Liedtext zitiert; zwei Zeilen:
ruhe in Frieden, Seele,
die vollendet süßen Traum –
Nun geschieht es, dass diese Leute, die die abendländische Macht repräsentieren, von diesem Lied ergriffen werden und spüren, dass es eine andere Macht gibt, die der ihren – sie verkörpern gewissermaßen die Macht der Geschichte – überlegen ist. Das spüren sie für einen Augenblick. Davon handelt das Gedicht: diese eine Macht des historischen Werdens wird ausgetauscht durch die Macht der Kunst.
Das Gedicht hat eine Geschichte. Ich sagte Ihnen, dass Benn einmal versuchte, sich dem Nationalsozialismus anzudienen. Er ist auf die rüdeste Weise davongejagt worden. Dann machte er das, was er die „aristokratische Form der Emigration“ nannte, ließ sich reaktivieren, ging wieder ins Heer zurück, er war ja Militärarzt gewesen. Er wurde dann mit Publikationsverbot belegt. Dieses Gedicht ist 1936/37/38 geschrieben. Es gelang ihm, 1942 einen kleinen – heute ungeheuer gesuchten – Privatdruck für seine Freunde herzustellen, der hieß 22 Gedichte, und darin ist dieses Gedicht enthalten. Damals hätte man es verstehen können als eine Absage an seinen Wahn, dieser Macht zu dienen, obwohl es sicherlich nicht so gemeint war, denn das ist ein altes Thema von ihm: die zwei Mächte, die historische Macht und die Macht der Kunst. Und ihr Zusammenprall oder ihr Aneinandervorbeigehen. In diesem Gedicht prallen sie zusammen. Aber das Gedicht ist damals ungehört geblieben, es drang über einen kleinen Freundeskreis nicht hinaus. In dem ersten Gedichtband, der nach seiner Verfemung, nachdem er ins Vergessen gefallen war, 1948 in der Schweiz erschien, ist dieses Gedicht zu finden. Das Bändchen aus dem Arche Verlag heißt Statische Gedichte.
In diesem Gedicht, das ich Ihnen nun endlich sage, werden Sie alles das, was ich Ihnen als spezifische Elemente der Benn’schen Lyrik zu sagen gesucht habe, wiederfinden. Für die, die nicht englisch können, es werden also Fremdwörter hinein montiert: money heißt Geld, german heißt deutsch, und song heißt Lied.
AM SAUM DES NORDISCHEN MEERS
Melancholie der Seele –
ein Haus, eine Stimme singt,
es ist ein Haus ohne Fehle,
wo englisch money klingt,
ein Heim von heiteren Losen
geselligen Verkehrs,
vier Wände aus Silber und Rosen
am Saum des nordischen Meers.
Sie singt – und die hohe Klasse
der Nord- und English-Mann,
die gierige weiße Rasse
hält den Atem an,
auch die Ladies, die erlauchten,
geschmückt mit Pelz und Stein
und die Perlen, den ertauchten
um die Inseln von Bahrein.
Die Stimme singt – ohne Fehle,
fremde Worte sind im Raum:
„ruhe in Frieden, Seele,
die vollendet süßen Traum –“
vollendet –! und alle trinken
die Schubertsche Litanei,
und die Räuberwelten versinken
von Capetown bis Shanghai.
Geschmuggelt, gebrannt, geschunden
in Jurten und Bambuszelt,
die Peitsche durch Niggerwunden,
die Dollars durchs Opiumfeld –:
die hohe Rasse aus Norden,
die abendländische Pracht
im Raum ist still geworden –
aus die Mythe der Macht!
Fern, fern aus Silber und Rosen
das Haus und die Stimme singt
die Lieder, die grenzenlosen,
die ein anderes Volk ihr bringt,
die machen die Macht zur Beute
einer anderen Mächtigkeit:
der Mensch ist ewig und heute
fernen Himmeln geweiht.
Englische – finnische Wände –:
Häuser – die Stimme singt:
Germany ohne Ende,
wenn german song erklingt,
dann ist es ohne Fehle
und gibt seinen Söhnen Ruh –
Melancholie der Seele
der weißen Rasse, du.
Das ist der typische Benn-Klang, den er in die deutsche Lyrik eingebracht hat. Hier haben Sie wieder die vier Dinge: die Tradicion (das ist eine alte Tradition, geht bis aufs Nibelungenlied zurück), der kleine Bogen (für diese Gesellschaft ist es ein Alltagsereignis), hier ganz klar die Montage, die einmontierten Fetzen – „money“, „german song“ und was noch alles darin an diesen merkwürdigen Worten –, Stimme ohne „Fehle“, ein Wort, das es eigentlich nicht gibt. Und hier schon ganz klar und unüberhörbar dieser suggerierende, mit höchstem Kunstverstand gemachte, konstruierte, in den Bann schlagende Ton, dem man sich einfach nicht entziehen kann.
Dieses Bändchen Statische Gedichte traf die Öffentlichkeit in einer ganz bezeichnenden Stunde: der deutschen Restauration. Als die verschiedenen Versuche einer neuen Entwicklung in dem Raum, wo er lebte, also der heutigen Bundesrepublik, alle abgeblockt und abgewürgt worden waren und als die Adenauer-Ära und der Kalte Krieg begannen, da kamen seine Gedichte und wirkten in diese Richtung. Ich sag das ganz prononciert auch deswegen – es gibt in Benns Leben einige Daten, über die man nicht hinweggehen darf, und ich glaube, es ist notwendig, dass man sich auch einmal bei uns mit dem Gedanken vertraut machen muss, dass einer ein großer Dichter sein kann – und ein großer Dichter ist er auch dann, wenn er eine politisch, ideologisch, sagen wir es deutlich, reaktionäre Position vertritt. Das war früher in seinem Leben auch so gewesen.
Es gibt furchtbare Entgleisungen. Ich sage das nicht, um ihm irgendwas ans Zeug zu flicken, sondern im Gegenteil, um zu sagen, man muss endlich einmal von diesen oberflächlichen Dingen wegkommen und einen Dichter als das nehmen, was er in erster Linie ist: ein Hervorbringer großer Gedichte. Und ich glaube, das sind große Gedichte. Und ein Zweites gibt es ebenfalls, weswegen es bei uns so schwer ist, Benn durchzusetzen, das ist eben dieser ungeheuer suggestive Ton seiner Gedichte, die im Grunde genommen ja Zaubersprüche sind.
Es gibt Gedichte von ihm, die sind wirklich Zaubersprüche. Sie fangen an wie Zaubersprüche, etwa mit „Schleierkraut, Schleierkraut“. Es ist schwarze Magie, was da getrieben wird. Und dies berührt nun bei uns die gefährlichste Zone – Literatur hat ja nun doch aufzuhellen, bewusst zu machen und zu erklären. Dass ein Gedicht sich ganz versammeln kann, um ins Emotionale und im Irrationalen zu wirken, gleichzeitig aber mit höchstem Kunstverstand gemacht ist, das sind Dinge, bei denen man sich bei uns noch sehr, sehr schwer tut.
Ich sag Ihnen jetzt ein Gedicht, auch wieder in diesem Ton, das ganz Zauberspruch ist. Eins von seinen verhältnismäßig frühen Gedichten, das erste Gedicht von einer Trilogie. Das Gedicht heißt „Schutt“. Hier wird jetzt sehr viel an Euch vorbeifließen. Und ich will Euch sagen: Lasst es vorbeifließen! Benns Gedichte gelten oft als unverständlich, das sind sie überhaupt nicht. Man kann jede Zeile, wenn man will, rational erschließen – unverständlich und geheimnisvoll ist die ungeheure Wirkung, die sie erzeugen. Aber all seine oftmals gesucht oder unverständlich scheinenden Worte, die könnte man, wenn man wollte, alle erklären. Es sind in seinen Gedichten ungeheuer viele Zitate, ein ungeheures Bildungsgut lastet darauf. Das braucht man dabei aber gar nicht zu wissen – mir geht es jetzt darum, Euch diesen Charakter des Zauberspruchs einmal deutlich zu machen.
In diesem Gedicht geht es um ein Nachher. Um das Nachher einer Liebesnacht, um das Nachher einer offenbar großen erotischen und sexuellen Verausgabung – das Sexuelle spielt in seinem Leben ja eine sehr große Rolle –, es ist diese Nachher-Stimmung, wo man immer wieder erfahren muss, dass diese höchste Erfüllung eben nicht bleiben kann und nicht von Dauer ist, und dann kommt die Trauer, die Enttäuschung, das Herunterfallen, das, was er dann als Schutt bezeichnet. Da geht etwas in Trümmer, da gibt’s Enttäuschungen. Das setzt bei einer Erinnerung an das Gewesene ein. Die Stunden vorher werden noch einmal beschworen. Dann kommt eben jenes Nachher, dann kommt ein neuer Versuch des Zueinander-Findens, eine sehr heftige Abwehr, noch einmal ein neuer Versuch, noch einmal eine Abwehr und ein neues Ineinandergleiten.
An diesem Gedicht werden sicherlich viele Zeilen einfach nur vorbeirauschen als Klanggebilde. Ich kann von mir sagen, dass ich mich mit diesem Gedicht sehr lange, sehr hartnäckig beschäftigt habe, und es gibt darin immer noch einige Zeilen, die ich auf rationale Weise nicht erschlossen habe, obwohl ich überzeugt bin, dass sie so erschließbar sind.
Ich möchte Euch diese Traditionsbeladenheit an einer Wendung zeigen. Darin kommt das Wort „nevermore“ vor – also „nimmermehr“. Man braucht nicht Englisch zu können, um zu fühlen, einfach bloß vom Klang her, dass es diese Bedeutung hat. Man bräuchte das gar nicht wissen und würde es im Gefühlssinne verstehen. Wenn man es weiß, ist es gut, dann kommt noch etwas hinzu – jetzt könnte man wissen, und ich kann Euch sagen, dass dieses „nevermore“ ein Zitat ist, es kommt aus einem berühmten Gedicht von E.A. Poe „Der Rabe“, und dieses Gedicht ist ein Gedenken an eine Gestorbene, eine sehr geliebte Frau, und der Rabe ist der Bote, der dem, der sie beschwören und zurückholen will immer wieder dieses eine Wort zuruft:
Nevermore.
Es ist auch das Nimmermehr dieser Erfüllung, die dagewesen ist Stunden vorher, das ist „nevermore“, das kommt nicht mehr. Es klingt an Sterben und Tod an, an Nebelmoor an was Ihr wollt. Ich kenne viele Benn-Gedichte auswendig, alle die, die ich rational aufschlüsseln konnte. In diesem Gedicht ist eine Strophe, da bleibe ich manchmal stecken und diese eine Strophe habe ich mir aufgeschrieben.
SCHUTT
Spuk. Alle Skalen
toset die Seele bei Nacht,
Griff und Kuß und die fahlen
Fratzen, wenn man erwacht.
Bruch, und ach deine Züge
alle funkelnd von Flor,
Marechal Nie! der Lüge –
never –, o nevermore.
Schutt, alle Trümmer
liegen morgens so bloß,
wahr ist immer nur eines:
du und das Grenzenlos –
trinke und alle Schatten
hängen die Lippe ins Glas,
fütterst du dein Ermatten –
laß –!
Schamloses Schaumgeboren,
Akropolen und Gral,
Tempel, dämmernde Foren
katadyomenal;
fiebernde Galoppade,
Spuk, alle Skalen tief
schluchzend Hypermalade,
letztes Pronom jactif.
Komm, die Lettern verzogen,
hinter Gitter gebannt,
himmelleer, schütternde Wogen
alles, Züge und Hand.
Fall: verwehende Märe,
Wandel: lächelt euch zu –
alles: Sonne und Sphäre,
Pole und Astren: du.
Komm, und drängt sich mit Brüsten
Eutern zu Tête-à-tête
letztes Lebensgelüsten,
laß, es ist schon zu spät,
komm, alle Skalen tosen
Spuk, Entformungsgefühl –
komm, es fallen wie Rosen
Götter und Götter-Spiel.
Das ist ganz Zauberspruch, das ist schwarze Magie – Sexualmagie. Was in diesem Gedicht auftritt und was charakteristisch zu Benn gehört, das ist der Einbruch der Mythen, der antiken Mythen, der griechischen Mythen, der babylonischen Mythen – die dann abgelöst werden in einer sehr merkwürdigen schwierigen Entwicklung vom nordischen Mythos – und dann kommt die Andienung an den Nationalsozialismus. Und in diesem Gedicht ist ein außerordentlich wichtiges Wort drin, das zum Schlüsselwort für Benn wird – und da alle seine Gedichte gleichzeitig auch Essays sind, möchte ich Euch etwas über dieses Wort sagen, es heißt „Entformungsgefühl“.
Es gibt zwei solcher Worte, die Schlüsselworte zu Benn sind: das Pendant dazu ist „Formung“. Sie treten in dieser Gestalt selten auf, gewöhnlich heißen sie bei ihm Schwellung und Versickern. Schwellen und Verströmen.
Schwellen ist ein ganz typisches Benn-Wort. Das sind für ihn die zwei großen Bewegungen, die für ihn durch Natur und Geschichte gehen. Das ist schon im Liebesakt da, das Schwellen ist der Phallus, Verströmen, daraus wird etwas gezeugt – eine Formgebung. Ein Mensch wächst auf – Formung –, und wieder, das sieht er als Arzt, der hunderte Leichen sezierte, das Versickern, das Verwesen, das Auflösen des Leibes.
Das ist für ihn auch in der Geschichte so, er kennt keinen Fortschritt in der Geschichte, sondern immer nur diese beiden Prinzipien: Schwellen und Verströmen. In immer wechselnder Gestalt aber immer dasselbe. Das ist für ihn das kosmische Prinzip – im Grunde das dialektische Ein und Aus, Auf und Ab. Nun kommt bei ihm etwas Fatales, zu diesem Prinzip kommt ein anderes aus der Romantik hinzu, das in einem berühmten Buch auf die Formel gebracht wurde: Der Geist als Widersacher der Seele. Das ist also die Trennung von Geist und Empfinden. Für Benn ist Schwellen das Hirnprinzip, das geistige Prinzip – auch die Kunst entsteht durch Schwellung, er sagt einmal:
Das Wort ist der Phallus des Geistes.
Die Kunst ist das, was aus dem Gehirnprinzip entsteht, auch der Staat – alles, was geformt ist, entsteht daraus –, und der Widersacher ist das Seelische, die Emotion, die Empfindung. Und diese beiden stehen in einem Widerspruch. Das ist, wenn Sie wollen, das alte Manichäerprinzip vom guten Gott und dem bösen Gott – und die sind füreinander wechselweise gut und böse.
Das Gehirnprinzip fügt dem Verströmeprinzip Leid zu, und umgekehrt ist die Seele das, was sich dem Hirnprinzip immer in den Weg stellt und ihm weh tut. Und diese beiden Prinzipien sind im Menschen vereint. Im Hirn ist ja beides, Formung und Entformung, und auch in der Seele ist beides. Und beide sind letzten Endes eines. Aber er sieht sie streng getrennt – und da er das eben doch nicht durchführen kann, diese strenge Scheidung, kommt er zu einem charakteristischen Element. Er kann die beiden Prinzipien nicht vereinen, also montiert er sie auf einander.
Seine Montage kommt von da. Er montiert philosophisch, er montiert weltanschaulich, und es gibt eigentlich zu jedem Gedicht von ihm ein Gegengedicht. Je nachdem, ob er es vom Gehirnprinzip aus betrachtet oder vom Seelenprinzip aus. Das hört sich jetzt ungeheuer theoretisch und akademisch an. Ich will Euch das mal praktisch zeigen. Ich lese Euch zwei berühmte Gedichte von ihm vor, die Betrachtungen über die Weltgeschichte sind. Das eine, jetzt regiert das Gehirnprinzip, sieht so aus. Es heißt „Dennoch die Schwerter halten“ und ist sehr nahe an 1933.
DENNOCH DIE SCHWERTER HALTEN
Der soziologische Nenner,
der hinter Jahrtausenden schlief,
heißt: ein paar große Männer
und die litten tief.
Heißt: ein paar schweigende Stunden
in Sils-Maria Wind,
Erfüllung ist schwer von Wunden,
wenn es Erfüllungen sind.
Heißt: ein paar sterbende Krieger
gequält und schattenblaß,
sie heute und morgen der Sieger –:
warum erschufst du das?
Heißt: Schlangen schlagen die Hauer,
das Gift, den Biß, den Zahn,
die Ecce-homo-Schauer
dem Mann in Blut und Bahn –
heißt: so viel Trümmer winken:
die Rassen wollen Ruh,
lasse dich doch versinken
dem nie Endenden zu –
und heißt dann: schweigen und walten,
wissend, daß sie zerfällt,
dennoch die Schwerter halten
vor die Stunde der Welt.
Das ist das eine, und nun steht dagegen völlig unvermittelt von demselben Dichter in demselben Werk dies:
GESÄNGE
I
O daß wir unsere Ururahnen wären.
Ein Klümpchen Schleim in einem warmen Moor.
Leben und Tod, Befruchten und Gebären
glitte aus unseren stummen Säften vor.
Ein Algenblatt oder ein Dünenhügel,
vom Wind Geformtes und nach unten schwer.
Schon ein Libellenkopf, ein Möwenflügel
wäre zu weit und litte schon zu sehr.
II
Verächtlich sind die Liebenden, die Spötter,
alles Verzweifeln, Sehnsucht, und wer hofft.
Wir sind so schmerzliche durchseuchte Götter
und dennoch denken wir des Gottes oft.
Die weiche Bucht. Die dunklen Wälderträume.
Die Sterne, schneeballblütengross und schwer.
Die Panther springen lautlos durch die Bäume.
Alles ist Ufer. Ewig ruft das Meer –
Das sind diese beiden Pole, um die sein ganzes Werk kreist und er kann sie wie gesagt nicht vereinen – er sagt es auch, dass er sie nicht vereinen will. Er nennt sich einen Dualisten, verachtet also die Leute, die alles von einem Prinzip her erklären wollen. Das ist eigentlich der Schlüssel zu Benn – die Montage dieser zwei Prinzipien, das unablässige Fallen von dem einen in das andere. Das Schwergewicht liegt jedoch auf „O daß wir unsere Ururahnen wären“. Er bringt es auf die Formel „thalassisch-regressiv“. Er beschwört immer wieder das Mittelmeer, die Wiege der Mythen. Das Meer ist für ihn der Urschoß, in den alles sich einmal auflöst, in den alles zurückströmt. Ich würde sagen, die beherrschende Richtung seines Werkes ist dieses regressive Zurückströmen, sich treiben lassen – dann immer wieder „dennoch die Schwerter halten“ – und wieder das Zurücksinken. Sigmund Freud hat es auf die Formel vom „Todestrieb“ gebracht.
Von jedem Gedicht aus kann man eine Welt bauen, diese Welten widersprechen einander, und dieser Widerspruch kommt zu keiner Lösung, sondern steht unvermittelt da. Nun ist das, auf diese nackte Formel gebracht, fürchterlich falsch. Ich müsste es konkret am einzelnen zeigen. Alle diese allgemeinen Formeln sind gut als Formeln, aber sind natürlich nur das Skelett für das Lebende, das dann das Gedicht ist.
Hier hätte ich eigentlich beginnen wollen. Aber ich musste Ihnen das zunächst einmal als eine Plattform geben. In der Hoffnung, dass Sie, wenn Sie diese Gedichte einmal in die Hand bekommen – vielleicht gelingt es ja, diese Lücke zu schließen – eine Orientierungstafel haben, in welche Richtung Sie gehen können.
Nach dem Tod seiner ersten Frau Edith Osterloh, die 1922 nach einer Gallenoperation starb, trat jene Dänin in sein Leben, die da singt in dem Haus am „Saum des nordischen Meers“. Die Frau eines Großindustriellen, bei dem dann seine Tochter Nele aufgewachsen ist, da er unfähig war, sie zu betreuen. Zwischen diesen beiden Lieben steht dieses Gedicht. Ein Gedicht über den Tod, die Frage nach der Unsterblichkeit. Für ihn gibt es keine Unsterblichkeit.
Wird es weitergehen nach dem Tod? Damit fängt das Gedicht an. Für Benn aber gibt es keine Unsterblichkeit. Eines der schönsten Liebes- und Todesgedichte, die ich kenne.
AUS FERNEN, AUS REICHEN
Was dann nach jener Stunde
sein wird, wenn dies geschah,
weiß niemand, keine Kunde
kam je von da,
von den erstickten Schlünden
von dem gebrochnen Licht,
wird es sich neu entzünden,
ich meine nicht.
Doch sehe ich ein Zeichen:
über das Schattenland
aus Fernen, aus Reichen
eine große, schöne Hand,
die wird mich nicht berühren,
das läßt der Raum nicht zu:
doch werde ich sie spüren,
und das bist du.
Und du wirst niedergleiten
am Strand, am Meer,
aus Fernen, aus Weiten:
„– erlöst auch er;“
ich kannte deine Blicke
und in des tiefsten Schoß
sammelst du unsere Glücke,
den Traum, das Los.
Ein Tag ist zu Ende,
die Reifen fortgebracht,
dann spielen noch zwei Hände
das Lied der Nacht,
vom Zimmer, wo die Tasten
den dunklen Laut verwehn,
sieht man das Meer und die Masten
hoch nach Norden gehn.
Wenn die Nacht wird weichen,
wenn der Tag begann,
trägst du Zeichen,
die niemand deuten kann,
geheime Male
von fernen Stunden krank
und leerst die Schale,
aus der ich vor dir trank.
Ich möchte am liebsten lesen und lesen. Es gibt daneben auch Gedichte, wo die Montage misslingt. Wo also dieses faszinierende Montieren nicht geleistet wird. Ein Gedicht fängt an:
O Nacht! Ich nahm schon Kokain, und Blutverteilung ist im Gange.
Eine grässliche Geschichte! – Das passiert ihm auch. Das ist dann wie mit den Schlüssen, die misslingen – und da komme ich noch einmal auf „Jena“ zurück – weil er dort eine Geschichte erzählen will: aber es gibt keine Pointe. Nichts, worauf sich die Geschichte zu bewegt, immer nur Schwellen und Verströmen. Aber eine Geschichte braucht eine Pointe – und wenn er die nicht hat, dann kommt ein Abgleiten in eine unsägliche Banalität wie in „Jena“. Seine großen Schlüsse sind die, wo er einfach das Gedicht rund macht. Wie etwa in „Am Saum des nordischen Meers“, das mit „Melancholie der Seele“ beginnt und auch wieder endet. Da ist wirklich ein Kreislauf. Dieser Kreis ist geschlossen.
Jetzt noch einiges mehr zu seiner Biographie. Geboren, sagte ich, ist er 1886 als ein Pfarrerssohn. Dieser Vater ein ganz strenger, pietistischer Mann. Sieben Geschwister. Er ist der älteste Sohn, soll natürlich Pfarrer werden, das will er nicht. Da kommt der erste Konflikt mit seinem Vater – und ihn rettet nur die Tatsache, dass er ein Stipendium für sein Medizinstudium bekommt vom Heer. Da gab es eine Art von Stipendiatenwesen, das folgendermaßen aussah: Man bekam das Studium finanziert und musste sich verpflichten, danach fünf Jahre im Heer als Militärarzt zu dienen. In seinem Medizinstudium ging er ganz und gar auf, schrieb einige glänzende medizinische Schriften, die begehrte Preise bekamen. Dann angestellt als Arzt in einer Pathologie. Das große Erlebnis der Auflösung des Körpers, das Zerstücken, das Zerschneiden, die Verwesung schließlich. Und nun erlebt er – das hat er in seiner Prosa geschildert, in einem Bändchen, das Gehirne heißt – das, was man als Realitätsschwund bezeichnen kann.
Es fängt so an: „Rönne ein junger Arzt, der etwa zweitausend Leichen seziert hatte“, bemerkt plötzlich, dass er jede Bindung an die Realität verliert. Das ist ein Erlebnis, das auch er gehabt hat, eine unerklärliche Müdigkeit, ein Desinteresse an allem, was nicht geistig ist. Er wird dann übernommen in die Psychiatrie, muss aber diese Laufbahn abbrechen, weil er unfähig ist, Krankenakten ordnungsgemäß zu führen. Es interessiert ihn nicht. Dann kommt der Weltkrieg, er wird eingezogen, wird eingesetzt in der Etappe in Brüssel in einem Prostituiertenkrankenhaus – eigentlich nicht dort, sondern er betreut gewissermaßen als gehobener Sanitäter ein Offiziersbordell. Benn ist selbst ein Mann mit einem sehr ausgeprägten sexuellen Bedürfnis, und da wird er nun mit dem Verfall des weiblichen Körpers konfrontiert. Und aus all dem wachsen nun Strophen eines Ekels, eines Abscheus vor dem Sexuellen, dem Menschen überhaupt. Diese Gedichte sind sicherlich das Krasseste und Radikalste, was je bis dahin geschrieben wurde – und hier ist auch ein Bruch mit der deutschen Lyriktradition, die das im Unterschied zur französischen überhaupt nicht kannte. Er erlebt hier das Erotische von seiner widerwärtigen Seite her. Eines seiner berühmtesten Gedichten beginnt so:
Die Krönung der Schöpfung, das Schwein, der Mensch.
Im Gedicht „Notturno“ findet sich das Geprägteste von Ekel und Abscheu, was jemand zur Frage des Liebeserlebnisses gesagt hat. Es beginnt so:
Schlamme den grauenvollen Unterleib,
die fratzenhafte Spalte, die Behaarung,
den Rumpf, das Leibgesicht, das Afternahe,
das sich im Dunkel vorfühlt, über meinen:
So geht das über zwei Seiten, eine Beschwörung von Ekel und Abscheu – und das ist dann auch der Grund, weswegen die Nazis seine Andienung nicht annehmen. Vielleicht noch nicht einmal so sehr das, sondern dass er mit allen Tabus bricht, die es auf diesem Gebiet gibt, und auch mit den beiden größten Tabus, die es in einer patriarchalischen Gesellschaft für den Mann gibt: Homosexualität und Selbstbefriedigung. Homosexualität scheint ihm ferner gestanden zu haben, aber es gibt von ihm Gedichte, die ein großes Lob, ein Rausch des Sich-selbst-Befriedigens sind. Im Geistigen ist das in etwa seine Haltung – „das Wort als Phallus des Geistes“ –, aus diesem Gehirn heraus zeugen, und dann eben auch im Sexuellen. Und das ist etwas, das der deutsche Mann nicht tut, der hat ja Heldensöhne und Vaterlandsverteidiger zu zeugen. In einem seiner berühmtesten Gedichte, „Synthese“, das dann die Nazis durch alle Schmähschriften gegen ihn gezerrt haben, findet sich die Strophe:
Ich bin gehirnlich heimgekehrt
aus Höhlen, Himmeln, Dreck und Vieh.
Auch was sich noch der Frau gewährt,
ist dunkle süße Onanie.
Das war etwas Unerhörtes, ein Skandal, der nicht zu überbieten ist. Diesen Ekel vor dem Verfall, den überwindet er durch das Artifizielle, durch die Formgebung seiner Gedichte, mit dieser unerhört schwierigen Form. Auch der bewussten Hinwendung zum Reim, einer strengen Form.
Ein berühmtes Buch von ihm heißt Doppelleben. Er meinte damit seine Existenz als Arzt und als Dichter. Er hat aber auch in einem anderen Sinne eine Doppelexistenz, in einem politischen Sinne. Seiner Lage nach ist er ein armer Teufel, ein proletarisierter Arzt, der in ernsten finanziellen Sorgen steht. Unterer Mittelstand, der verelendet. Von ihm stammt ein berühmter Satz:
Den Staat erhalten nur die Besitzer von Dreizimmerwohnungen, alles darüber oder darunter läßt sich vom Staat ernähren.
Von daher hat er eine Affinität nach links. Er gilt als ein linker Arzt, als sozial, er behandelt auch schon mal umsonst. Viele Prostituierte aus der Friedrichstraße gehören zu seinem Patientenkreis. Und auf der anderen Seite rutscht er geistig immer mehr nach rechts. Das ist ein ungeheuer komplizierter Prozess. Wenn man sagt, der Mann ist ein Nazi gewesen, dann ist das zu einfach, das stimmt sicher nicht. Aber ein Faschist war er wohl.
Unerklärlich ist das nicht. Es ist eine folgerichtige Entwicklung, die ich Ihnen hier jetzt nicht nachzeichnen kann. Man kann das minutiös belegen, wie er Schritt um Schritt nach rechts geht. Nun ist das eine Zeit gewesen, in der die unmöglichsten Kombinationen an der Tagesordnung waren. In der ununterbrochen versucht wurde, die äußerste Rechte und die äußerste Linke zu vereinen. Man weiß vielleicht noch, dass die SA und der Rotfrontkämpferbund mal zusammen Streikposten standen, die hatten gemeinsam einen Streik ausgerufen, den berühmten Streik der Berliner Verkehrsbetriebe Anfang der dreißiger Jahre. Es gab von einem geistig sehr hoch stehenden Mann, Ernst Niekisch, die Bewegung des Nationalbolschewismus, darin versucht er Lenin’sche Prinzipien und Nationalismus zu vereinen. Man darf nicht vergessen, dass die NSDAP sich national-sozialistisch nannte. Es war also eine schwärende und gärende Entwicklung, die insgesamt immer stärker nach rechts driftete, je mehr sich die Republik als unfähig erwies, einigermaßen die materielle Existenz der Menschen zu sichern.
Benn aber rutscht nicht nur nach rechts, er wird zum Teil auch getrieben. Es gibt da die berühmten Auseinandersetzungen mit Becher und Kisch, die ihn jetzt von der Linkskurve aus attackieren und ihn einen Renegaten und Abtrünnigen schelten, er habe gefälligst Klassenkampf zu dichten und nicht solch ein Zeug. Die ganze Entwicklung kann ich Ihnen nicht zeigen, jedenfalls 1933 glaubt Benn tatsächlich – er ist offenbar der einzige, der den Nationalsozialismus ästhetisch ernst genommen hat –, dass dies eine Wende in der abendländischen Menschheitsentwicklung ist. Es gibt von ihm eine furchtbare Rede, er tritt ans Mikrofon und beschimpft die Emigranten. Speziell Klaus Mann, der einen offenen Brief an ihn geschrieben hatte, er möge sich erklären, wo er steht. Und er erklärt sich, und zwar ganz eindeutig, für den Nationalsozialismus und ruft den Emigranten zu: Ihr da an Eurem lateinischen Meer, Ihr habt Euch vom Volk gelöst, aber das Volk kann auf Euch verzichten. Bleibt, wo Ihr seid. Und dann ruft er dem Staat zu:
Zeige Mangel an Versöhnung, schließe die Tore, baue den Staat.
Nun hat er eine Illusion. Was ihm vorschwebt, ist eine Wiederkehr des mythischen Zeitalters. Er sieht die Fackelzüge, die da durch die Städte branden, und diese ungeheuren Lichtdome, die Speer entworfen hat. Wenn die Mitternacht dann kommt und Goebbels Bücher verbrennen lässt, ist das auch wieder schwarze Magie.
Benn versucht sich in den Nationalsozialismus zu integrieren – so wie es der italienische Futurismus als Pendant zum deutschen Expressionismus mit dem Faschismus tat. Das sind seine Generationsgefährten, die kennen sich alle persönlich, und die sind nun in Italien die offiziellen Dichter des fascismo. Das versucht er jetzt für den deutschen Expressionismus zu machen. Er kommt dabei nicht um die Peinlichkeit herum, ihn als arische Kunst anzupreisen. Es gibt keinen Antisemitismus bei Benn, aber ein sehr betontes Pochen auf sein Ariertum.
Und nun eine große Verblüffung bei den Nazis – der? Nein, der nicht! Und man holt hervor: sein Onaniegedicht und alles was sonst noch „entartet“ ist, auch seinen Kulturbolschewismus.
Es sind ja vor allem die, die vorher schon auf das nationalsozialistische Pferd gesetzt hatten, die Herren Jobst, Blunck, Vesper und wie sie alle heißen, die jetzt was davon haben wollen. Alle zweit- und drittklassigen völkischen Dichterlein sind nun die ersten Leute im Staate. Und da kommt dieser Benn daher. Und er war es ja nicht allein: Emil Nolde versuchte das gleiche in der Malerei zu machen. Der große Expressionist schrieb Andienungsbriefe mit wüsten Antisemitismen. Barlach stand gar nicht so furchtbar weit davon weg. Wenn die Nazis einen gescheiteren Kurs gefahren wären – es gibt Briefe von ihm, da überlegt er, ob er nicht vielleicht doch mit den Nazis…
Benn erlebt nun, wie die Meute über ihn herfällt, man jagt ihn mit nassen Lappen weg – er bekommt Berufsverbot, wird aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen, nachdem er seine gröbste Pflicht- und Dreckarbeit in der Akademie erledigt hat. Und nun kippt das bei ihm unversehens um, und er schreibt ab jetzt eigentlich nur noch für einen Mann, mit dem er in Briefwechsel steht: den Großkaufmann Oelze in Bremen.
Und da erwacht dann auch wieder der Essayist. So schreibt er sich seine Wut auf die Nazis vom Leibe – die er gestern noch bereit war, als neue Schöpfer einer Mythologie der abendländischen Rasse zu preisen. Diese Texte sind so hinreißend, dass ich Euch diese Stücke einmal vorlesen will. Ein Aufsatz heißt „Kunst und Drittes Reich“, von 1943. Der Anschluss ist etwa so, dass er sagt, man muss sich vorstellen, was da in diesem Volk hochkommt – dieses Volk „läßt eine antisemitische Bewegung hoch, die ihm seine niedrigsten Ideale phraseologisch vorzaubert, nämlich Kleinbausiedlungen, darin subventionierten, durch Steuergesetze vergünstigten Geschlechtsverkehr; in der Küche selbstgezogenes Rapsöl, selbstbebrütete Eierkuchen, Eigengraupen; am Leibe Heimatkurkeln, Gauflanell und als Kunst und Innenleben funkisch gegrölte Sturmbannlieder. Darin erkennt sich ein Volk. Ein Turnreck im Garten und auf den Höhen Johannisfeuer – das ist der Vollgermane […] Haben wir nicht Talente unter uns von der Klangfülle einer Gießkanne und dem Pathos einer Wasserleiche und Maler denen wir nur die Richtung zu weisen brauchen: der hohe Herr am Ausgang der Jagd, die Büchse raucht, den Fuß auf dem geblatteten Sechzehnender, die Morgennebel steigen aus den Gründen und schaffen der Situation das Urtümliche und das Waldesweben? Und dann der Blockwart hat bunte Untertassen, – sie werden Europa aufhorchen machen –; vor allem aber ausrotten muss man: das Ostische, das Südliche, das Westliche, außerdem das Romanische, das Gotische, das Impressionistische, das Expressionistische, die Staufer, die Habsburger, Karl den Großen –, dann bleiben sie allein übrig, vielleicht noch Heinrich der Löwe und Schneewittchen. Aus diesen Resten bilden sie ihre Kulturkammern, ihr ästhetisches Sing-Sing.“ – Na und so dahin, das sind hinreißende Sachen. Bloß, er wäre und war fähig gewesen, genau dasselbe, was er hier bekämpft, in genau derselben Brillanz auch als das Zeichen einer großen Wende zu sehen.
Er geht als Reserveoffizier 1935 also zurück ins Heer – heiratet 1938 wiederum, Herta von Wedemeyer, seine zweite Frau, ist eine Offizierstochter. Sie nimmt sich 1945 aus Furcht vor der anrückenden Roten Armee das Leben. Und Benn selbst kennt man als Dichter nicht mehr. Er sitzt nach dem Krieg zwischen allen Stühlen – von links ist er der Verräter, von rechts ist er noch immer der Mann mit der Onanie, der Zersetzende, der Kulturbolschewist. Neue Kräfte betreten die Bühne, eine ganz andere Richtung etabliert sich, in der er nicht mehr vorkommt. Benn trägt das. Es gibt einen berühmten Brief, in dem er schreibt, nach all den Erfahrungen, die er gemacht habe, sei er nicht so scharf darauf, wieder in die Öffentlichkeit zu treten. Dann kommt dieses kleine Bändchen, diese Statischen Gedichte, die zuerst in der Schweiz erscheinen, verhältnismäßig unbeachtet bleiben, dann 1949 auch in der Bundesrepublik, im Limes Verlag, herauskommen. Damit gelingt ihm plötzlich der Durchbruch als – ich glaube man kann es nicht anders sagen – der Dichter der europäischen Restauration und des Call back und zum Teil auch des Kalten Krieges. Das klingt sehr hart und ist in dieser Formulierung sicherlich falsch, denn er will ja als Dichter wahrgenommen werden. Aber es gibt hier einige Dinge, die man wissen muss, um ihn dann auch als großen Dichter würdigen zu können.
Da ist zum Beispiel eine berühmt gewordene Mystifikations-Affäre, die Affäre Forestier. Damals treten Dichter auf, die man heute nicht mehr kennt. Darunter ist auch einer, der Forestier heißt. Der hatte ein ganz abenteuerliches Schicksal. Er war ein Mann der Waffen-SS, der schon dort von der Idee beseelt war, für Europa zu kämpfen – eine der Parolen der SS war Europa –, der dann nach dem Krieg in die Fremdenlegion ging und auch dort dann für Europa kämpfte gegen die rote Flut in Französisch-Indochina, dem heutigen Vietnam. Und nun gibt es diese unerhörte Geschichte, dass er seine Gedichte in ein Bändchen schrieb, das er bei sich trug, als er im Dschungelkampf umkam. Dieses blutverschmierte Notizbuch wurde gerettet, dann von seinen Kameraden nach Deutschland zurückgebracht von seinem Blut getränkt, er selbst ist verschollen… In diesem Band stehen einfach kalte Kriegsgedichte, Landsknechtsgedichte. Zwei Zeilen, über die hat sich mal Stephan Hermlin geäußert, die gehen so:
Über unsre nackten Leiber
schwirrt der Blutgeruch der Kugeln.
Grässliche Gedichte.
Benn hat sehr gerührt darüber geschrieben und die Gedichte gelobt. Dann aber kam heraus, dass das eine ungeheure Mystifikation war, der Mann hieß gar nicht Forestier, sondern hatte den guten deutschen Namen Krämer und saß in einer Redaktion und hat sich das Ganze als eine ungeheure Mystifikation ausgedacht. Das war ein junger Mann, der nie in der SS gewesen war und niemals in Indochina.
Benn, der auf dem artistischen Hochseil balanciert, kann dabei ungeheuer abrutschen – und darum wäre es falsch, ihn unpolitisch zu sehen. Ein Gedicht etwa, es heißt „Den jungen Leuten“, ist eine Abrechnung mit jungen Leuten, die ihm vorwerfen, dass er so dichte, als ob das alles nicht gewesen wäre, der Weltkrieg nicht und nun der Kalte Krieg auch nicht. Und er tut das ab. Das ganze Gedicht ist so gebaut, dass er immer die Anwürfe der jungen Leute zitiert und er dann darauf antwortet. Diese Antwort stellt eine furchtbare Banalität dar:
Als ob das alles nicht gewesen wäre. – Es war auch nicht…
DEN JUNGEN LEUTEN
„Als ob das Alles nicht gewesen wäre“ –
es war auch nicht!
war ich es denn, der dir gebot: gebäre
und daß dich etwas in die Ferse sticht?
„Der dichtet wie vor hundert Jahren,
kein Krieg, kein Planck, kein USA.,
was wir erlitten und erfahren,
das ist ihm Hekuba!“
Lang her, aus Dunkel, Fackeln und Laterne
versuchten sich um eine klare Welt,
versuchten sich – doch Näh und Ferne
blieb reichlich unerhellt!
Nun sollte ich – nun müßte ich – beileibe
ich müßte nicht, ich bin kein Ort,
wo etwas sich erhellt, ich treibe
nur meinen kleinen Rasensport!
Allons enfants, tut nicht so wichtig,
die Erde war schon vor euch da
und auch das Wasser war schon richtig –
Hipp, hipp, hurra!
Es tut weh. Und erzeugt aber auch wieder von selber artifizielle Größe und Hochleistung, dass er es wieder vermochte, auch dem Kalten Krieg und diesem Leben Gedichte abzupressen, die von einer Schönheit sind, die man nicht verleugnen soll und darf.
Ich lese Ihnen jetzt ein ausgesprochen kaltes Gedicht, eines das in der Blockade Berlins spielt, das „Bar“ heißt, ein sehr schönes Gedicht und zum Schluss zwei Weitere.
BAR
Flieder in langen Vasen,
Ampeln, gedämpftes Licht
und die Amis rasen,
wenn die Sängerin spricht:
Because of you (ich denke)
romance had its start (ich dein)
because of you (ich lenke
zu dir und du bist mein).
Berlin in Klammern und Banden,
sechs Meilen eng die Town
und keine Klipper landen,
wenn so die Nebel braun,
es spielt das Cello zu bieder
für diese lastende Welt,
die Lage verlangte Lieder,
wo das Quartär zerfällt,
doch durch den Geiger schwellen
Jokohama, Bronx und Wien,
zwei Füße in Wildleder stellen
das Universum hin.
Abblendungen: Fächertänze,
ein Schwarm, die Reiher sind blau,
Kolibris, Pazifikkränze
und die dunklen Stellen der Frau,
und nun sich zwei erheben,
wird das Gesetz vollbracht:
das Harte, das Weiche, das Beben
in einer dunkelnden Nacht.
SIEH DIE STERNE, DIE FÄNGE
Sieh die Sterne, die Fänge
Lichts und Himmel und Meer,
welche Hirtengesänge,
dämmernde, treiben sie her,
du auch, die Stimmen gerufen
und deinen Kreis durchdacht,
folge die schweigenden Stufen
abwärts dem Boten der Nacht.
Wenn du die Mythen und Worte
entleert hast, sollst du gehn,
eine neue Götterkohorte
wirst du nicht mehr sehn,
nicht ihre Euphratthrone,
nicht ihre Schrift und Wand –
gieße, Myrmidone,
den dunklen Wein ins Land.
Wie dann die Stunden auch hießen,
Qual und Tränen des Seins,
alles blüht im Verfließen
dieses nächtigen Weins,
schweigend strömt die Aeone
kaum noch von Ufern ein Stück –
gib nun dem Boten die Krone,
Traum und Götter zurück.
QUARTÄR –
I
Die Welten trinken und tränken
sich Rausch zu neuem Raum
und die letzten Quartäre versenken
den ptolemäischen Traum.
Verfall, Verflammen, Verfehlen –
in toxischen Sparen, kalt,
noch einige stygische Seelen,
einsame, hoch und alt.
II
Komm – laß sie sinken und steigen,
die Zyklen brechen hervor:
uralte Sphinxe, Geigen
und von Babylon ein Tor,
ein Jazz vom Rio del Grande,
ein Swing und ein Gebet –
an sinkendem Feuern, vom Rande,
wo alles zu Asche verweht.
Ich schnitt die Gurgel den Schafen
und füllte die Grube mit Blut,
die Schatten kamen und trafen
sich hier – ich horchte gut –,
ein Jeglicher trank, erzählte
von Schwert und Fall und Trug,
auch stier- und schwanenvermählte
Frauen weinten im Zug.
Quartäre Zyklen – Szenen,
doch keine macht dir bewußt,
ist nun das Letzte die Tränen
oder ist das letzte die Lust
oder beides ein Regenbogen,
der einige Farben bricht,
gespiegelt oder gelogen –
du weißt, du weißt es nicht.
III
Riesige Hirne biegen
sich über ihr Dann und Wann
und sehen die Fäden fliegen,
die die alte Spinne spann,
mit Rüsseln in jede Ferne
und an alles, was verfällt,
züchten sich ihre Kerne
die sich erkennende Welt.
Einer der Träume Gottes
blickte sich selber an,
Blicke des Spiels, des Spottes
vom alten Spinnenmann,
dann pflückt er sich Asphodelen
und wandert den Styxen zu –,
laß sich die Letzten quälen,
laß sie Geschichte erzählen –
Allerseelen –
Fini du tout.
Franz Fühmann, Vortrag vom 12.10.1981 im Rahmen der von Klaus Gubener in den Samariteranstalten Fürstenwald/Spree veranstalteten Reihe Literatur im Lasiushaus gehalten. Erstdruck in Gunnar Decker: Franz Fühmann. Die Kunst des Scheiterns. Eine Biographie, Hinstorff Verlag, 2005
Max Rychner: Gottfried Benn. Züge seiner dichterischen Welt, Merkur, Heft 18, August 1949
Max Rychner: Gottfried Benn. Züge seiner dichterischen Welt (II), Merkur, Heft 19, September 1949
Hans Egon Holthusen: Das Schöne und das Wahre in der Poesie. Zur Theorie des Dichterischen bei Eliot und Benn, Merkur, Heft 110, April 1957
L.L. Matthias: Erinnerungen an Gottfried Benn, Merkur, Heft 171, Mai 1962
Nico Rost: Begegnungen mit Gottfried Benn, Merkur, Heft 218, Mai 1966
Nino Franks Bericht über seinen Besuch bei Benn, Merkur, Heft 398, Juli 1981
Walter Aue: „Das ist Bahia, am Meer“. Wege zu Gottfried Benn
Norbert Hummelt: Auf einen Sprung zu Gottfried Benn
Hans Magnus Enzensberger: Überlebenskünstler Gottfried Benn
In der von der Akademie der Künste veranstalteten Reihe Berliner Schriftsteller über historische Autoren ihrer Stadt spricht Harald Hartung über sein Verhältnis zu Gottfried Benn, Oskar Pastior liest anschließend seinen Text „Heinrich von Kleist von Gottfried Benn. Ein Text. Und Gottfried Benn von Heinrich von Kleist. Ebenfalls ein Text.“
Helmut Böttiger: Gottfried Benn – Kleine Aster und andere Gedichte
Gottfried Benn: Kleine Aster – Gedichte und Prosa. Ulrike Draesner und John von Düffel im Gespräch mit Anja Brockert am 21.01.2019 im Literaturhaus Stuttgart.
Lesung: Holger Hof
Moderation: Jörg Magenau
Im Literarischen Colloquium Berlin am 13.12.2011
Tondokument: Peter Rühmkorf und Adolf Muschg über Benn und Brecht am 16.9.2006 in der literaturwerkstatt berlin.
Carl Werckshagen: Gottfried Benn 60 Jahre
Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung, 27.4.1946
Max Rychner: Gottfried Benn
Die Tat, Nr. 120, 3.5.1956
Adolf Muschg, Jürgen P. Wallmann, Edgar Lohner: Abschied von Gottfried Benn?
Die Tat, 29.4.1966
Jürgen P. Wallmann: Kunst als metaphysische Tätigkeit
Die Tat, 2.7.1966
Bruno Hillebrand: Gottfried Benn – zehn Jahre nach seinem Tod
Neue Deutsche Hefte, Heft 110, 1966
Peter Rühmkorf: „Und aller Fluch der ganzen Kreatur“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.6.1976
Jürgen P. Wallmann: „Der Ruhm hat keine weissen Flügel“
Die Tat, 30.4.1976
Gert Westphal: Gottfried Benn – nach zwanzig Jahren
Neue Zürcher Zeitung, 23.7.1976
Heinz Friedrich: Plädoyer für die schwarzen Kutten
Merkur, Heft 30, 1976
Albrecht Schöne: Gottfried Benn?
Die Zeit, 2.5.1986
Peter Rühmkorf: Gottfried Benn oder „teils-teils das Ganze“
Deutsches Sonntagsblatt, 6.7.1986
Wolfram Malte Fues: Nur zwei Dinge
manuskripte, Heft 174, 2006
Jörg Drews: Das Gegenteil von ,gut gemeint‘
Tages-Anzeiger, 4.7.2006
Cornelius Hell: Persönlich, poetisch, politisch
Die Furche, 29.6.2006
Gottfried Benn – das letzte und einzige Fernseh-Interview mit Gottfried Benn am 3. Mai 1956 zum 70. Geburtstag.
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