EX IM KURS DER SPRACHE
Worte gefeilt und zerstreut ihre Späne
mögen dem Text bekömmlich sein
wenn aus der Asche kein Phönix
aber das Gold gewaschen
über der Lasche gebunden
wird daraus ein Schuh
vielleicht
Der Worte kleinste Teilchen
Splitter von Sternen die Sinne erreichen
und Gleiches wird unter gleichen
falls ein Blitz die Matrix verläßt
durch Zylinder und Helm
kurzfristig einschlagen
ins Hirn
Frikassee geflügelter Worte
zwischen die Lippen bekommen
gezwungen zu sprechen von Dingen
verführerisch und abgebrüht
gespeichert auf einer Festplatte
an der Börse gehandelt
der Knall
was die Seelen der Zwerge und Riesen / der Trolle und Elfen beispielsweise mit der Quantenphysik gemein haben, wer sich in die wortwörtlichen Abenteuer und letzten Rätsel von Elfen- und Menschengeschlechtern verstricken lassen will, der greife zum neuen Gedichtband des Erzpoeten Eberhard Häfner. Der nun erschafft, nach einer Selbstauskunft, archetypische Figuren, die in einer Zone erwachen, in der die Logik der Sprache aus dem Kontext der gesellschaftsfähigen Syntax herausfällt, aber sich poetisch anders wieder einbindet. Was das für die neuen Gedichte Häfners für Konsequenzen zeitigt?
Vor allem dies: Ursprüngliche Wort- und Satzbedeutungen werden in Rösselsprung, Rochade oder Damengambit versetzt, von ihrer Verweislast entbunden und in Zauber, Luftigkeit und lautspielerischen Luxus erlöst, so dass „Der Worte kleinste Teilchen / Splitter von Sternen die Sinne erreichen“, wie es im Gedicht „Ex im Kurs der Sprache“ trefflich auf den Punkt gebracht wird. Dafür überlagert der Dichter wörtliche und übertragene Bedeutungen, vernetzt metaphysische, vitale und poetische Segmente, verdrillt Wechselwirkungen zwischen Textur und Schöpfung, wie im Zyklus „Prädikament“ die Signalworte Form und Webervogel:
in allen Dingen existiert der Streit
die Form zu wahren oder zu schwinden
dann Trauer zeigen, eine Möglichkeit
sofern der Webervogel steigt
entsteht im Abendrot ein Gobelin.
Ritter Verlag, Ankündigung
AUF MADAGASKAR
für Eberhard Häfner
Einer käm um acht vor neun,
Sagt er und wähnt sich auf Madagaskar,
Weiß sich geplagt von käseflockigem Durchfall,
Von Zahnbeschwerden, gut durchdacht.
Einer kommt um neun vor acht;
Auch Bißwunden sind zu bewundern.
P. S. Verloren röhrt der Wasserrohrbruch
Im Basislager, im mürben.
Adolf Endler
MINISTER FÜR POESIE PLANT EIN FEST
die bleichen könige des walds kannte er persönlich. neigte
den kopf, studierte die zauberschrift
im wasser (stumm plätscherte kabeljau-funk). kredenzte kaffee,
wolken taten ihm gefallen. man legte ihm nüsse ans herz
im nächsten kapitel verwies er mich hinter 7 lakritztüten. ein
knöchel meldet verstauchung. aufmarsch der kräuter oder lausch
auf die kleinen unruhen. wellen von schokolade, die manchmal
vokale, die manchmal pokale sind
wie kann man das dem atem anvertrauen? siebe klappern,
mitgebracht ingredienzien kräuter, aus denen provinzen kommen
lass mal ziehen. der minister ist durch den nebel. schon rosten
die blätter, schnecken fallen herunter
werden lakritzschnecken, wie schallplatten, aber sehr tanzbar!
zum abspielen brauchst du die kreisbewegung
die rillen, das richtige portefeuille.
Birgit Kreipe
Peter Geist: Im Duett mit der Spottdrossel
Der Tagesspiegel, 15.8.2013
Peter Geist: Fata Morgana über dem Wörtersand
Der Tagesspiegel, 23.10.2021
Eberhard Häfner – Porträt von Gérard Courant aufgenommen am 20.1.1990 in Paris.
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