Im saarländischen St. Ingbert ist die kleine Gruppe von Menschen ansässig, die vor einigen Jahren die Edition Thaleia gründete, in der in regelmäßigen Abständen eine Reihe von Lyrikbänden pro Jahr erscheint. Man ist keineswegs auf regionale Autoren beschränkt, wie das nicht selten bei kleineren Verlagen in der Provinz der Fall ist, sondern offen für alle Himmelsrichtungen. Für mich ragen aus der aktuellen Autorenriege mit Ralf Harner, Irmgard Maria Ostermann, Norbert Sternmut oder Karl Wolff zwei Dichter deutlich heraus: Richard Dove und Knut Schaflinger (siehe Tür zum Meer). Richard Dove hat sich u.a. um die Übertragung des poetischen Werks Michael Hamburgers ins Deutsche verdient gemacht. Sein Farbfleck auf einem Mondrian-Bild (2002) ist ein Gedichtband, der mir als Ganzes stark im Gedächtnis haften bleibt. Hier zeigt der 1954 im englischen Bath geborene und seit 1987 in München lebende Lyriker und Literaturkritiker Richard Dove, welche Anziehungskraft Lyrik innewohnen kann, wenn man neben der selbstverständlichen Begabung die verschiedensten Tonarten und Formen beherrscht. Der 184seitige Band ist auch eine Auseinandersetzung mit Lyrikgeschichte. Aber nicht nur mit Nietzsche, Goethe, Schiller liefert sich Dove lyrische Gefechte. Mich packt es stets, wenn ich beim Lesen eines Gedichtbands plötzlich auf ein Gedicht stoße, das sich mit Rolf Dieter Brinkmann auseinandersetzt, ihm gewidmet ist oder ein Brinkmann-Gedicht anklingen läßt:
INSEL DER SEELEN
Tief in der Dämmerung
gießt Sting Benzin
auf die formlosen
Feuerwogen des Schicksals.
Einer jener
zahnlosen
Vorstadt-Ytonglöwen
(die Augen
mit Schnee
verbunden)
stößt einen
rundesten
Schrei aus.
Erschienen in: Theo Breuer – Aus dem Hinterland, Edition YE, 2005
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