Internationale „experimentelle“ Lyrik und visuelle Poesie neben originalgraphischen Arbeiten werden in der lyrischen Kunstschachtel YE versammelt, die ich seit 1993 in der Edition YE publiziere, in der ebenfalls die Lyrikzeitschrift Faltblatt mit neuen Gedichten, Essays und Buchvorstellungen sowie Autoren-, Verlags- und Zeitschriftenporträts erscheint, die ich bis 2005 neunmal publiziert habe. Experimentallyrik und visuelle Texte haben stets einen schweren Stand gehabt, immer schon ein Schattendasein geführt: für mich nicht nachvollziehbar, da die rezeptiven Möglichkeiten für den Leser schier endlos sind und gerade bei der visuellpoetischen Form alle Sinne angesprochen werden. Erfreulicherweise blühen diese wenig beachteten Pflänzchen der Bildwort- oder Wortbildgedichte, Buchstabenmontagen und Collagen auch im verborgenen recht üppig, und wir verdanken es u.a. dem internationalen Netzwerk der Mail Art, daß diese Bilder und Wörter mit ihren unbegrenzt kombinierbaren Formen durch die Veröffentlichung in Künstlerbüchern bzw. Künstlermagazinen am Leben bleiben. Auf diese Weise entstehen nicht nur interessante, sondern auch hochwertige Buchobjekte, die auch den dinghaften Charakter von Kunst und Literatur betonen. Indem Sie das vom Dichter gestaltete Blatt aus der Schachtel und in die Hand nehmen, können Sie z.B. den Entstehungsprozeß (zumindest teilweise) unmittelbar nachvollziehen.
Die achte von bislang elf Ausgaben des Assemblings YE ist eine Hommage an den großen visuellen Poeten Guillermo Deisler (1940-1995), der zauberhafte Wortgebilde geschaffen hat. Über 300 Lyrikerinnen und Lyriker, Künstlerinnen und Künstler aus 27 Ländern haben zu beiden Editionen – YE und Faltblatt – beigetragen. Die eigene Edition läßt mich Ideen verwirklichen – wie beispielsweise 1999 das 25er Bildwortkartenset Black & White, das ansonsten wohl Kopfgeburt geblieben wäre. Seit 2002 erscheint in der Edition YE eine Lyrikreihe mit ca. zwei bis drei Lyrikbüchern pro Jahr. [Senden Sie bitte kein Manuskript ein, nachdem Sie dies gelesen haben. Ich möchte mich hier im Namen aller „Editionäre“ einmal an die Leute wenden, die uns mit ihren Manuskripten bombardieren und/oder um kostenlose Probeexemplare bitten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie man das finanziell bewerkstelligt. Sie helfen den Editionen, Handpressen und kleinen Verlagen, indem Sie Bücher bestellen, um sich ein Bild des Verlagsprofils zu machen und festzustellen, ob Sie in das jeweilige Programm passen.
Margot Beierwaltes: Ende des Klagens (2004)
Theo Breuer: Aus dem Hinterland. Lyrik nach 2000 (2005)
Theo Breuer: Land Stadt Flucht (2002)
Theo Breuer (Hg.): NordWestSüdOst. Gedichte von Zeitgenossen (2003)
Joseph Buhl: Die Nacht ist nicht die Nacht Das Licht ist nicht das Licht (2006)
Marianne Glaßer: Die Augen der Kartoffeln (2004)
Frank Milautzcki: Naß einander nicht fremd (2006)
Andreas Noga: Nacht Schicht (2004)
Antje Paehler: Schlingen Legen Fallen (2003)
Maximilian Zander: Antrobusí Tagebuch (2004)
YE (sprich: jii) steht übrigens u.a. als altenglisches (und heute im Irischen noch gebräuchliches) Pronomen für YOU, also Du, ist somit komplementär zum lyrischen Ich zu sehen und vermittelt mit einem Wort das künstlerische Programm der Edition YE, die Kontakt, Kommunikation und Korrespondenz zwischen künstlerisch orientierten Menschen fördern helfen möchte.
Erschienen in: Theo Breuer – Aus dem Hinterland, Edition YE, 2005
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