Else Lasker-Schüler: Helles Schlafen – dunkles Wachen

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Else Lasker-Schüler: Helles Schlafen – dunkles Wachen

Lasker-Schüler-Helles Schlafen – dunkles Wachen

DIE DÄMMERUNG NAHT

Die Dämmerung naht – im Sterben liegt der Tag …..
Sein Schatten deckt mich zu, der kühl auf einem
aaaaaBlatte lag,
Auf seinen roten Beeren.

Ich baute uns ein Himmelreich, dir unantastbar zu
aaaaagehören
– Das an den Riffen deiner Herzensnacht zerbrach.

Die Vögel singen und vom Nachtigallenschlag
Erzittert noch mein Bild am Wald im Bach.
Dir will ich es verehren –

Die Dämmerung naht, im Sterben liegt der Tag.

 

 

 

Das Buch

Diese repräsentative Auswahl umfaßt das gesamte lyrische Schaffen der Dichterin Else Lasker-Schüler, die in jeder Beziehung, im Leben wie in ihrem Werk, etwas Ungewöhnliches darstellt. Sie gehört mit Trakl und Benn zu jenem Dreigestirn deutscher Lyrik, dessen Einfluß auf unsere Literatur immer noch anhält. Gottfried Benn hat sie „die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“ genannt. In den vorliegenden Querschnitt durch das lyrische Werk der Dichterin wurden die Gedichtbücher Hebräische Balladen, Meine Wunder und Mein blaues Klavier fast vollständig aufgenommen.

Deutscher Taschenbuch Verlag, Klappentext, 1962

 

Eine radikal poetische Existenz

– Die Verwandlung der Else Lasker-Schüler. –

Am Anfang steht immer der Name. Wer auf die Welt kommt, beginnt erst wirklich zu existieren, wenn er angesprochen wird. Die Suggestivität des Namens macht sich jeder Schriftsteller, der eine Figur erfindet, zunutze. Doch um die Wende zum 20. Jahrhundert tauchte ein neuer Typus von literarischen Figuren auf, deren evokative Kraft besonders ausgeprägt ist. Die Namen dieser Spielfiguren bilden die träumerische Signatur der Moderne: Maldoror, Tubutsch, Plume, Zarathustra, Lesabéndio, Bebuquin, Monsieur Teste, Jean sans Terre, Roi Ubu. Sie besiedeln ein Zwischenreich, zwischen Lyrik und Prosa, zwischen Sein und Schein, zwischen Realität und Fiktion. Niemals haben sie episches Fett angesetzt, immer sind sie leicht geblieben, „am ehesten vielleicht luftförmig“, wie Henri Michaux die Idealgestalt seines Plume konturierte. Aber gerade deshalb, wegen ihrer unglaublichen Verwandlungskunst, wegen ihrer Existenz als eine nur durch den Namen bezeichnete Kontur, besitzen sie eine ganz außerordentliche Fähigkeit: Sie bilden einen imaginären Raum, eine Luftblase, in der der Geist ihrer Erfinder überdauert.
Wer an der Schwelle zum 20. Jahrhundert seine bürgerliche Existenz durchstreichen wollte, um sich neu zu erfinden, der schlug sich auf ihre Seite: Lautréamont, Ehrenstein, Michaux, Nietzsche, Scheerbart, Einstein, Valéry, Goll, Jarry. Sie alle probten die Existenz als poetische Figur. Und dann gab es noch Else Lasker-Schüler, die einzige Frau unter den modernen Sprachakrobaten. Sie hat den Entwurf einer radikal poetischen Existenz so weit getrieben wie sonst nur ihr romantischer Vorläufer Clemens Brentano. Während es den Schriftstellern ihrer Generation nicht selten unheimlich wurde, wenn man sie mit ihren Geschöpfen identifizierte, wollte sie gerade dies: Sie wollte Jussuf sein, und das war sie und ist sie geblieben.
Wie konnte das gehen? Woher nahm Else Lasker-Schüler die Kraft, sich durch eine erfundene Figur vertreten zu lassen? Da kam vieles zusammen. In der Summe stellt es sich als eigentümliche Koinzidenz von Fähigkeiten und Anforderungen dar, die ihr durch die historischen Begebenheiten auferlegt waren. Als Jüdin und als Frau übte sich Else Lasker-Schüler früh in der Rolle der Außenseiterin, die sich verstellen mußte, um am literarischen Geschehen teilzuhaben. Ihre Maskeraden waren eine List. Aus realer Not geboren, verwandelten sie sich in ein Spiel, das andere zum Mitspielen aufforderte. Hinzu kam ihr absolutes Vertrauen in die Poesie, das derart ungebrochen damals bereits anachronistisch war. Es fiel ihr leicht, sich in eine poetische Figur hineinzuimaginieren und das Verwischen der Grenze zwischen Realität und Fiktion furchtlos zu begrüßen. Außerdem besaß sie ein außerordentliches zeichnerisches Talent. Sie konnte der Figur, die sie für sich erfand, auch optisch eine Form geben, was die Bereitschaft einschloß, sie tatsächlich zu verkörpern und im Kostüm des Prinzen Jussuf, mit schmaler Samthose und einem Dolch am Gürtel, aufzutreten. Entscheidend aber für die Radikalität ihrer Verwandlungskunst war ihr untrügliches Gespür für Gesten. Sie wußte, was es bedeutet, jemandem einen Namen zu verleihen. Und deshalb ahnte sie auch, daß eine Selbsternennung niemals genügen kann, um als die Person zu gelten, die man sein möchte. Ihr berühmter Satz „In der Nacht meiner tiefsten Not erhob ich mich zum Prinzen von Theben“ stieß dort an eine Grenze.
Wer sich selbst erhebt, ist nur in den eigenen Augen etwas Besonderes, für die anderen wird er zum Scharlatan. Das Wesentliche bleibt die Anerkennung durch andere. Danach suchte Else Lasker-Schüler ein Leben lang und fand dabei, gleichsam im Vorübergehen, eine Poetologie, die heute ungewöhnlich erscheint. Diese Poetologie läßt sich posthum aus den Spuren ihres Lebenswerks herauslesen. Daß sie im Lauf der Jahre nicht verschwunden sind, ja sogar immer deutlicher sichtbar werden, liegt vielleicht daran, daß der Glanz dessen, was lange Zeit als die wahre Moderne gegolten hat, allmählich erlischt. Die Heroismen der Moderne sind bis in die letzten Windungen heraus präpariert. Ihrer Faszination sind wir Nachgeborenen, der Ohnmacht manchmal erschreckend nahe, bereitwillig erlegen. Warum also nicht den Blick vom Seziertisch heben, um nachzusehen, was Doktor Benn am „Wegrand“ liegen ließ?

Man versteht den hier abgedruckten Briefwechsel mit dem Regisseur Leopold Lindtberg besser, wenn man sich klarmacht, in welcher Situation Else Lasker-Schüler war, als sie voll angespannter Erwartung der Uraufführung ihres Schauspiels Arthur Aronymus und seine Väter entgegenfieberte. Sie war bereits seit über dreieinhalb Jahren im Schweizer Exil. Mit der Niederschrift der Erzählung „Arthur Aronymus“ hatte sie vermutlich 1930 in Berlin begonnen, 1931 wurde sie abgeschlossen. Ins selbe Jahr fallen auch die ersten Hinweise auf die Umarbeitung zum Theaterstück. Nachdem Else Lasker-Schüler elf Jahre lang kein Buch mehr publiziert hatte – sieht man von der 1925 im Selbstverlag edierten Broschüre Ich räume auf! Meine Anklage gegen meine Verleger ab, die sich auf ihre Verlagsbeziehungen entsprechend negativ auswirkte –, erschienen 1932 bei Rowohlt in Berlin der Prosaband Konzert und die Erzählung Arthur Aronymus. Das gleichnamige Theaterstück wurde als Bühnenmanuskript im Theaterverlag S. Fischer publiziert. Die Spuren antisemitischer Verfolgung tragen beide Texte wie ein Wundmal, das die Autorin zu schließen versuchte. Auf eine Uraufführung in Deutschland setzte sie mehrmals berechtigte, aber vergebliche Hoffnung. Die Verleihung des Kleistpreises im Dezember 1932 war zwar ein später Triumph, doch ihre Lage konnte das nicht mehr erleichtern, im Gegenteil: Durch die Auszeichnung geriet sie in den Fokus antisemitischer Schmähungen. Else Lasker-Schüler war vierundsechzig, als sie im April 1933 überstürzt in die Schweiz floh.
Wer das Hin und Her ihrer Aufenthaltsgesuche verfolgt – lückenlos dokumentiert im Begleitband zur Marbacher Ausstellung anläßlich ihres fünfzigsten Todesjahrs –, den packt das kalte Grausen. Nach der Flucht war Else Lasker-Schüler einfach untergetaucht. Bis zum 15. November hielt sie sich ohne polizeiliche Anmeldung in Bern, Basel, Zürich und Ascona auf. Dann bezog sie eine Wohnung im Hospiz in Zürich. Die „Erwerbstätigkeit als Dichterin“ wurde ihr von der Städtischen Fremdenpolizei ausdrücklich untersagt. Und wie alle Asylanten konnte sie es den Behörden niemals recht machen. Denn wer nicht arbeiten darf, der hat kein Geld, und wer kein Geld hat, droht dem Gastland auf der Tasche zu liegen. Zahllos sind ihre Bemühungen um eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, die trotz immer neuer Fristen vorläufig bleibt. Sie wurde nachweislich von staatlich beauftragten Detektiven beobachtet. Noch lange nach ihrem Tod spukte der Mythos ihres Verfolgungswahns durch die Werkinterpretationen, der, sollte er sich tatsächlich ausgebildet haben, hier eine ganz reale Ursache hat. Else Lasker-Schüler hatte Fürsprecher und Mäzene, die für ihren Lebensunterhalt bürgten. Dennoch mußte sie immer wieder ausreisen, um neue Anträge stellen zu können. Ständig war sie auf Hilfe angewiesen, für die sie sich unbedingt revanchieren wollte. Sie illustrierte ihre Bücher und verschenkte sie zum Dank, immer auch auf deren Verkauf hoffend und die Möglichkeit, das Arbeitsverbot irgendwie zu umgehen.
Die Briefe an Leopold Lindtberg lesen sich anders, wenn man dies alles mitbedenkt.

Zuerst meinen tiefinnigsten Dank, da Sie die Regie meines Arthur Aronymus übernehmen wollen. Mein 12jähriger Papa ist nun schon lange bei den Engeln und Sternen, die wie die Kreisel kreisen, die er sich bis Lebensende kaufte, noch im 74 Jahre – glaube ich. Nun wird er sicher auch zwischen uns sitzen und ganz sicher entzückt sein, sich wieder zu sehen und gar noch wie er im großen Elternhause in Hexengäsecke lebte unter dem Schutze seiner Mutter, Hand in Hand mit seinem Lieblingsschwesterchen: Lenchen.

Trotz ihres aufbrausenden und stolzen Temperaments war Else Lasker-Schüler eine Geborgenheitsfanatikerin. Sie hatte die erstaunliche Fähigkeit, sich in Situationen des Ausgeliefertseins mit einem Kokon schützender Worte und Vorstellungen zu umgeben.
Einen solchen Kokon bilden die bei den Fassungen des Arthur Aronymus. Sie spielen in der westfälischen Stadt Geseke. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dort zu antisemitischen Ausschreitungen. Else Lasker-Schüler projiziert ihren Vater als Kind in diese Situation hinein. Die jüdische Familie des Knaben Arthur Aronymus steht im Zentrum des Stücks.
Man mißversteht dieses Werk, wenn man es nur unter ästhetischen Gesichtspunkten beurteilt. Tatsächlich gehören beide Fassungen nicht zu den stärksten Texten der Lasker-Schüler. Auch die weltanschauliche und politische Deutung, die sich den Zeitgenossen aus einsichtigen Gründen geradezu aufdrängen mußte, geht an seiner eigentlichen Pointe vorbei. Denn diese ist nicht die Versöhnung der Religionen durch Liebe, sondern etwas ganz anderes. Else Lasker-Schüler hat ihre eigenen Erlebnisse mit antisemitischen Angriffen in die von ihr mythisierte Familiengeschichte des Vaters hineingeschrieben. Sie wollte etwas artikulieren, das sie im Innersten traf, und sie brauchte für diese Artikulation einen Schutzraum. In der Imago des Vaters als Knaben fand sie beides: den Schutz des Stärkeren und das Gefühl kindlichen Ausgeliefertseins. Wie groß muß die Not einer Frau sein, die sich als über Sechzigjährige eine Großfamilie erträumt und dabei so weit geht, sich mit dem Vater als Kind zu identifizieren?
Die Uraufführung des Schauspiels war für Else Lasker-Schüler deshalb mehr als nur die Realisierung eines Theaterstücks. Es bedeutete Gerettetsein. Was bisher nur Einbildung war, schien plötzlich in der realen Welt erlebbar: die Rückkehr der Exilantin in den Schoß der Familie. Deshalb wollte sie die Proben begleiten, deshalb hätte sie am liebsten Aufführung um Aufführung im Zuschauerraum gesessen, und deshalb muß es sie bis ins Mark getroffen haben, als ihr Schauspiel nach nur zwei Aufführungen abgesetzt wurde.
Die Gründe dafür sind bis heute nicht bekannt. Am nächstliegenden ist die Vermutung, daß sich das Zürcher Schauspielhaus als Privattheater nach der beißenden Kritik von Jakob Welti in der Neuen Zürcher Zeitung keine weiteren Aufführungen leisten wollte. Die Schweizer hätten eine Lektion in Toleranz nicht nötig, argumentierte Welti, und warf der Autorin vor, sie wolle lediglich Aufmerksamkeit erheischen. Kein Wort davon, wann dieses Stück entstanden war und daß es sich also an deutsche, nicht an Schweizer Ohren richtete, und kein Versuch, die Situation einer aus Deutschland geflohenen Jüdin zu verstehen.
Die Sehnsucht nach Geborgenheit verband sich bei Else Lasker-Schüler schon früh mit der Idee, man könne einen schützenden Raum auch aus Worten formen. „Wenn mir doch jemand was Süßes sagte! Wäre ich doch eine Biene und könnte mir Honig machen!“, schrieb sie im Briefroman Mein Herz. In diesem „Liebesroman mit Bildern und wirklich lebenden Menschen“ theatralisiert Else Lasker-Schüler das Scheitern der Ehe mit Herwarth Walden auf eine so trickreiche Weise, daß sich die tatsächliche Verletzung in ein literarisches Spiel verwandelt. Man verkennt die Raffinesse dieses Verfahrens, wenn man Mein Herz für einen autobiographischen Roman hält. In einem sehr präzisen Sinn läßt sich hier, mit einem Kunstwort, von Poetographie sprechen. Else Lasker-Schüler beginnt im Jahr 1911 mit einem poetologischen Projekt, das in seiner Konsequenz außergewöhnlich ist: Sie verwandelt das eigene Ich in eine literarische Figur und bietet ihren Freunden an, das gleiche zu tun. Sie gründet das poetische Traumland Theben und wirbt um Mitspieler, um es gemeinsam zu besiedeln. An diesem Traum wird sie beinahe fünfunddreißig Jahre lang festhalten, bis zu ihrem Tod im Jerusalemer Exil.
Else Lasker-Schüler hatte Herwarth Walden (der eigentlich Georg Levin hieß und den Namen, unter dem er als Herausgeber der Zeitschrift Der Sturm und Leiter der gleichnamigen Galerie berühmt werden sollte, erst von ihr bekam) kurz nach der Scheidung von Berthold Lasker im November 1903 geheiratet. Die beiden waren im Berlin dieser Jahre ein stadtbekanntes Paar, das, glaubt man den Berichten, meist im Café des Westens anzutreffen war. Ihre Ehe war eine öffentliche Angelegenheit. So schreibt etwa Alfred Döblin im Rückblick:

Walden, mit seinem Spürtalent, hatte die große Begabung der jungen Frau erkannt, aber ihr Temperament, wie mir scheint, nicht mit derselben Sicherheit. Ich wohnte heftigen Szenen zwischen den beiden bei. Sie war leidenschaftlich und unbändig. Es hat lange gedauert, bis sie sich trennten.

Was sollte Else Lasker-Schüler tun, als sich abzeichnete, daß Walden sie wegen der Schwedin Nell Roslund endgültig verlassen würde? Sollte sie sich verkriechen, auf den Gang ins Café verzichten, die Leute reden lassen? Else Lasker-Schüler ging in die Offensive. Sie manipulierte das Bild. Und sie machte das so gerissen, daß bald keiner mehr wußte, was Dichtung, was Wahrheit ist. Und am Ende hat ihre Version der Geschichte überdauert: als Fiktionsspiel, das sie mit Mein Herz ins Leben rief.
Dabei bezog sie die Zeitgenossen, die vielleicht lieber im Stillen über sie geklatscht hätten, einfach in dieses Spiel mit ein. Während sich Herwarth Walden mit einem Freund auf einer Skandinavienreise befand, begann sie Briefe an ihn zu schreiben, die sie aber nicht abschickte, sondern veröffentlichte. Ausgerechnet in Waldens Der Sturm. Mit gezielter Indiskretion diskutiert sie, auch nachdem Walden und Curt Neimann längst zurückgekehrt sind, in aller Öffentlichkeit die Angelegenheiten ihres Herzens. Und demonstriert dabei ihre Unabhängigkeit, indem sie dem Noch-Ehemann (und allen, die es hören wollten) von ihren Geliebten erzählt, die sie abwechselnd glücklich und unglücklich machten. Dabei läßt sie die ganze künstlerische Prominenz, die im Café des Westens verkehrte, aufmarschieren, darunter Alfred Döblin, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Max Reinhardt, Stefan George, Hans Ehrenbaum-Degele. Es gab einige, die sich gegen diese öffentliche Vorführung ihrer selbst verwahrten, zum Beispiel Peter Baum und Karl Kraus, der ein großer Bewunderer ihrer Lyrik war und in der Wohnung der Waldens das „Berliner Büro“ der Fackel unterhielt. Doch es nützte ihnen nichts. Unverdrossen bezog Else Lasker-Schüler selbst Bitten, aus dem Spiel gelassen zu werden, in ihr Spiel mit ein und zitierte sie in einem der nächsten „Briefe“. Ironisch gewährte sie allen „freien Abzug“, aber natürlich machte sie weiter. Und das mußte sie auch, denn dieses Spiel war Ernst. Es war ihre Erfindung.
Der Plauderton dieser Wortgespinste, die als „Briefe nach Norwegen“ von September 1911 bis Juni 1912 im Sturm erschienen und 1912 unter dem Titel Mein Herz zum Buch erweitert wurden, gibt sich naiv. Aber er entspringt literarischem Kalkül. Keiner wird nach diesen theatralischen Herzensergüssen noch wissen, was wirklich geschah. Das ist der Sinn und Zweck dieser Form. Schon die Zeitgenossen rätselten, ob sich hinter all den erotischen Anzüglichkeiten tatsächliche Liebesverhältnisse verbargen, und noch heute sind die Forscher damit beschäftigt, Dichtung und Wahrheit voneinander zu trennen. Immer wieder stieß Else Lasker-Schüler auf kongeniale Partner, die bereit waren, zumindest eine Zeitlang an diesem Spiel teilzunehmen. Einer der Bekanntesten ist Gottfried Benn, den sie, nach seinen Aussagen, 1912 kennenlernte. Mit ihm führte sie einen öffentlichen Liebesdialog in Gedichten, und niemand weiß, wie weit die beiden tatsächlich gegangen sind. Nur daß es ihm, wie zahlreichen anderen, irgendwann zuviel wurde. Berühmt wurde sein Abgesang, die literarische Antwort auf ihr Gedicht „Höre“. Auf ihre Zeilen „Ich bin dein Wegrand / Die dich streift, / Stürzt ab“ antwortet sein Gedicht „Hier ist kein Trost“:

Keiner wird mein Wegrand sein.
Laß deine Blüten nur verblühen.
Mein Weg flutet und geht allein.

Doch Benns Bewunderung, zumindest ihrer literarischen Fähigkeiten, hielt an und auch, davon zeugen mehrere Briefe, seine freundschaftliche Treue.
Das Scheitern ihrer zweiten und letzten Ehe war mehr als ein Liebesverlust. Es bedeutete auch soziale Deklassierung. Zwar hatte schon das Ehepaar Walden/Lasker-Schüler kein Geld, aber nun wurde auch das Netz aus Freundschaften und Abhängigkeiten zerrissen, in das die Autorin durch die Bedeutung ihres Mannes in der Kunstszene Berlins eingebunden war. Noch in Mein Herz ist der ironische Stolz der Gattin zu hören, wenn sie sich über Literaten und Künstler amüsiert, die sich an sie heranmachen, um im Sturm gedruckt oder in der Galerie ausgestellt zu werden. Nach der Scheidung von Walden am 1. November 1912 hatte Else Lasker-Schüler nie mehr eine eigene Wohnung. Sie lebte in Untermietzimmern und Hotels. Zur finanziellen Not kam die ständige Sorge um ihren Sohn hinzu. Der 1899 geborene Paul Lasker-Schüler, von dem sie immer behauptete, er sei nicht der leibliche Sohn Berthold Laskers (die Suche nach dem von ihr als Vater bezeichneten spanischen Prinzen gehört zu den beliebtesten Spielen der Lasker-Schüler-Forschung), war zeichnerisch hochbegabt, aber von labiler Gesundheit. Er lebte, wenn es die Finanzen irgendwie zuließen, in Internaten, sonst bei seiner Mutter. Else Lasker-Schüler hat den Sohn vergöttert wie ihre ganze Familie. Sein Tod im Jahr 1927, er starb an Tuberkulose, war vermutlich der schwerste Schlag in ihrem Leben.

Als Schriftstellerin hatte sich Else Lasker-Schüler zur Zeit ihrer Scheidung längst durchgesetzt. Der erste Gedichtband, Styx, war 1902 erschienen und hatte mit seiner aggressiven Erotik sofort Aufmerksamkeit erregt. Drei Jahre später folgte der Gedichtband Der siebente Tag. Nach dem Tod Peter Hilles, des väterlichen Freunds aus der Zeit der Neuen Gemeinschaft, setzte sie ihm mit dem Peter Hille-Buch 1906 ein Denkmal. Er war es, der ihr den Namen Tino verlieh. Unter diesem Namen beginnt sie mit dem Projekt, sich selbst in eine literarische Figur zu verwandeln. Die Nächte Tino von Bagdads, 1907 im Verlag Axel Juncker publiziert, haben einen ganz anderen Ton als das eher biedere Peter Hille-Buch. Was Else Lasker-Schüler in der Lyrik gelang, eine gleichsam aus dem Sprachkorpus selbst erzeugte Erotik, transponiert sie nun in die Prosa. Die Orientalismen und Archaismen dieser kurzen Prosastücke entsprangen zwar dem Geist ihrer Zeit, doch was sie daraus machte, ist originär: Die Texte verbindet ein dichtes Gewebe von Ähnlichkeitsbezügen, eine Orgie von Verwandtschaftsbeziehungen, die auf der semantischen Ebene beginnen, sich dann aber auf alle Sprachebenen ausbreiten. All die Oheims und Tanten, die Kalifen, Brüder, Schwestern und Basen, all das Geschmeide, die Tätowierungen und der Körperschmuck, deren Wiederholung die Geschichten strukturiert, erlangen ihre Bedeutung nicht als orientalisches Dekor, sondern als Sprachzeichen, die eine bestimmte Schreibweise ermöglichen: einen lyrischen Prosastil, der in so virtuoser Form von keinem Zeitgenossen gehandhabt wurde.
Die Wupper, 1909 publiziert und erst zehn Jahre später unter Max Reinhardts Regie am Deutschen Theater uraufgeführt, zeigte das andere Gesicht der Lasker-Schüler: ihr soziales Engagement und ihre Verwurzelung im Westfälischen. Zwischen diesen Polen wird Else Lasker-Schüler immer oszillieren. Seltsamerweise hat man das nur selten als erstaunliche Bandbreite gewürdigt, sondern eher als literarische Inkonsequenz moniert.
Nachdem Walden sie verließ, war sie eine alleinerziehende Mutter in den Vierzigern. Doch sie war immer noch hinreißend schön und von großer Ausstrahlung. Ihr Geburtsdatum hatte sie schon lange vorher, ungefähr um die Zeit der Eheschließung mit dem neun Jahre jüngeren Walden, deutlich korrigiert. Man hielt sie für Mitte dreißig. Was sollte, was konnte sie tun? Auch wenn dem mit Sicherheit kein Entschluß vorausging, kein intellektuelles Kalkül, griff Lasker-Schüler in dieser Notlage zur Selbsthilfe. Was sie konnte wie keine andere, phantasieren, das machte sie nun zu ihrem Lebens- und Schreibprinzip. Von der verlassenen Frau verwandelte sie sich in den androgynen Jussuf, in einen Kämpfer im Zeichen der Dichtung. So konnte sie ihre Selbstachtung bewahren: „Herwarth beging Fahnenflucht nicht Ehebruch“, schrieb sie in einem Brief an Karl Kraus. Das ließ sich ausbauen. Sie bittet nun nicht mehr um Anerkennung und finanzielle Hilfe, sondern sie fordert sie ein: als Tribut, den man dem Prinzen von Theben schuldete, und den der, ganz altruistisch, nicht für sich, sondern für seine Stadt verwendete. Um 1911 unterzeichnet Else Lasker-Schüler ihre Briefe immer häufiger mit „Jussuf“ und seinen verschiedenen Attributen – mal als „Prinz von Theben“ oder „Malik“, mal als „Kornverweser“ und, vor allem in Zeiten des Schmerzes und im Exil, als „armer Jussuf“. Die Jussuf-Figuration löst die Identifikation mit Tino ab. Nach 1912 unterschreibt sie nur noch in absoluten Ausnahmefällen, die im Zusammenhang mit Bekanntschaften aus der Zeit der Neuen Gemeinschaft zu sehen sind, mit „Tino“.
Aber ein solcher Akt der Selbsterhöhung bedarf eben, um wirklich zu funktionieren, der Anerkennung durch andere. Daran arbeitete Else Lasker-Schüler fortan. So glückte es ihr, daß man sie selbst noch im Jerusalemer Exil als Prinz Jussuf ansprach, auch wenn das auf diejenigen, die sie nicht von früher kannten, eher tragikomisch und der arabisierte Name der alttestamentarischen Josephs-Figur anstößig wirkte. Im nachhinein aber kann man die Konsequenz dieses Verfahrens nur bewundern. Als poetographischer Entwurf ist es einzigartig in der modernen Literatur.
Bei ihrer Verwandlung war Else Lasker-Schüler auf Bündnisgenossen angewiesen. Sie wollte nicht wie ein Stefan George verehrt werden, sie wollte etwas ganz anderes: ein gemeinsames Spiel. Keiner hat dabei so gut und auch liebenswert mitgespielt wie Franz Marc. Seine Bildwelt war geradezu prädestiniert, sich mit der ihren zu vereinen. Das Ehepaar Marc hatte sie nach der Scheidung von Walden zu sich ins bayrische Sindelsdorf mitgenommen. Ein Aufenthalt, der ihr erlauben sollte, sich zu erholen, aber zur Qual wurde. Am 21.1.1913 schrieb Maria Marc an Elisabeth Macke:

Wir wurden im Laufe der Zeit immer mehr deprimiert, wir glaubten bei den meisten Menschen das Verderben der Großstadt zu sehen, fast alle schienen verdorben zu sein. … Interessant war natürlich die Geschichte dadurch, dass wir in zwei Lager verkehrten – auf der einen Seite Else Lasker-Schüler, Waldens geschiedene Frau – auf der anderen Seite Walden selbst mit seiner jetzigen Frau, einer kompletten Gans. Die Lasker-Schüler (wir kannten sie durch Korrespondenz, ehe wir nach Berlin kamen, und wir glaubten, dass Walden und sie in Freundschaft geschieden wären; Walden schrieb das nämlich) ist eine merkwürdige Persönlichkeit – wir hatten sie gleich sehr gerne. Wenn man sie kennt, versteht man ihre Dichtungen leicht. Sie passt nicht zu den Menschen, unter denen sie lebte und lebt, auch sie ist verdorben. Sie ist jetzt sehr leidend. Infolge der Scheidungsaffaire, die nicht so glatt ging, wie Walden es hinstellte, in Geldnot – haben ihre Nerven einen Schock gekriegt, und wir haben sie mit uns nach Sindelsdorf genommen, damit sie sich hier erholen sollte. Sie hielt aber die Einsamkeit und die Stille in der Natur nicht aus; … Wir brachten sie wieder nach München, wo sie Freunde hat und eine Kur durchmacht, die ihr scheinbar besser hilft.

Franz Marc fand dennoch einen Weg, ihr zu helfen, auf eine geradezu geniale, ihr angemessene Weise. Die beiden tauschten zahlreiche Briefe und Karten, nannten sich in freundschaftlicher Zärtlichkeit bei den von Lasker-Schüler erfundenen Kosenamen und öffneten ihre Bildwelten, um den anderen einzulassen. Obwohl die Postkarten-Bilder Franz Marcs nicht aus der Ikonographie seines Werks herausfallen, modifiziert er sie doch so, daß sie sich ins poetische Land des Prinzen Jussuf einfügen. So stellt eine Postkarte vom 6.2.1913 die „Drei Panther des Königs Jussuf“ genau in jener Mischung aus eleganter Wildheit und bunter Zutraulichkeit dar, die zur Welt Jussufs paßt. Das letzte Postkarten-Aquarell zeigt das vom Ehepaar Marc erworbene „Schloß Ried“. Im Vordergrund reitet ein blauer Indianer mit erhobenem Speer, der aussieht, als komme er direkt aus dem poetischen Urwald der Adressatin. Selbst das Emblem Jussufs, eine goldene Mondsichel mit Stern, malt Marc unter seine Postkarte. Sie antwortet mit eigenen Zeichnungen und betont immer wieder, wie genau sie sich von Marc getroffen fühlt und welche Freude ihr seine Postkarten bereiten. Und wirklich kann man in den Postkarten Marcs mit ihren einsprengten Projektionen der Bildwelt seiner Briefpartnerin jenes Glück der Bergung illustriert finden, von denen die Liebes- und Sprachphantasien Lasker-Schülers geprägt sind.
Mit dem Briefroman Der Malik trieb Else Lasker-Schüler ihr Projekt, Theben als literarisches Traumland zu etablieren, weiter voran. Die Voraussetzungen waren so günstig wie nie. In Franz Marc hatte sie einen Mitspieler gefunden, der ihre Phantasien anerkannte und damit das ermöglichte, worauf es ihr ankam: einen Ort zu erfinden, an den man jederzeit flüchten konnte, der, obwohl fiktiv, wie ein realer Ort funktionieren sollte, als ein Treffpunkt von Gleichgesinnten. Die Realität allerdings sollte Else Lasker-Schüler einen Strich durch die Rechnung machen.
Der Malik enthält selbständige literarische Briefe, die auch der Adressat in veröffentlichter Form zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Die fünfundfünfzig an den „blauen Reiter“ gerichteten Briefe und die „Krönungsrede“ erschienen zwischen September 1913 und August 1915 in der Zeitschrift Aktion und im Brenner. Franz Marc wurde am 6. August 1914 an die französische Front einberufen. Der zweite Teil des Malik, also jener, der als fortlaufende Geschichte erzählt ist, entstand in Abwesenheit Marcs und ist geprägt von der Auseinandersetzung mit dem Kriegsgeschehen und dem Tod vieler Freunde. Franz Marc fiel im März 1916, Peter Baum im Juni, Georg Trakl starb bereits im November 1914, Hans Ehrenbaum-Degele im Juli 1915.
Der Malik setzt mit poetisierten Momentaufnahmen aus dem Alltag Else Lasker-Schülers nach ihrer Rückkehr in ihre Berliner „Spelunke“ ein. Nach und nach transformierte sie die eigene Situation in die Malik-Geschichte, die Jussufs Ernennung zum Kaiser vorführen soll. Dabei achtete sie sehr genau darauf, daß sich diese Erhöhung als Ernennung durch andere darstellt. Bemerkenswerterweise ist die Ernennung Jussufs zum Kaiser Abigail der Erste ganz plötzlich vollzogen – „Erschrick nicht, ich komme als Kaiser heim“ –, die Krönungsfeier wird zwar angekündigt, aber nicht beschrieben:

Die Feierlichkeiten sind vorbei, aber noch verbinden Girlanden die Häuser mit dem Palast.

Else Lasker-Schüler liebte die Beschreibung von Festen. Man horcht also auf, wenn sie ausgerechnet die Feierlichkeiten anläßlich der Kaiserkrönung Jussufs nicht ins Bild setzt. Was war es, das sich nicht darstellen ließ? Wahrscheinlich hatte sie tatsächlich Freunde eingeladen, die aber, Peinlichkeiten befürchtend, nicht gekommen sind. Die von befreundeten Künstlern – Franz Marc, Ludwig Kainer, Heinrich Campendonk, John Höxter, Egon Adler, Fritz Lederer und Hans Richter – gezeichneten Kronen waren vermutlich als Entschädigung gedacht. Immer wieder nimmt sie Anlauf, reale Freunde in ihr literarisches Theben einzubinden. So erfindet sie zunächst für Martin Buber und später, in der zweiten Fassung, für Paul Leppin (in der Maske Daniel Jesus Paul) zwei neue Städte des Kaiserreichs und überträgt ihnen die Statthalterei. Doch es gelingt ihr nicht, das Ideal umzusetzen, das sie sich in Jussufs Krönungsrede vorstellte:

Wer seinen Freund verläßt, ist ein Fahnenflüchtiger, aber wehe dem, der sich dem Feinde des Sieges rühmt. Ich will Kaiser sein über Kaiser. Jeder von euch, und ist’s der Ärmste, heißt Mein Kaiserlicher Bruder. Wir wollen uns küssen auf den Mund. Ich, der Malik, einen jeden, jeder von euch den zweiten. So pflegt Mir die Worte Meiner Liebe zart, daß sie zwischen dem Brot eurer Äcker blühen. Immer sah Ich auf zum Himmel, o, ihr müßt Mich liebhaben, und Ich bringe euch Mein Herz ganz sanft wie eine Großnarzisse. Abigail Jussuf I. Basileus.

Der zweite Teil des Malik, an dessen Ende sich Jussuf erhängt, gehört sicher zu den merkwürdigsten Auseinandersetzungen mit dem ersten Weltkrieg und dem Wilhelminischen Kaiserreich. Der Absurdität, die es für die Zeitgenossen bedeutet haben muß, daß sich eine jüdische Dichterin unter der Regentschaft Wilhelms II. zum Kaiser über ein Phantasieland ausrufen ließ, konnte auch Else Lasker-Schüler spätestens dann nicht mehr ausweichen, als die ersten Freunde für diesen Kaiser im Krieg gefallen waren. Der Traum wird zum Alptraum:

Der Malik erzählte von dem fürchterlichen Gesicht, das Er einige Tage vor dem Kriege gehabt habe. Ihm habe geträumt, Er wäre der Kaiser Wilhelm gewesen und drei Riesenschlangen seien seinem Lager entstiegen, die Gescheckte neigte sich, Ihn zu beißen, als Er jäh erwachte und gerettet war.

Theben, das so anders gedacht war, das auf Liebe und Poesie gegründet sein sollte, dessen Kriegsgesten Spielgesten waren, wird mit einem Schlag – durch die Realität des Todes – zum Zerrbild des Wilhelminischen Kaiserreichs. Plötzlich wurde für jeden sichtbar: Theben ist ein Territorium, eine ethnische und religiöse Gemeinschaft, ein Kaisertum und basiert auf der Bereitschaft zum Kampf, zum Töten und Getötetwerden. All dies war imaginär – und die Toten der Phantasiewelt sterben nicht einmal dort „wirklich“, sie tauchen einfach wieder auf –, aber es hatte die Kraft einer Gegenwelt verloren.
Der Selbstmord Jussufs ist ein Schlußstrich unter alle Allmachtsphantaien. Jussufs Tod ist der erste ernstzunehmende Tod einer Phantasiefigur der Lasker-Schüler. Er bedeutet das Ende einer literarischen Utopie: der Utopie vom Dichter als einem besseren Menschen, der für andere eine Phantasiewelt erschafft, eine Gegenwelt zur Realität. Else Lasker-Schüler wird ihr Leben lang weiterhin mit „Jussuf“ unterschreiben, sein Namenszug – man sehe sich nur den aufbrausenden Schwung ihrer Handschrift an – bleibt ihr Halt. Aber er wird nicht mehr sein als ein Name, ein Angebot, sich in der Phantasie zu verbrüdern, ohne Land.

In gewisser Weise war Else Lasker-Schüler bereits eine Exilantin, bevor sie vor den Nationalsozialisten fliehen mußte. Schon der erste Weltkrieg hatte sie ihrem Phantasieland vertrieben. Doch sie gab nicht auf. Sie verwandelte die Jussuf-Figuration ein weiteres Mal und versuchte sie nun in eine nicht territorial gedachte Bildwelt zu integrieren, die in ihr angelegt war. Die „vorsichtigen, leisen, gelehrten Hebräer“ waren ihr wegen ihrer Körperlosigkeit schon immer suspekt. Deshalb wählte sie für die alttestamentarische Josephs-Figur den arabischen Namen „Jussuf“. Er sollte seinen Kampfgeist markieren, seine unbändige Wildheit. Entgegen der Rezeption im Nachkriegsdeutschland – die von Ernst Ginsberg und Werner Kraft, den Herausgebern der ersten posthumen Werkausgaben, eingeleitet wurde – hat Else Lasker-Schüler den Islam in ihre Sehnsucht nach Versöhnung der Religionen einbezogen. So phantastisch es klingen mag, die Vereinbarkeit von Judentum; Christentum und Islam gehörte zu ihrem Weltverständnis, das auch für den Buddhismus eine Schwäche hatte. Im Zusammenhang mit ihrer Poetologie kommt es vor allem auf das Reservoir an Bildern an, das sie, die Kulturkreise in großen Sätzen überspringend, für die eigenen Zwecke einsetzte. So beginnt sie nach dem Scheitern der Ehe mit Walden den Treuebegriff, den sie schon immer jenseits seiner bürgerlichen Ausschließlichkeit verstanden hatte, weiter umzuformen. An die Stelle des (Ehe-)Vertrags tritt der Pakt. Sie archaisiert die Jussuf-Figuration und dehnt deren Sphäre so weit aus, daß sie die unterschiedlichsten Zeiten und Kulturräume überspannt. Jussuf ist nicht nur ein „wilder Jude“, er ist auch „Indianer“, der sich und seine Reichtümer im Potlatch verausgabt, und ist der „blaue Jaguar“, der durch das tropische Gewächs poetischer Dschungelwelten schleicht.
Im Gegensatz zu den einsamen Titanen der Moderne konzipierte Else Lasker-Schüler ihr Werk immer im Hinblick auf andere. Sie brauchte ein Gegenüber, einen Adressaten, den sie ansprechen konnte. Die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit ihrer Sprache rührten wesentlich vom Wunsch her, den Anderen zu erreichen. Nicht nur ihre Lyrik, auch ihr Prosawerk ist dialogisch strukturiert. Der Briefroman ist deshalb bei Else Lasker-Schüler keine Form unter vielen, sondern eine, die ihrer Schreibweise besonders entgegenkommt. Nach Herwarth Walden und Franz Marc gab es niemanden mehr, den sie in ein so weitreichendes Verwandlungsspiel einbinden konnte. Doch immer wieder fand sie Partner, die bereit waren, sich zumindest in der intimen Form des Briefes auf ihre Imagination einzulassen. Im Todesjahr ihres Sohnes half ihr Paul Goldscheider, der von 1921 bis 1927 als Arzt in Südamerika gelebt hatte, noch einmal eine Welt zu erfinden, in die sie flüchten konnte.
Von den frühen Briefen an den englischen Germanisten Jethro Bithell und den Kunsthistoriker Eduard Plietzsch über jene an den Architekten Hanns Hirt bis hin zu den Briefen an Paul Goldscheider, immer findet man für diese Liebesbriefe ohne reale Liebesbeziehung dasselbe Muster: vorsichtige Annäherung, allmähliches Ausspielen des Erotischen, erste Irritationen des Briefpartners, Schutzsuchen hinter der androgynen Maske Jussufs und dann ein sich einpendelndes Wechselspiel von Annäherung und Rückzug, das oft mit einem von ihr ausgehenden Eklat endete. Meist nahm sie ihre heftige Absagegeste bald zurück, um eine erneute Annäherung zu ermöglichen. Dabei kam es von seiten der Briefpartner immer wieder zur gleichen Verkennung. Irgendwann wurde ihnen die Sache unheimlich. Sie fürchteten, Else Lasker-Schüler könne ihnen, wenn man es sprachlich so weiter triebe, tatsächlich auf den Leib rücken. Dabei wollte sie nur eins: „schöne Worte“ tauschen. Sie betonte das ein ums andere Mal, aber die Furcht der Partner war groß .
„Mir liegt daran, daß ich Schönes geschrieben bekomme“, schreibt sie als Antwort an Paul Goldscheider, der sich ihr bewundernd genähert hatte. Sie wollte ihn nicht kennenlernen – es ging ihr ja um die wechselseitige Imagination –, aber sich wärmen an seinen Worten:

ich schrieb Ihnen darum wieder, da ich gewärmt wurde durch Ihren Brief, denn ich bin schwer verwundet und sehr traurig. Und Schmeicheln kann mir gefährlich werden denn ich habe die allerliebsten Worte nötig. Wer sind Sie, daß Sie das wissen?

Paul Goldscheider, zu Beginn des Briefwechsels ein wenig jünger als der todkranke Sohn Paul, hatte nicht nur den Erfahrungs- und Erzählschatz zur Verfügung, der Else Lasker-Schülers Bildwelt modifizieren konnte, sondern er verlieh ihr, so wie sie es sich immer von Freunden gewünscht hatte, einen neuen Namen: den „Häuptlingstitel ,Blaue Jaguarin‘“, den sie bezeichnenderweise zum „blauen Jaguar“ abwandelte. Dieser neue, ihr endlich verliehene Name eröffnete eine den territorialen Phantasien Jussufs entgegengesetzte Bildsphäre, „einen ganz kleinen Urwald“, aufgebaut von „zwei echte[n] Indianer[n]“. Kein Schwur auf die Fahne eines imaginären Reichs war mehr nötig, es genügte der Indianerschwur“, ein Bündnis zwischen zweien, die sich zum Austausch schöner Worte verpflichten.
Die Verbindlichkeit, die sie mit Jussuf herstellen wollte, ließ sich nicht über ein anonymes Publikum erreichen. Es gehört zu den überraschenden Aspekten ihres Lebenswerks, daß Else Lasker-Schüler die verbindende Kraft der Sprache höher schätzte als die Aussicht, einen Platz auf dem Parnaß zu erobern. In der direkten Rede und Gegenrede, im Hin und Her adressierter und empfangener Zeichen, entfaltet sich in den Briefen ein zweiter Schauplatz ihres Werks. Zu ihren Lebzeiten war er den Augen der Öffentlichkeit entzogen, posthum aber wird er zum Ort, an dem sich ihre Poetographie am reinsten verwirklicht.
Daß Else Lasker-Schüler oft mit Blut unterschrieben hat – lange hielt man das für die gelbe Farbe eines Stifts –, stützt diese Deutung. Wie bei Clemens Brentano gilt auch bei ihr Blut als ein Zeichen, das nicht zurückgenommen werden kann. Es bedeutet Verbrüderung.
Mit dem Einlassen auf die Dschungel- und Indianerwelt, die in den Briefen der folgenden Jahre ihre Zeichnungen und Ich-Figurationen bestimmt, schwor Else Lasker-Schüler den auktorialen Allmachtsphantasien ab. Der tiefste Einschnitt war der Tod ihres Sohnes, des kleinen Bruder Bulus, der im Malik nach dem Tod Jussufs den Thron besteigen sollte und wohl auch im Leben ihr „Bruder“ und „Spielgefährte“ war. Abgeschnitten von der Geborgenheit einer Familie, setzte sie die mit „Der Wunderrabbiner von Barcelona“ begonnenen abenteuerlichen Erzählungen der Familiengeschichte fort: im Essayband Konzert (der zum Teil lange vor der Veröffentlichung entstandene Texte enthält) und in den bei den Fassungen des Arthur Aronymus.
Als Else Lasker-Schüler auf ihrer dritten Palästinareise durch den Ausbruch des zweiten Weltkriegs zum Bleiben in Jerusalem gezwungen wurde, war sie nicht nur eine „Verscheuchte“, sondern eine, die sich auf merkwürdige – nicht anders als fatal im Wortsinn zu nennende – Weise ihr eigenes Schicksal prophezeit hatte: Sie war verraten und verkauft wie Jussuf als Joseph und schien wie er aus Träumen Prophezeiungen gelesen zu haben, sie wurde genau in jenen Konflikt zwischen Arabern und Juden hineingezogen, der sie Jahre zuvor, bei der Verwandlung Tinos in Jussuf, beschäftigt hatte, sie war heimatlos, „gehetzt wie das Wild“, wie die Indianer, mit denen sie sich identifizierte, und sie verlor ihre Muttersprache in einem Land, dessen Sprache sie nicht verstand, so wie sie es in den „Nächten“ und im „Prinz von Theben“ befürchtet hatte.
In dieser Situation unternahm sie einen letzten Anlauf, noch einmal selbst zu erschaffen, was die Realität ihr verweigerte. Das Nachlaßschauspiel IchundIch gehört zu den unheimlichsten Zeugnissen der Exilliteratur. Lange Jahre haben es die Nachlaßverwalter unter Verschluß gehalten und dabei mehr Gespür für die Ungeheuerlichkeit des Stücks bewiesen als die Befürworter der Veröffentlichung, die darin nichts anderes sehen wollten als eine moderne Faust-Travestie.
Else Lasker-Schüler war zutiefst unglücklich in Jerusalem. Konnte sie die negativen Erfahrungen ihrer ersten Palästinareise in ihrem Prosabuch Das Hebräerland noch gesundbeten, so war das nun, bei diesem endgültigen und unfreiwilligen Aufenthalt, nicht mehr möglich. Sie litt nicht nur, wie jeder Emigrant, an den realen Entbehrungen des Exils, ihr Leiden ging tiefer. In den letzten sechs Jahren ihres Lebens zeigte sich die genuine Gefährdung ihrer poetischen Existenz in ganzer Schärfe. So sehr das Spiel mit dem eigenen Ich Rettung verspricht, so gefährlich ist es auch, weil es das Leben und die Poesie auf einen einzigen, für beide Sphären geltenden Entwurf verpflichtet. Was schützen soll, die poetische Imagination eines anderen Ich, kann ins Gegenteil umschlagen. Jedes Glück und jedes Unglück trifft doppelt, die reale Existenz und den poetischen Entwurf.
Alles, was sich Else Lasker-Schüler erträumt hatte, die orientalische Schönheit des „Hebräerlandes“, die gelebte Gegenwart biblischer Geschichten, die Versöhnung zwischen Juden, Christen und Arabern, die Liebe zwischen Gleichgesinnten und nicht zuletzt die spürbare Anwesenheit Gottes – all dies war plötzlich nirgends zu finden. Die Realität sah anders aus. Und sie stellte nicht nur die Existenz, sondern das ganze Werk in Frage. Mit IchundIch versucht Else Lasker-Schüler, die versprengten Teile des Lebenswerks einzusammeln, um es noch einmal, für alle sichtbar, vorzuführen.
Bis in den Namen „Jussuf“ hinein, der gleichsam in der Mitte gespiegelt ist, entspringen alle Sprach- und Lebensgesten der Autorin dem Prinzip der Verdoppelung bzw. der Spaltung; einer Spaltung, die darauf angelegt ist, jedes Element mit jedem in Kontakt zu bringen, Fusionen zu erzeugen, um die Sprache in einem unaufhaltsamen Prozeß energetisch aufzuladen. Dieses Grundprinzip, das sie in IchundIch noch einmal anwendet, stößt plötzlich an eine Grenze, auf etwas, das alles andere absorbiert und die Bedeutungen wie in einem schwarzen Loch kollabieren läßt. An einer Sprache hängend, die in Palästina nicht anders als verhaßt sein konnte, erfindet sich Else Lasker-Schüler noch einmal eine imaginäre Gemeinschaft, die Sprach- und Lebensgemeinschaft zugleich sein soll: reale Personen, lebende und tote, treten neben fiktiven Gestalten vor allem der deutschen Literaturgeschichte auf, Zitate aus dem deutschen Kulturgut werden ebenso herbeigerufen wie Zitate aus dem eigenen Werk. Doch der Kokon aus Worten konnte dieses Mal nicht schützen, denn die Wirklichkeit, die sie eingelassen hatte, um auf ihrer „Herzensbühne“ mitzuspielen, war nicht mehr doppeldeutig zu machen. Die Nazis, die sie auftreten ließ, unter anderem Hitler und Goebbels, waren keine Spielgefährten. Ihre Sprache war eindeutig: die der Gewalt.
Else Lasker-Schüler konnte sich die Vernichtung Hitlers nur mit Hilfe magischer Praktiken vorstellen: als Vernichtung des Bösen durch dieses selbst. Während Faust durchgängig negativ dargestellt wird und sich an Hitler heranschmeißt, wird Mephisto, assistiert von Baal, zum eigentlichen Helden. Er lockt Hitler in die Hölle und läßt ihn dort in den Fluten einer aufstürzenden Lavawelle ertrinken. Das eigentliche Skandalon des Stücks, und das haben Ernst Ginsberg und Werner Kraft gespürt, ist nicht allein der Gotteszweifel, der Else Lasker-Schüler ausgerechnet in jenem Land, in dem sie Gott am nächsten zu sein hoffte, ergriffen hatte. Es ist die Tatsache, daß die aus Deutschland geflohene Jüdin mit dem Teufel paktiert. Die Kunst der Anverwandlung hatte sie Jahre lang geübt, nun macht sie sich, um Hitler zu vernichten, dem Teufel ähnlich. Die vielfachen Verschachtelungen des Stücks erhalten hieraus ihren Sinn. Seine doppelte Verortung (der Ort der Handlung ist der von den Jerusalemern Höllengrund genannte Platz an der Altstadtmauer, aber die Rahmenhandlung integriert die Aufführung in den Text und läßt ihn auf der „Herzensbühne“ der Autorin spielen) sowie der Auftritt zahlreicher Ersatz-Ichs sollten verhindern, daß jene mit magischen Praktiken operierende Schlüsselszene auf die empirische Person zurückschlägt.
Die Identifikation mit dem Bösen ist das Wundmal von IchundIch. Ob es die Quintessenz eines Lebenswerks enthält oder vielmehr die verzweifelte Absage an alles Bishergewesene bedeutet, ist kaum zu entscheiden: so wie eine Wunde nicht die Wahrheit des Körpers bloßlegt, sondern eine Verletzung dokumentiert, ein sichtbares Zeichen seiner Geschichte.

Meike Feßmann, Sinn und Form, Heft 1, Januar/Februar 2003

 

Jürgen P. Wallmann: Deutsche Lyrik unter jüdischem Dreigestirn, Merkur, Heft 225, Dezember 1966

 

 

DER PRINZ VON THEBEN IN JERUSALEM
Else Lasker-Schüler

Wer kennt dich jetzt noch
pantherzarter Prinz
der einst sein Morgenmondeland
wohl siebzigtausendmal verschenkte?

Und wer erkennte dich in der Gestalt
der bucklicht krummen Hexe noch
die zu den Vögeln predigt
in ihrer beider Engelssprache?

Ist niemand außer ihr zur Stelle
das Kälbchen vor dem Schlächter
aaaaazu erretten
muß sie es tun
mit ihren flatterschwachen Fäusten.

Ach, wie ist’s manchem peinlich, so mit dir
auf Gottes Heil’ger Erde zu spazieren!
Doch ihr ist andres peinlich:
die Schweizer Fremdenpolizei, der Duce
aaaaaDoktor Benn…

Und immer zieht die Schar der Kinder
ihr nach, mal böse, mal vertraut.
Sie scheucht nicht eines fort.
Wer selbst verscheucht ist
aaaaahat dafür kein Wort.

Einlädt ins himmlische Café
der Prinz sein barfüßig Gefolge.
„Den Kindern Bonbons, allen!
Und mir?… nein nichts, ich hatte schon
aaaaaein Pfauenaug’ im Kakao.“

Thomas Böhme

 

 

Fakten und Vermutungen zum Herausgeber + Kalliope + DAS&D
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum
Nachrufe auf Friedhelm Kemp: culturmag ✝︎ DlfK ✝︎ Welt ✝︎ LMU ✝︎ DF

 

 

 

Carl Stern: Erinnerungen an Else Lasker-Schüler

Wieland Herzfelde: Else Lasker-Schüler

Nadine A. Brügger: „Nie lernte ich so viele Menschen kennen mit Minderwertigkeitskomplexen und masslos dicker Arroganz“ – Else Lasker-Schüler liebte und hasste Zürich

Zum 60. Todestag der Autorin:

Hubert Gaisbauer: Vielleicht glaubt Gott an mich
Die Furche, 20.1.2005

Zum 70. Todestag der Autorin:

Burkhard Reinartz: „Meine Seele verglüht in den Abendfarben Jerusalems“
deutschlandfunk.de, 21.1.2015

Zum 150. Geburtstag der Autorin:

Else Lasker-Schüler 150 Jahre Meinwärts
els2019.de

Lutz Hagestedt: Das Herz der Avantgarde
literaturkritik.de, Februar 2019

Peter Mohr: „Bin ein tieftrauriger Mensch“
titel-kulturmagazin.net, 11.2.2019

Oliver vom Hove: Eine große Liebende im Porträt: Else Lasker-Schüler
Der Standart, 3.2.2019

Stefan Dege: Lyrikerin, Poetin, Zeichnerin: Else Lasker-Schüler zum 150. Geburtstag
Deutsche Welle, 8.2.2019

Ulf Heise: Der „schwarze Schwan Israels“
FreiePresse, 8.2.2019

Andreas Kilcher: Prinz Jussuf von Theben, die Dichterin aus Wuppertal
tachles.ch, 8.2.2019

Christian Lindner: Die Dichterin Else Lasker-Schüler
deutschlandfunk.de, 11.2.2019

Andreas Platthaus: Fernab der Stiefwelt
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.2.2019

Thomas Hartmann: Else Lasker-Schüler – die provokante Poetin
mdr.de, 11.2.2019

Ulrike Sárkány: Große Lyrikerin mit positivem Weltbild
ndr.de, 11.2.2019

Natascha Freundel: Am Grab von Else Lasker-Schüler
ndr.de, 7.2.2019

Marie Luise Knott: Blau vor Paradies
perlentaucher.de, 14.5.2019

 

Zum 75. Todestag der Autorin:

Nina Schmedding: Immer unbeirrbar sie selbst
domradio.de, 22.1.2020

 

 

 

 

Fakten und Vermutungen zur Autorin + Instagram 1 & 2IMDb +
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Porträtgalerie: Keystone-SDA

 

Else Lasker-Schülers Lebenszeichen aus Berlin im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

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