Ernst Jandl: das röcheln der mona lisa (CD)

Mashup von Juliane Duda zur CD von Ernst Jandl: das röcheln der mona lisa (CD)

Jandl-das röcheln der mona lisa (CD)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PICK MICH AUF, MEIN FLÜGEL…
Anleitungen zu poetischem Verhalten

(für Ernst Jandl)

Gehn Sie abends im Mai nach schmerz-
hafter Zahnbehandlung über die Stru-
delhofstiege langsam abwärts, sehn Sie
in alle Grasspalten, Vogeltritte, Reserva-
tionen, bleiben Sie an der Büste von
Gido Hasen stehn, werfen Sie viele Blik-
ke in die kloppen & daken der Heilsar-
mee, in den Versammlungsraum mit der
Äskulapnatter, verankern Sie sich im
winzigen Rasenmäher von nebenan,
gehn Sie ganz an ihn heran so dasz er
mit einem schrecklichen Aufjaulen –
und fort! erinnern Sie sich an den Hafen
von rya-rya, an resa till delphi, drehn Sie
sich laublos in die herrliche Höhle mit
den Kandelabern und der Steinplatte,
den Springbrunnen, dem Urwald und
beachten Sie die erwartungsvolle Span-
nung Ihrer Mitbrüder (jockeys raten
zum mond), fliegen Sie von der Fusz-
stelle der Stiege gegen Tokyo mit Land-
pferd beurre (wie butter) ..
pick mich auf, mein flügel
(wer spricht eigentlich französisch bei
euch zuhaus? beurre die butter, aus-
ziegen, schmuddelkinder, als die alte aus
dem Verschlag kam etc. im Lunapark
von Jesolo flogs karussellartig vorbei?
soothing the parents) – Oder Sie fragen
mit eingezognen Lippen Ihren Freund
ob er an einer metaphysischen Krank-
heit leidet ob er fäusteln kann ob er das
Fluszband –
Oder Sie lassen sich auf ein Saxophon
betten und sprechen dabei sinnentleerte
Texte
(anzuraten auch für die Wartezeit beim
Zahnarzt)
Har du sett min lila katt?
die lila Katz’ das Fluszband –
monalisa oder die schreckliche Zukunft:
alle Häuser stehn offen, alle Menschen
sind aus Glas, alle leiden an
metaphysischen Krankheiten –
har du sett min lila katt?
meine lila mein Fluszband (ganz
Farbhecke rya-rya, delphi) –
haselnusz mona inleichen zukunft: in
die Häuser wird man reinsehn können,
alles aus Glas, natürlich auch pysslinge
ganz Zimmerhecke –
Waschen Sie Napoleon!
Gehn Sie monalisen!
Sprechen Sie sinnentleerte Texte!
Beten Sie!
Schreiben Sie fünfmal hongkong!
Geben Sie ein paar theoretische Bemer-
kungen zum besten!
Füsilieren Sie!
Glänzen Sie!
Züchten Sie sich ein paar metaphysische
Krankheiten an!
Zeigen Sie Rückgrat!
Zeigen Sie Lotte!
(Haben Sie schon mal im Lotto gewon-
nen Sie trotz kist?)
Zeigen Sie Lotte an!
(jaguarungen von maikäfern aus meinem
Rückgrat geboren)
Zeigen Sie Rückgrat!
Zeigen Sie Reservation!
(es wird keine Reservationen mehr ge-
ben in den Häusern wird man wie in
einem Flugkäfig – in die Gehirne wird
man – alles wird Glas sein)
Füttern Sie Napoleon!
Gehn Sie an Lotte ran!
Rübsen Sie monalisa!
Waschen Sie Romeo!
Zeigen Sie Ihre Zähne!
Zeigen Sie Rückgrat!
Versuchen Sie Ihre Labyrinthe verbal zu
lösen indem Sie sinnentleerte Texte vor
sich hinsprechen!
Baun Sie mit am Kieferzertrümmerer!
Atmen sie gleichmäszig im Wartezimmer
des Zahnarztes, es kann Ihnen nichts
geschehen!
Beten Sie!
30 m mord –
Morden Sie funktionell & fröhlich!
Seien Sie einfach ff! Prima!
Lassen Sie sich auf metaphysische
Krankheiten ein!
Sagen Sie ja zum rasenmäher Romeo!
Überlassen Sie sich zeitweise dem
Wüten des Pöbels!
Träumen Sie von maikäfern die Ihrem
Rückgrat entschwärmen!
Träumen Sie von der Konstruktion des
Kieferzertrümmerers!
Sammeln Sie devotionalien!
Sammeln Sie den sportlichen Bau Ihrer
Freundinnen!
Überreizen Sie Ihre Groszhirnrinde
durch intensive Gerüche!
Gehn Sie an Lotte ran!
Ziehn Sie ihr eine Grimasse!
Gewinnen Sie im Lotto!
Machen Sie’s auf indianisch!
Halten Sie sich raus!
Buddeln Sie mit!
Versuchen Sie döhl zu imitieren („hat
die aber zu tun“) indem Sie sich vierlinge
anschaffen!
Leben Sie feucht!
Besuchen Sie die Orte Ihrer Kindheit!
Treiben Sie abstrakte Akrobatik!
Bedecken Sie sich mit Entenmuscheln!
Läuten Sie die drosselglocke!
Ernennen Sie Ihren Vater zum rasen-
mäher Romeo!
Gehn Sie öfter mal in den Fleischsalon!
Kommen Sie in den Königreichsaal!
Rufen Sie Ihr Auto heimlich JESUS!
Gehn Sie ihre sisters besuchen!
Programmieren Sie den Ausverkauf der
Sprache!
Gehn Sie erst morgens zu Bett!
Denken Sie dabei ans Schlafen!
Halten Sie SNOOPY’s Hand bevor Sie
einschlafen wollen!
Versuchen Sie knapp vor dem Einschla-
fen zu winken!
Verbringen Sie einige Stunden des späte-
ren Abends im Ahornbaum gegenüber!
Lassen Sie Wörter aufjaulen!
Machen Sie öfters mal boingg-boingg!
Vergessen Sie die ganze Sprache!
Legen Sie Silben aufs Eis!
Wärmen Sie sich an den Deklinationen
die Füsze!
Überhöhen Sie die Grammatik!
Fliegen Sie aufs alltägliche Gespräch!
Setzen Sie Winkelmasz und Zirkel aufs
spiel!
Stören Sie die Sprache ein wenig mehr!
Drücken Sie sie gegen die Wand bis sie
schreit!
Fahren Sie mit ihr im Lift abwärts!
Lassen Sie sie vorüberfliegen!

(fond windzeug – so bunt nachmittag ..
heisz)

Verfliegen Sie sich mal schönster!
unterfliegen Sie sich mal ein biszchen!

(rötliches überauge säumiger … dünen
junge –)

(Fliegen Sie über sich selbst hinweg!
aaafliegen Sie über sich selbst hinweg!
aaaaaafliegen Sie über sich selbst hinweg!

& fort!)

Friederike Mayröcker

FÜR E. J.

O stern, o stern
wi röseln nu sauf
o ja, o JA
eN De eL

O Ernst, o Ernst,
wir lösen uns auf,
o ja, o Jandl

Christine Busta

 

 

Wie man den Jandl trifft. Eine Begegnung mit Ernst Jandl, eine Erinnerung von Wolf Wondratschek.

Ernst Jandl im Gespräch mit Lisa Fritsch: Ein Weniges ein wenig anders machen.

Eine üble Vorstellung. Ernst Jandl über das harte Los des Lyrikers.

 

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Nachrufe auf Ernst Jandl: Der Spiegel ✝ Süddeutsche Zeitung ✝
Die Welt ✝ Die Zeit ✝ der Freitag ✝ Der Standart ✝ Schreibheft ✝
graswurzelrevolution

Weitere Nachrufe:

André Bucher: „ich will nicht sein, so wie ihr mich wollt“
Neue Zürcher Zeitung, 13.6.2000

Martin Halter: Der Lyriker als Popstar
Badische Zeitung, 13.6.2000

Norbert Hummelt: Ein aufregend neuer Ton
Kölner Stadt-Anzeiger, 13.6.2000

Karl Riha: „ich werde hinter keinem her sein“
Frankfurter Rundschau, 13.6.2000

Thomas Steinfeld: Aus dem Vers in den Abgrund gepoltert
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.6.2000

Christian Seiler: Avantgarde, direkt in den Volksmund gelegt
Die Weltwoche, 15.6.2000

Klaus Nüchtern: Im Anfang war der Mund
Falter, Wien, 16.6.2000

Bettina Steiner: Him hanfang war das Wort
Die Presse, Wien, 24.6.2000

Jan Kuhlbrodt: Von der Anwesenheit
signaturen-magazin.de

 

Zum 70. Geburtstag des Autors:

Karl Riha: „als ich anderschdehn mange lanquidsch“
neue deutsche literatur, Heft 502, Juli/August 1995

Zum 90. Geburtstag des Autors:

Zum 20. Todestag des Autors:

Gedanken für den Tag: Cornelius Hell über Ernst Jandl
ORF, 3.6.2020

Markus Fischer: „werch ein illtum!“
Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, 28.6.2020

 

 

Bild von Juliane Duda mit den Texten von Fritz Schönborn aus seiner Deutschen Dichterflora. Hier „Jandldadei“.



Peter Wawerzinek parodiert Ernst Jandl.

 

Ernst JandlDas Öffnen und Schließen des Mundes – Frankfurter Poetikvorlesungen 1984/1985.

 

Ernst Jandl … entschuldigen sie wenn ich jandle.

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