DIE SONNE
Das ist das Feuer jenes Sterns – des wunschlosen, des
aaaaakalten mit ruhigem Herzen
des klaglosen, des tödlich-unerhört dehnbaren.
Hier, auf den Bergketten und in der blauen Süße der
aaaaaPflaumen, verwandelt sie sich in Sonne,
die grün läutenden Glocken der Mispel
läßt sie mit der Farbe des Faulens reif werden.
Hier verwandelt sie sich in Sonne, hier präsentiert sie
aaaaasich als Sonne,
läßt sie uns neuartig, heimatlich hören;
ihre Kälte, die wahllose Unkenntnis ihres Anfangs
als lebendigen Duft des Glühens,
werden wir dankbar als Aufsteigen von Hitzefülle,
als Blumen, als Kletterpflanzen übersetzen,
mit Dankbarkeit, mit Liebe reifen wir endlos.
Das ist jenes Feuer, hier verwandelt sie sich in das Abfallen der Körner,
in das Aufbrechen der grünen Hülsenfruchtbäuche,
auf der verdürrten Erde unter den Fußsohlen entflammt sie sich weiß,
auf dem erwärmten Hemd der gebeugten Schultern von Großvater Swimon als
aaaaaFeuerstelle,
auf der Kupferwanne wird sie wie gelbe Rosen blühen.
Das ist jenes Feuer, hier wird sie Nacht,
sie füllt sich mit dem warmen leisen Fliegen der Fledermäuse,
als lärmendes Durcheinander der leisen Nachtwinde,
als leises Stolpern und Atmen der Muttertiere, sie glitzert wie der Mond
auf dem Nachthimmel, schwimmt sie als Mond, als Nachtwolken
sie glüht in den Fenstern auf den Berghängen,
zwischen den Blättern, das Poltern der Schweine als Bestätigung an den
aaaaahölzernen Wänden des engen Schweinestalls.
Hier wird sie Nacht,
in den geöffneten Türen und Fenstern glüht sie als Dunkel,
durch Winde, mit plötzlichem Rauschen,
sie fliegen zu uns her, warm weht die zwischen
den Bäumen nächtens hintergestürzte Erde.
Das ist jenes Feuer, hier verwandelt sie sich in windrauschende, ausgebreitete
aaaaaSchatten,
in entblätterte Plätze, in eine Dämmerung der Zimmergardinen,
in das Zittern der Bergbachschatten auf rauschenden Steinen,
in nach dem Regen verbliebenen Schmutz auf der Nordseite,
in die feuchte Stelle eines im warmen Gras umgedrehten Steins.
Hier wird sie in schwarze Schatten verwandelt,
in schwarze Fingernägel auf den gelegten Steinen der gepflasterten Straßen,
an viereckigen Gebäuden gradlinig, unbeweglich stehend,
in schwarze Gärtchen des Asphalts an den Wänden menschenloser Gassen,
worin Büsche von Abfalltonnen kochen,
es werden eiserne Deckel der Eingänge sichtbar.
geboren am 20. Juni 1938 in Tbilissi (Tiflis)/Georgien. Beendete 1956 die 23. Mächen-Mittelschule von Tbilissi mit einer Goldmedaille, studierte von 1957 bis 1963 an der Fakultät für Malerie der Tbilissier Kunstakademie. Ab 1962 nahm sie systematisch an verschiedenen georgischen und sowjetischen Ausstellungen teil, arbeitete beim Georgischen Fernsehen, wurde 1967 freischaffende Malerin und Lehrerin an der Tbilissier Staatlichen Kunstakademie, Fakultät für Malerei. Mitgleid des Künstlervebandes der UdSSR. 1987 wurden ihre Arbeiten in Japan ausgestellt und prämiert. 1988 weilte sie zu einem Arbeitsaufenthalt in Lettland.
Ab 1966 wurden verschiedene Gedichte und Artikel in georgischen Zeitschriften und Zeitungen abgedruckt. 1978 erschien der erste Lyrikband Gedichte, es folgten noch drei Lyrikbände: Leise fliegen die Vögel herum 1982, Die weißen Gäste 1986, Was lässt mich nicht vergessen 1988. Sie schrieb Lyrik für Kinder und übersetzte russische Autoren.
Am 31. Januer 1999 starb sie unerwartet. Ihre Schwester Irine Oniani gab im Jahre 2000 ein Buch mit Gedichten, Essays und Artikeln heraus. Postum wurde ihr im Jahre 2000 die Staatliche Prämie Georgiens verliehen.
Pop Verlag, Klappentext, 2014
Julia Göricke: „Nichts heißt keine Farben“
kaukasische-literaturen.jimdo.com
Dato Barbakadse liest „Genius Loci“ am 18. August 2013 im Rahmen der Reihe Literatur in Weißensee.
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