„Schatzkästlein“ nennt der Leipziger Verlag Faber & Faber sein Programmheft. Hier wird nicht übertrieben: Bei Faber & Faber können Sie wahrhaftig lyrische Schätze heben. Wie wäre es – beispielsweise – mit Hans Magnus Enzensbergers Die Verteidigung der Wölfe mit 16 Montagen im Siebdruck von Hans Platschek? Weitere graphisch gestaltete Bücher mit Erstlingswerken deutscher Autoren des 20. Jahrhunderts gibt es von Günter Grass, Georg Heym oder August Stramm. Das wohl kurioseste Buch in meiner Sammlung stammt ebenfalls von Faber & Faber: 6 x 6 Liebesgedichte aus 6 Jahrhunderten (1999) ist ein 10.5 x 10.5 cm kleiner Lederband, der sich von 6 Seiten aufschlagen läßt. Ein solches Buch muß der „Lyroholic“ haben! Im Nachwort schreibt Herausgeber Elmar Faber: „Unser Büchlein ist der bezaubernde Beleg dafür, daß handwerkliche Präzisionsarbeit und Experimentierfreude im Buchgewerbe noch nicht ausgestorben sind.“ Auch die aktuelle zeitgenössische Lyrik – mit ostdeutschem Schwerpunkt – wird nicht vernachlässigt: In den großzügig gestalteten (preiswerten) Bänden der Reihe „Die Sisyphosse“ lese ich mit höchstem Interesse die forschen Lyrikbücher Friedemann Bergers Archäologie. Von der Errichtung der großen Mauer bis nach ihrer Zerstörung, (2000) mit ausgewählten Gedichten von 1961 bis 1999 oder Steffen Menschings Berliner Elegien (1995). Richard Pietraß’ schöner Band Schattenwirtschaft (2002) offenbart auf bemerkenswerte Art und Weise Hintergründe zum lyrischen Werk dieses Dichters.
RICHARD PIETRASS
BODENLOS
In meinem Kieferregal, zwischen den Büchern
die duftenden Zapfen. Die geflügelten
Samen, in ihrem Versteck, warten
wie die geduldigen Verse.
Das überschaubare Lyrikprogramm des Verlags Faber & Faber, dessen ausgeprägtes buchkünstlerisch orientiertes Profil mich stark anspricht, lohnt, kennengelernt zu werden.
Erschienen in: Theo Breuer – Aus dem Hinterland, Edition YE, 2005
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