WELT VERLEGT. NUR SO.
Wut voller Strenge
lernt Wege vor Lust,
Verlust. Wort legen.
Wort evtl. nur Segel
verengter Wollust
wog verlernte Lust
vorerst gut. Wellen.
Stellung vor Werte,
Restregen voll Wut.
Julia Nakotte
Buchergänzungen auf der Website des Satyr Verlages.
Warum gibt es dieses Buch?
In der Literaturwissenschaft wird stets darauf beharrt, die Autor*innen vom Werk zu trennen. Aber wenn wir uns die Realität ansehen, dann lesen wir Bücher und Texte häufig, weil wir eben auch die Menschen dahinter faszinierend oder interessant finden. Wenn diese Trennung nun aber vollzogen wird, also wenn wir nur den Text an sich betrachten, dann stellen sich neue, interessante Fragen. Wenn wir nicht wissen, von wem ein Text stammt, bewerten wir ihn dann anders? Und wenn ja, auf welcher Grundlage? In welcher Weise bestimmt unsere Erwartungshaltung unser Lesen? Und was macht es mit uns, wenn wir Texte lesen, bei denen wir wissen, dass einige von ihnen noch nicht einmal von Menschen verfasst wurden?
Die KI-Expertin Manuela Lenzen schreibt in ihrem Buch Künstliche Intelligenz: Was sie kann und was uns erwartet, dass Forscher*innen häufig die Erfahrung machen, „dass Menschen bei der Beurteilung von Kunstwerken nicht zwischen dem Produkt und seiner Herstellung trennen: Wenn sie wissen, dass ein Musikstück oder ein Bild von einem Computer stammen, beurteilen sie es als flach und geistlos – wenn sie es nicht wissen, können sie es oft nicht unterscheiden.“1 Ob das wirklich so ist, wollen wir in diesem Buch testen.
Was erwartet Sie in diesem Buch?
In diesem Buch gibt es zwei Arten von Texten: Texte, die von Maschinen geschrieben wurden, und Texte, die von Menschen geschrieben wurden. Über den Texten wird Ihnen nicht verraten, wer diese Texte verfasst hat. Im zweiten Teil des Buches finden Sie eine Sammlung der Methoden und Beschreibungen der Herangehensweisen der Autor*innen. Im Anhang finden Sie eine Liste aller Beitragenden. Doch die Zuordnung überlassen wir zunächst Ihnen.2
Was ist mit ,Maschinen‘ gemeint?
Maschinen ist in diesem Fall ein bewusst weit gefasster Begriff. Bei der Erstellung der Texte kamen viele verschiedene Methoden zum Einsatz. Einige Texte sind frei von den Autor*innen verfasst worden, andere wurden von neuronalen Netzwerken generiert oder mit analogen Verfahren erstellt.
Was ist das Ziel dieses Buches?
Programmiersprachen und Techniken wie maschinelles Lernen oder Deep Learning bestimmen unseren Alltag. Es ist die Aufgabe von Literatur, sich mit derartigen gesellschaftlichen Phänomenen zu befassen. Durch diese Beschäftigung werden neue Ideen angestoßen und Gedankenräume eröffnet. Es gibt viele Texte, die sich inhaltlich mit solchen Entwicklungen beschäftigen. Meist sind es dystopische Erzählungen von Killerrobotern und rebellierenden Maschinen. Oder die Technologie wird dazu verwendet, Dinge zu erklären, die in anderen Texten mit Magie erklärt werden. Auf diese Weise wird Technologie mystifiziert.
Dieses Buch soll eine offene Auseinandersetzung mit digitaler Literatur und Technologie fördern. Dabei soll außerdem veranschaulicht werden, dass Algorithmen und künstliche Intelligenz vor allem eins sind: Werkzeuge. Und selbstverständlich können Werkzeuge auf unterschiedliche Art angewendet werden. Es soll zeigen, dass Maschinen auf verschiedene Art genutzt werden können, um interessante und spannende Kunstwerke zu erzeugen. Und natürlich soll das auch Spaß machen!
Viel Vergnügen beim Lesen und Raten!
Fabian Navarro, Vorwort
Dieses Büchlein ist ein Turing-Test der Literatur. Machen Sie ihn – wenn Sie sich trauen.
Cornelia Travnicek
Bei der Produktion dieses Buches haben wir Neuland betreten: Wie lektoriert und korrigiert man einen Text, wenn man selbst nicht weiß, ob er von einem Menschen oder einer Maschine verfasst wurde? Sind es menschliche Fehler, die man im Lektorat normalerweise beseitigen würde, oder gehören die Fehler zum Script als Verweis auf eine computergenerierte Urheberschaft? Und mit wem macht man eigentlich den Vertrag für den Text, wenn ihn ein Computer selbständig verfasst hat? Fragen über Fragen. Zum Glück liefert das Buch selbst einige Antworten.
Volker Surmann, Verleger und Lektor
In poesie.exe versammeln sich Texte, die sowohl von menschlichen Autor*innen als auch von Maschinen geschrieben wurden. Über den einzelnen Texten steht nicht, wer den Text verfasst hat. So entsteht ein Ratespiel, ein literarischer Turing-Test.
Wie gut sind die dichtenden Maschinen wirklich? Lässt sich heute überhaupt noch feststellen, ob ein Text von einem Computerprogramm verfasst wurde?
Und: Spielt es am Ende eine Rolle?
Künstliche Intelligenz ist heute überall. Sie steckt im Smartphone, in medizinischen Geräten oder im Kühlschrank. Sie säubert unseren Haushalt und überwacht Aktienkurse. Auch künstlerische Prozesse werden immer häufiger automatisiert: Maschinen erschaffen Skulpturen, komponieren Musikstücke oder malen Bilder, die für viel Geld versteigert werden. Und natürlich schreiben sie auch Texte. Aber was heißt es, wenn wir sagen, dass eine Maschine kreativ ist?
Satyr Verlag, Klappentext, 2020
Fabian Navarro – 3 Sonette an meinen Lieferdienst.
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