Aufs Wort (genau) – Teil 16
Teil 15 siehe hier …
In der Tat hat die enge, ja intime Bindung des Verfassernamens an das Werk manch andere Autoren dazu veranlasst, ihre Publikationen unter einem Pseudonym herauszubringen. Das kann aus politischen, ideologischen, immer häufiger auch aus werbetechnischen Gründen geschehen, bisweilen geht es freilich auf das tiefer liegende Bedürfnis zurück, Person und Autor, Leben und Werk auseinander zu halten.
Dem Kunstwerk vermag ein Kunstname zur Bezeichnung der Autorschaft am besten zu entsprechen: Der Kunstname wird vom Verfasser selbst gewählt (oder eigens erfunden) und gehört somit integral zum Werktext. Pseudonyme haben als eigenständige Textsorte zu gelten, oft werden sie wortspielerisch geschaffen, bisweilen fremdsprachig abgefasst, mit einer vorbestimmten Bedeutung versehen, auf mythologische oder geschichtliche Gestalten bezogen. Viele Pseudonyme funktionieren als «sprechende» Namen, obwohl sie zugleich den realen Autor kaschieren. – Auch wenn Odysseus («der Listenreiche») kein Autor, sondern eine fiktive literarische Gestalt war und ist, so hat er sich bekanntlich doch ein ingeniöses Pseudonym zugelegt («Odyssee», I, 70), nämlich den Namen «Outis», also schlicht das griechische Wort für «niemand», das jedoch gleichzeitig auf «Odysseus» zurückverweist: «outis» spielt lautlich auf «metis» (List) an, meint also Odysseus selbst wie auch den Niemand, als der der Listenreiche sich ausgibt. Auch hier schon dient das Pseudonym gleichermassen dem Verbergen wie dem Entbergen der Identität dessen, der es als «Namen» trägt.
… Fortsetzung hier
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