Felix Philipp Ingold: Aufs Wort (genau) – In …

Aufs Wort (genau) – Teil 21

 

Teil 20 siehe hier

In all seinen Dimensionen – semantisch, klanglich, visuell – kommt das Einzelwort zwar vorab in der Dichtung (nicht zuletzt in der Volkspoesie) zum Einsatz, aber auch im pointierten Wortwitz, im kalkulierten Wortspiel, in Slogans und Werbetexten. Freilich erst durch die «Literaturrevolution» des frühen 20. Jahrhunderts rückte es in den Mittelpunkt des poetischen und poetologischen Interesses. Futuristen, Dadaisten, Expressionisten, später die Lettristen privilegierten «das Wort als solches», «befreiten» es – parole in libertà! slova kak takovye! – aus dem Kontext von Aussagen (Rhetorik, Syntax) und damit auch aus der Konvention des Bedeutens.
Zur «Befreiung» des Worts gehörte nicht zuletzt seine Emanzipation von der drucktechnischen Linearität und von der Druckschrift generell (Monotype, Typoskript) – statt dessen gewannen die individuelle Handschrift sowie die Inszenierung von Schrift als Bild ihre verlorene Bedeutung vorübergehend zurück. Gleichzeitig wurden Einzelwörter, Wortfragmente und separate Schriftzeichen als bildnerische Elemente in die Malerei integriert; die Kunst der kubistischen, futuristischen und konstruktivistischen Avantgarde bietet dazu reiches Anschauungsmaterial. Inzwischen gehört die Synthetisierung von Schrift und Bild zur üblichen Praxis des Werbedesigns, doch haben Kunstschaffende wie Lawrence Weiner, Marcel Broodthaers, Ed Ruscha, Jenny Holzer u.a.m. auf neuen Wegen und in neuen Medien auch neue diesbezügliche Techniken entwickelt.

… Fortsetzung hier

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