WENDEZEIT
Eine Zeile zu weit im Buch der Natur –
allein steht die Menschheit auf einsamer Flur.
soll, im Vertrauen auf den Eigensinn der Sprache, einige jener Vokabeln zum sprechen bringen, die heute als Jargonismen und Neologismen, als Renommier- und Modewörter, als politische und technische Termini im Wind sind; die aber keinen Sinn gewinnen können, da ihre Bedeutung schon immer, außerhalb der Sprache, vorgegeben ist. Daß aber auch solche Wörter – oder Namen – etwas zu sagen haben, wird deutlich, wenn man sie nur radikal genug auf die Sprache zurückbiegt.
Durch anagrammatische Verfremdung, durch lyrische oder (weit häufiger) parodistische Entfaltung über jeweils zwei gereimte Verszeilen hinweg werden die ausgepowerten Begriffe gewissermaßen zu sich selbst befreit; sie sprechen sich aus, indem sie ihr Sprachliches freisetzen; und indem sie die ihnen auferlegten Signifikate mit rein sprachlichen – also poetischen – Mitteln besprechen, denunzieren sie ihn. Die „Sprüche“ sind demnach nichts anderes als das Urteil der Wörter über ihre idiotische Bedeutung; Sprache beim Wort genommen: Klartext.
Felix Philipp Ingold, Nachwort, Oktober/Dezember 1985
Adrian Müller: Anagrammatischer Klartext
Neue Zürcher Zeitung, 2. 3. 1988
Jan Kuhlbrodt: Versuch über Ingold
poetenladen.de, 28.10.2012
Jan Kuhlbrodt: Vom Abtragen der Monumente oder das Wesen der Chronologie
Ulrich M. Schmidt: Das Leben als Werk
Neue Zürcher Zeitung, 25.7.2012
Magnus Wieland: Der Autor, der die Autorschaft hinterfragt
Berner Zeitung, 25.7.2022
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