Anthologika
Teil 10 siehe hier …
In seinem ingeniösen Essay über «Rimbaud der Strolch» (Rimbaud le voyou, 1933) führt Benjamin Fondane verallgemeinernd aus: «Bis heute weiss man nicht genau, was denn die Dichtkunst wirklich sei, ein Mittel des Ausdrucks, eine Erkenntnis oder einfach nur ein Spiel mit Worten. Doch das wenige, was man über den Dichter – und selbst den inspiriertesten Dichter – zu wissen glaubt, und zwar aus Erfahrung, ist, dass dieser offensichtlich ein wenig dumm sein muss, zumindest dumm genug, es dahin zu bringen, dass seine Vernunft im Augenblick der dichterischen Schöpfung durch Abwesenheit glänzt, und dass diese Dummheit eine unerlässliche Bedingung seiner Leistungsfähigkeit darstellt.»
Und noch eine Bestätigung, diesmal von Fondanes Landsmann und Zeitgenosse E. M. Cioran, der einst in seinen «Heften» (Cahiers, postum 1997) notierte, Dichtung – selbst grosse Dichtung wie Hamlets Monolog – sei der Aussage nach trivial: «Mag ja sein. Aber in all dem Trivialen erschöpft sich das Wesentliche unserer Fragen. – Dinge mit Tiefe brauchen keine Originalität.»
Wie aber kann es sein und woran liegt es, dass fraglos starke Lyrik so oft in Trivialität befangen bleibt, nichts zu sagen hat und kaum etwas zu verstehen gibt?
… Fortsetzung am 12.12.2024 …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
Schreibe einen Kommentar