Dantesk
Wer liest heute noch die Göttliche Komödie – und wie?
Teil 3 siehe hier …
Ich selbst lese die «dantesken Essays» von Jorge Luis Borges mit weit grösserem Vergnügen und Gewinn als Dantes grosses tragikomisches Poem. Mit der hochkomplexen Symbolik des Werks und seinem christlichen Überbau kann ich nichts anfangen, auch nicht mit der heroischen Typisierung Vergils als Dichter und Bote und Führer oder der quasigöttlichen Beatrice als frigidem Objekt unerfüllten, weil unerfüllbaren Begehrens. Ebenso lässt mich das Triptychon von Fegefeuer, Hölle, Paradies mit den unzähligen Stereotypien des Jenseits und der dazugehörigen phantastischen Architektur als Leser desinteressiert.
Es gibt beliebig viel andere Autoren, darunter schon die neutestamentlichen Erzähler und auch noch zeitgenössische Adepten, die an diesem Stoff gearbeitet, ihn vorgeformt oder fortentwickelt haben, doch sicherlich hat keiner soviel Kunst und Technik dafür aufgeboten wie Dante, der alle zur Verfügung stehenden poetischen Verfahren und rhetorischen Figuren gekonnt zum Einsatz bringt – Binnen- und Endreim ebenso wie Assonanz, Anagramm, Parallelisierung, Umkehrung, Variation.
… Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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