Das Richtige im Falschen suchen
Teil 1 siehe hier …
Gebären statt machen! Das steht tatsächlich in eklatantem Widerspruch zu fast allem, was sonst bei Paul Valéry über Dichtung zu lesen ist. Dem «kalkulierten» Text hat er vor dem «inspirierten» Text stets den Vorrang gegeben. Zu denken ist an das cartesianische Konzept des verkopften Monsieur Teste (1896; 1926), aber auch an Valérys frühe Einführung in die Methode des Leonardo da Vinci (1894), zwei wegweisende Traktate zur formalistischen Literatur- und Kunsttheorie der Moderne. Markiert denn also Mein Faust beziehungsweise das daraus extrahierte Zitat ein spätes Abrücken von diesen theoretischen Vorgaben? Und worin … wodurch wäre es begründet?
Begründet ist alles in einem mehrfachen Versehen. Denn weder stammt das angeführte Zitat aus Mein Faust, noch ist es im gegebenen Wortlaut anderweitig bei Valéry nachzuweisen. Sinngemäss kommt es (fragmentarisch) in dem intellektuellen Thesenstück Der Einsame vor und ist dort dem Titelhelden zugeordnet, kann also nicht dem Autor zugeschrieben werden. Dieser identifiziert sich vielmehr mit der Figur des Faust (als «mein Faust») und tritt als Kontrahent des Einsamen auf.
Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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