Dichtung als Schwarzkunst
Teil 13 siehe hier …
Ins Religiöse, ins Kosmische erweitert Wolfdietrich Schnurre (in «Gospel», 1964) den symbolischen Einzugsbereich der Farbe Schwarz, wenn er sie – in Assoziation mit Trauer, Nacht, Vergessen und Schatten, konkret mit Mutterschoss und Grab – als eine Eigenschaft Gottes ausweist; unter dem definitorischen Titel und mit dem mehrfachen Refrain «Gott ist schwarz» wird ausgeführt:
Nichts ist schwärzer als Gott;
alles, was schwarz ist,
hat seine Schwärze
von ihm:
Die Trauer,
der Russ im Lampenzylinder,
die Nacht. […]
Gott ist schwarz.
Wir beten zu seiner Schwärze:
Erwähl dieses Haupt dir zum Haus.
Nichts ist schwärzer als Gott;
alles, was schwarz ist,
hat seine Schwärze
von ihm.
Genau so gut könnte man mit Ernst Jandl sagen, Gott sei «rot» oder, mit Johannes Poethen, er sei «weiss»; denn welche Farbe dem Unendlichen und Allgegenwärtigen zukommt, ist nicht auszumachen und ist übrigens auch ohne Belang, da ein allgegenwärtiger und unendlicher Gott nicht auch noch Eigenschaften haben kann.
… Fortsetzung am 29.9.2024 …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
Schreibe einen Kommentar