Die Farbpalette der Dichtung
Eine kleine koloristische Poetik
Teil 20 siehe hier …
Auch die Modernen, die Heutigen gewinnen der Farbe Grün nicht allzu viel Neues ab. Hans Arp hält sich gern dort auf, «wo die grossen grünen Bäume rauschen | ewig rauschen», Gertrud Kolmar möchte in einem «grünen Kleid», verträumt bei «grünem Wein» endlich«eine Mutter sein», für Ilse Aichinger ist die Natur grüner «Lesestoff», Ingeborg Bachmann sieht in Böhmen alle «Häuser grün», Alfred Andersch argwöhnt, «der frühling lügt | wenn er grün | über die wiesen | flunkert», Elisabeth Borchers erhofft sich «nach zweitausend Jahren noch | ein grünes Blatt das wacht», Christine Busta, etwas kühner nun, sieht in der Früh den «Himmel | manchmnal so apfelgrün», dass sie «ihn riechen kann», und Ernst Jandl stellt eher prosaisch fest: «man kann im grünen glas | sehr schön schwimmen | wenn man klein genug ist | zum beispiel eine mücke» – was sehr wohl richtig ist, nicht aber unbedingt ein «grünes» Glas voraussetzt.
Um an dieser Stelle – ernüchtert von soviel Immergrün – zu enden, hier noch ein Gedicht der Rose Ausländer aus den frühen 1980er Jahren:
Anfang und Ende
Großstadt
ihre grünen Pausen
Ausflug ins Freie
zum summenden Gras
Flug über Hochhäuser
und Metastasen
Bunter Mythos
Anfang und Ende
Gras
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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