Eins und alles und das Selbe
Was wahr und richtig ist, steht hinter dem zurück, was ist. – Was aber ist, fügt sich zusammen aus lauter Einzelfällen, Momenten, gewöhnlichen oder aussergewöhnlichen Sensationen. Manches davon mag sich gleichen, doch nichts ist sich gleich.
Bloss einmal gibt es dieses Ahornblatt und diese Handlinie und diese Stimme, diesen Blick, diesen Schmerz, diese Brise, diesen Kiesel, dieses Glücks- oder Hungergefühl, diesen einen Menschen (auch wenn er nicht der einzige ist).
All das Diverse begrifflich zu fassen, es vollumfänglich und korrekt in Worten wiederzugeben, ist schon deshalb nicht möglich, weil der Wortbestand der Sprache – jeder Sprache separat und aller Sprachen insgesamt – dafür bei weitem nicht ausreicht.
Die Farbskala des Meers umfasst unzählige Schattierungen zwischen Schwarz, Blau, Grün und Weiss, ein einziger Apfelbaum, geschweige denn ein Park, ein Mischwald bietet weit mehr Varianten von Grün und Braun, als es dafür Begriffe gibt. Durch zusammengesetzte Adjektive wie hellgrün, dunkelgrün, giftgrün, graugrün usf. kann das Benennungsdefizit in sehr beschränktem Umfang ausgeglichen, niemals aber kompensiert werden.
Selbst das eine Ahornblatt – dieses hier – lässt unterschiedliche Grüntöne, dazu womöglich braune, gelbe, rötliche Einsprengsel erkennen, derweil es in seiner momentanen Gegebenheit – hier und jetzt – unbeschreibbar bleibt. Möglich ist allein seine allgemeine Charakterisierung als mehrteiliges, gezacktes, annähernd symmetrisches, vielleicht noch grünes, vielleicht schon gelbes oder rotes Baumblatt.
Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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