Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Gedicht auf weissem Grund (Teil 2)

Gedicht auf weissem Grund

Teil 1 siehe hier

«Mein Leben gähnt mich an, wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus.» Mit diesen Worten charakterisiert Georg Büchner in seinem Drama «Leonce und Lena» (1836) das Daseinsgefühl seines Protagonisten – hier also vom Leben und nicht vom Text her. Die ausweglose Leere, die Leonce in und um sich empfindet, wird hier durch den Vergleich mit dem weissen Papier veranschaulicht.
Oft schon hat man das leere Blatt metaphorisch mit dem menschlichen «Geist» verglichen, der unbefleckt in die Welt trete und nachfolgend durch vielerlei Erfahrungen und Erkenntnisse ausgeprägt werden müsse. Von daher rührt womöglich die enge, ja existentielle Verbindung von Schreiben und Leben, die durch zahlreiche schriftstellerische Selbstbekenntnisse belegt ist: Nicht mehr schreiben und publizieren zu dürfen, ist für manche Autoren und Autorinnen gleichbedeutend mit dem Verlust ihres Lebenssinns.

… Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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