Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Gedichte als Fremdgänger (Teil 6)

Gedichte als Fremdgänger
Vom Wiederlesen eigener Texte

Teil 5 siehe hier

Das Nicht-Verstehen kann auf unterschiedlichen Textebenen akut werden –

aaaaazunächst auf der Wortebene (z.B. fachsprachliche oder fremdsprachige Begriffe,
aaaaaaaaaaJargonismen, Dialektismen, Archaismen und Neologismen usf.);
aaaaaweiter: bei realen wie fiktiven Orts- und Eigennamen, die man nicht ein- oder
aaaaaaaaaa
zuordnen kann;
aaaaabei direkten und indirekten Zitaten, deren Herkunft und Funktion unklar bleiben;
aaaaabei ungewöhnlichen, nicht nachvollziehbaren Vergleichen und Metaphernbildungen;
aaaaabei alogischen («unmöglichen») Zeit- und Raumangaben;
aaaaabei rein klanglicher, bedeutungsleerer Sprachverwendung; usf.

Wenn ich mir unter diesem Gesichtspunkt mein oben eingerücktes Gedicht vornehme, kann ich mir gut vorstellen, wo das Verstehen fehlgehen und in Nicht-Verstehen oder Missverständnisse umschlagen könnte. Die meisten «schwierigen» Momente könnte ich als Autor mit Leichtigkeit klären. Ich verzichte darauf, weil ja im Normalfall meine Leserinnen und Leser nicht auf mich persönlich rekurrieren können – sie müssen mit dem Text alleine fertig werden, und fertig werden heisst nichts anderes, als dass sie eine jeweils persönliche Lesart entwickeln; mit andern Worten – dass sie etwas anfangen damit. Ob diese Lesart nun richtig oder irrig ist, braucht nicht diskutiert zu werden – es ist eine Lesart von beliebig vielen (wozu auch die meine gehört), es mag darunter überzeugende und weniger überzeugende geben, entscheidend bleibt, dass es unterschiedliche Lesarten gibt.

Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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