Kurz gesagt (I)
Zur Poetik des Aphorismus
Teil 1 siehe hier …
Dem Begriff und der Funktion nach ist der Aphorismus eine Textsorte, die mit minimalem, dabei präzis instrumentiertem Wortaufgebot maximale Wirkung erbringen soll – seine Sprengkraft ist stets auf einen Aha!-Effekt angelegt, auf blitzartige intellektuelle Erhellung, sei’s durch Provokation, Kritik oder Komik, sei’s durch Verblüffung, Belehrung oder Mahnung. Aphorismen können (nach G. C. Lichtenberg) «eine ganze Milchstrasse von Einfällen» mit sich führen und fruchtbar werden lassen. Von Merkversen, Wetterregeln, Kinderreimen oder Werbesprüchen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie gemeinhin auf eine überraschende Pointe hinauslaufen, statt bloss allgemeine Erfahrungen und Erwartungen festzuhalten; sie zielen nicht auf Vertrautes, begnügen sich nicht mit dessen Affirmation oder Verteidigung, sie sind unentwegt auf dem Sprung beziehungsweise auf dem kürzesten Umweg zu ungeahnten, vielleicht auch vergessenen Wahrheiten.
Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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