Leichtes Deutsch
Teil 1 siehe hier …
Und «leichtes» Deutsch in der Dichtung? Da gilt es zu unterscheiden zwischen stilistisch gewollter, allenfalls parodistischer «Leichtigkeit» und einem schlicht unterlaufenden «leichten» Deutsch, das auf Inkompetenz oder Fahrlässigkeit beruht.
Ich zitiere beispielshalber (auszugsweise) aus jüngsten – publizierten – Gedichten diverser Autorinnen, Autoren; die Rechtschreibung entspricht den Originaldrucken:
«vom gehen durch räume und bleiben am | ort der entsteht stellt einer sich wände | vor führen türen aus glas hinein» – «pochen von tief unsre tannen | und fichten ein ruckedigu ihr | täubchen kommt lasst uns | ohne scham gefühlsam | herzen ritzen in rinden» – «Noch sind die Byebyes symmetrisch. | Enden vorn wie hinten ganz. | Schön symmetrisch ist das Hirn. | Schlägt brutal die Augen nieder | vorm Tiger.» – «sie wollten den streit im Duell lösen | Brahe verlor dabei seine Nase | Und Brahe zog von Kopenhagen nach Prag» – «Es düngte mich eine Weile eine gute Idee. Die verschwand, zu recht, wie ich meine. Verzeiht mir also die unregelmäßigen Zeilen, in denen ich mich euch aussetzen werde. Es ist kaum was drin …» – «Die Gitarre lehnt | an Jachin. An Boas. | Die Gitarre rutscht | die Tempeltreppe hinunter. | Die Gitarre steht Kopf | am Sack mit den rohen Kastanien, weil | der Straßenbahn-Spieler | ganz dringend.» – «Liegt Aufstand an, zornkrank, wo krank eine Schublade ist? | Das Eisschild schmilzt und ertrinkt, selbst im Winter, | Und es ist ja Winter.»
Beliebig viele weitere Textbeispiele dieser Machart liessen sich aus aktuellen Zeitschriften, Anthologien und Lyrikbüchern anführen, sehr wenige dagegen, die in «schwerem» (schwierigem) Deutsch daherkommen.
Merkwürdig nur, dass auch «leichte» Gedichte beim Lesen zumeist als schwierig empfunden werden.
Also welches Deutsch soll gelten?
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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