Lesen, was dasteht
Teil 6 siehe hier …
Der Relativsatz, die Genetivmetapher und weitere Sprach- oder Sprechformen liessen sich in Anknüpfung an Gebsers «Grammatischen Spiegel» als Beispiele für deren unbotmässige, oftmals provokante Verwendung im modernen Gedicht anführen. Doch Vollständigkeit ist hier weder beabsichtigt noch erreichbar. Bemerkenswert bleibt das Insistieren auf der Sprachlichkeit des Gedichts, die zwar in jedem Einzelfall evident ist und dennoch kaum Beachtung findet, nicht bei den Autoren, nicht bei den Leserinnen. Schwerlich vorstellbar, dass heute beim Lyrikschreiben speziell auf gewisse Wortarten und ihre wandelbare Funktion geachtet würde oder allgemein auf die Poetizität von Grammatik und Syntax.
Mein Rückkommen auf Jean Gebser und auf die spezifische Sprachlichkeit des Gedichts entbehrt also jeder Aktualität. Doch darum geht es hier gerade nicht, vielmehr geht es um die erneute Feststellung des Selbstverständlichen: Dass Gedichte aus Wörtern gemacht werden, und nicht aus Ideen, Wahrheiten, Reminiszenzen, Befindlichkeiten oder Phantasmen.
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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