Lyrischer Minimalismus
Teil 1 siehe hier …
Die Kenntnis der japanischen Sprache oder gar der prosodischen und philosophischen Tradition Japans ist für die Herstellung von Haikus nicht erforderlich – man begnügt sich gewöhnlich damit, auf drei Zeilen das traditionelle thematische Setting umzusetzen, das grundsätzlich als titelloses Naturgedicht (Landschaft, Witterung, Fauna, Flora usf.) angelegt und an Tages- oder Jahreszeiten orientiert ist. Abweichungen davon (wie auch von der vorgegebenen Silbenzahl) sind eher die Regel denn die Ausnahme.
In seinem Werkfragment über «Japanische Dichtung» (ca. 1957) unterstreicht Jürgen von der Wense die Tatsache, dass es hier «kein Ich» gebe, «das alles in Subjekt und Objekt aufteilt»: «Alles ist ebenmässig temperiert, im grossen Es der Natur ausgeschlichtet und verwogen.» Das Haiku müsse «in Form und Inhalt völlig schlicht sein, leer – aber dann weiterschwingen im Hörer, der es eigentlich weiterdichtet und austönt».
… Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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