Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Poesie und Poetik des Namens (Teil 19)

Poesie und Poetik des Namens
Beispiele, Analysen, Kommentare

Teil 18 siehe hier

Bei Arp ist von einem unpersönlichen Kaspar die Rede, auch wenn er als «unser guter» Kaspar belobigt, nun für «tot» erklärt und wortreich beklagt wird. Ein realer, historischer oder auch bloss legendärer Kaspar ist nicht auszumachen. Oder sollte man an den Kasperle aus dem Puppentheater denken? Doch der ist als stereotype Figur eher ein Ding denn eine Person, und sterben kann er ohnehin nicht. Dass im Namen Kaspar der Name Arp anagrammatisch versteckt ist, hat man bisher nicht bemerkt – womöglich offenbart der Autor damit auf diskrete Weise eine heimliche Selbstreferenz.
Wenn im übrigen «kaspar» in Arps Text wie alle andern Substantive kleingeschrieben wird, macht dies deutlich, dass er als ein Wort wie jedes andre zu gelten hat – «kaspar» ist nur einfach etwas Vertrautes, Positives, Beliebtes, das «uns» abhanden gekommen ist, und dennoch bloss etwas Beliebiges, bestenfalls «heiliger bimbam» und als solcher entsprechend abzuhaken: «weh weh weh» für «kaspar kaspar kaspar».
Egal doch – «jetzt», «nun» ist aus dem lieben Toten «ein stern geworden oder eine kette aus wasser an einem heissen wirbelwind oder ein euter aus schwarzem licht oder ein durchsichtiger ziegel an der stöhnenden trommel des felsigen wesens». Und «wir» sollen uns mit Arp fragen, wer «nun die brennende fahne im zopf» trägt, «die kaffeemühle» dreht, das «idyllische reh» lockt, «mit der ratte am einsamen tisch» isst «und uns die monogramme in den sternen» erklärt.
All diese und andere beliebige Fragen kann man durchaus stellen, doch Antworten darauf erübrigen sich, es gibt sie nicht, weil unsinnige Fragen nicht sinnvoll, letztlich überhaupt nicht zu beantworten sind. Doch eben darauf ist Arps Wehlied angelegt – es reiht Unzusammengehöriges und Unvereinbares wahllos aneinander zu einer Litanei, in der Klage, Parodie, Phantasterei und sinnleeres Gelaber ineinsfliessen, vergleichbar am ehesten mit einem Mix aus Traumgebilden und Wahnideen.

… Fortsetzung am 8.3.2025 …

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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