Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Vom Ungenügen der Sprache (Teil 3)

Vom Ungenügen der Sprache

Teil 2 siehe hier

Da uns die Begriffe – verschiedene Begriffe – für die Benennung von Sand unterschiedlicher Qualität fehlen, nehmen wir Zuflucht bei Eigenschaftswörtern («feiner» Sand) oder zusammengesetzten Begriffen («Feinsand»), bisweilen auch bei definitorischen Umschreibungen («natürlich vorkommendes, unverfestigtes Sediment»).
Die Schifffahrt kennt den Ausdruck «auf Sand laufen», der soviel bedeutet wie «auf festen Grund» stossen, auf eine «Sandbank», generell auf Festland auflaufen – eine durchaus alogische, eigentlich falsche Begriffsverwendung, da ja Sand gerade nicht als «fest» gelten kann. Alogisch ist auch der Einsatz des Worts «laufen» (wie auch «auslaufen») in Anwendung auf ein Schiff. In gewöhnlicher Les- oder Redensart würde «auf Sand laufen» nur einfach wörtlich bedeuten, dass man eben auf Sand laufen, spazieren, wandern geht.
Wenn das Deutsche mit einem Aufkommen von gesamthaft zirka einer halben Million Einzelbegriffen für Sand lediglich ein Wort zur Verfügung hat, bieten afrikanische oder ozeanische Sprachen demgegenüber – geprägt durch das weit häufigere Vorkommen von Sand in dortigen Regionen – eine grössere Auswahl, bleiben aber dennoch weit hinter einem auch nur annähernd vollständigen diesbezüglichen Vokabular zurück.
So oder anders bleibt die Sprache, bleibt jede Sprache im Hinblick auf die vorgegebene Wirklichkeit defizitär.

 

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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