2008-06-21

Aus vielen, den meisten heutigen Büchern muss ich bloss ein paar Sätze, ein paar Verse lesen, um Bescheid zu wissen – in aller Regel kann ich mir die Lektüre sparen; etwa dann, wenn ein gross angekündigter, vom Verlag mächtig aufgebauter Autor wie A. G. seine neue Meistererzählung so beginnt: «Es ist niederschmetternd, wie sehr die Anrufe immer spärlicher werden.» Punkt.
Damit ist verlässlich angekündigt, was noch kommt; was zu erwarten ist – z.B. das: «Wir hatten nur zweimal telefonischen 
Kontakt, morgens um 8.20 und mittags um 12.55. Zwischendurch ist sie immer wieder verschollen.» Man liest’s und kann es, angesichts so vieler Sach- und Stilfehler auf so knappem Raum, nicht glauben. Dies als Referenz auf den Deutschen Buchpreisträger 2006, der angeblich den besten, inzwischen vielfach übersetzten Roman jenes auch schon wieder fernen Jahrs geschrieben hat. Konsensfähigkeit, scheint’s, zählt heutzutag mehr als sprachliche Kompetenz und literarisches Können; auch ist sie leichter zu jurieren.

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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