DIANA
Der Göttin mädchenhafte rundliche Gestalt
Erblickte ich an einem klaren Teich im Wald.
Ich sah, wie sie in ihrer Nacktheit strahlte,
Wie ihre freie Stirn in ferne Höhen ragte,
Wie ihre schmalen Augen schauten – weiss und leer.
So aufmerksam und reglos stand sie schwer,
Die Steinerne, und lauschte mitleidvoll dem Flehen
Der jungen Frauen, deren Schoss aufging in Wehen.
Doch abends kam ein Wind und sprang von Baum zu Baum,
Und auf dem Wasser schaukelte ihr Bild – ein Traum!
Ich wartete – gleich würde sie zum Köcher greifen,
Als milchig weisser Schimmer durch die Wälder schweifen,
Um drüben einen Blick zu werfen auf das alte Rom,
Die Kolonnaden und den gelben Tiberstrom,
Auf Plätze und Alleen … Wunderbarerweise
Verharrte die Gestalt in ihrer Marmorweisse.
aaaaaaaaaa(1874; aus dem Russischen)
aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern
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