Wo der Mensch dem Hund nah ist, scheint auch Gott nicht fern zu sein; auffallend häufig jedenfalls verbindet sich in literarischen Texten die Präsenz des Hunds mit Grundfragen des Menschseins, mit der Frage nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur, zum Tier, zum Mitmenschen, zu sich selbst, zu Gott. Bei Ernst Jandl, der in seiner Dichtung dem Tier, nicht zuletzt dem Tier im Menschen, immer wieder zu bemerkenswerten Auftritten verhilft, wird der Hund zum Ausgangspunkt und Impulsgeber für eine poetische, zwischen Kynismus und Zynismus schwankende Anthropologie, deren durchaus desolates Menschenbild durch seine hündischen Komponenten eher aufgehellt denn zusätzlich verdüstert wird. Der Mensch? Jandl macht sich auf die Krone der Schöpfung den folgenden Vers: «der mensch hat vieles von dem tier / aber doch nicht alles. / das kann aber vom tier / hinaufgewachsen sein. / schöner ist es aber schon / sich zu denken, dass es von oben kam. / dann muss man sich aber auch denken / dass vieles tief von unten kam / nämlich unterhalb des tieres. / dann hat man gott / aber man braucht auch den teufel.»
aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern
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