Die Sprache allgemein, das Schreiben im Besondern – Energien, deren Grundimpulse aus dem Vorbewussten kommen; rhythmische, klangliche Präfiguration noch vor dem Wort.
Die Achmatowa unterm Pültchen mit den Knien wippend; Rilke in die Betrachtung eines Veitstänzers versunken; Benn mit der Geburtszange klackend; Wallace Stevens auf dem Randstein hüpfend.
Noch schläft das Lied in all den Dingen. Die bewusste Arbeit am Text beginnt immer erst danach; immer erst dann, wenn ein Wort zuerst war. Wenn das Lied erwacht.
Das Lied ist, wenn’s erwacht, fast schon gemacht. Wonach der Kampf um die Sätze, die Verse sich erübrigt.
Schreiben hat mehr mit Lassen als mit Tun zu tun.
Dichten heisst der Sprache zuarbeiten. Mal abwarten, mal zusehn, wie der Text sich auslebt dabei. Er nimmt seinen Lauf. Erst holt er – zumal bei Gedichten – die Schrift- und Klanggestalt der Wörter ein, hält sie fest, dann zieht er (vom Autor diskret gelenkt) deren Bedeutung hinzu und mehr noch, in präzisem Abwägen, deren Mehrdeutigkeit.
Eine Idee, die Aussage wird sich, wenn überhaupt, immer erst zuletzt einstellen, sie ergibt sich aus dem geschriebnen Gedicht, ist also keineswegs der gute Grund für ein zu schreibendes.
aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern
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