«Es scheint, dass ein Mensch, der nichts als ein Mensch ist, gerade jene Eigenschaften verloren hat, die es anderen ermöglichen, ihn als Menschen zu behandeln.»
Ein Satz von Hannah Arendt, so lapidar, und wie wahr.
Aber letztlich will doch keiner den andern als Menschen erkennen und anerkennen, sondern als Bruder, Parteigenossen, Geliebte, Lehrer, Tante, Juden, Ferrari- oder Bayern-München-Fan, Krebspatienten, Schweizer, Bauern, Sozialisten usf.
Der «ganze Mensch», anderseits, ist der am meisten ausgesetzte, am meisten gefährdete, weil er als Mensch ohne Eigenschaften und also ohne Werte wahrgenommen wird; folglich versucht man halt, sich durch Kleidung, Bekenntnis, Namen, Redeweise, Beruf, Verwandtschaft usf. erkennbar zu machen als das, was man zwar auch ist, nicht aber, was man wesentlich ist; er, du, ich selbst.
aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern
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