Heute Nachmittag im Traum kam Char mit seiner grossen Liebe hier vorbei. Er stellte sie beiläufig vor, wobei sie mir ihren gekrümmten, vor Lachen und Weinen krampfartig zuckenden Rücken zuwandte. Ich (glaube ich) schwieg die ganze Zeit, nicht ein einziges Mal zeigte mir die Liebe das Gesicht. Der Dichter redete deklamierend vor sich hin, in deutscher Sprache, aber immer mit betont französischer Intonation. Ein leichtes Lispeln fiel mir auf, ein kehlig gerolltes r; er reckte sich, stiess fast schreiend hervor: «Sssolche Dinge verrrstehn, heisst einsssehn, dass sssie für sich ssstehn.» Derweil die grosse Liebe lautlos verflog.
aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern
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