DER HIMMELHUND
I C H F L O H. Ich floh vor ihm. Alle Tage sanken
in ihre Nächte mit mir, als er mir nachging
die Bögen der Jahre. In meiner Gedanken
verschlungene Gänge floh ich, bis mich verhing
der Nebel, den meine Tränen gelacht. Und hinauf
raste ich, hoffend, zur Aussicht,
stürzte aber ab, als das Licht
erlosch, dort hinunter, wo ein Abgrund aus Angst
aaaaamich umfing.
Nur hinweg von diesen Füßen, folgend im Lauf,
die starken, nachfolgend indessen,
nur zu sehr gemessen.
Eile schon, jedoch gezügelt, dringlichst
ja, jedoch in Hoheit, sie schreckten auf schlimme
Weise, noch schlimmer aber die Stimme:
„Alles bricht dir die Treue, weil du sie mir brichst.“
Ich flehte, verfemt wie ich war,
vor vielen Herzfenstern, die waren begittert
mit Wohltätigkeit, geflochten, rot gar
verhangen. Da überfiel mich ein Zittern
(denn, obwohl ich die Liebe kannte im Leben
dessen, der folgte, sagte ich mir,
hätte ich ihn, nichts dürfte ich haben daneben).
Wenn also das Herzfenster aufginge eines Du,
der Windstoß seines Nahens stieße es wieder zu.
Mit Angst entkam ich nicht, die Liebe holte ein,
hinaus aus dieser Welt floh ich in Pein.
Die Portale der Sterne, ihre Ketten,
ihre klirrenden Riegel sollten mich retten.
Zu Mißtönen, beinahe netten,
zerrieb ich des Mondes Pforten jämmerlich.
Zum Morgen sprach ich: Mach schnell, zur Nacht
mit himmlischen Blüten bedecke mich sacht,
vor solcher Liebe monströser Macht
hülle mich in deine Schleier, die um mich
sollen fließen. Seine Diener täuschte ich,
mußte aber doch nur meinen Verrat erleben
in ihrer Treue zu ihm. Flehentlich
bat ich die Schnellsten um größere
Schnelligkeit. Ob die Winde immer größere
Züge über die Savannen der Bläue
bliesen oder ob vom Donner getrieben sie seinen
Wagen quer über den Himmel flitzen
ließen und spritzen mit fliegenden Blitzen
rund um die Tritte, immer war ich sein.
Mit Angst entkam ich nicht, die Liebe holte ein,
Ungestört ragend,
alles rücksichtslos wagend,
immer in hoheitsvoller Eile
näherten sich die nachfolgenden Füße in kurzer Weile,
und eine Stimme hallte in dem Schlagen:
„Nichts nimmt dich auf, der du nicht annimmst mein Klagen.“
Francis Thompson: The Hound of Heaven (Originaltext)
The Hound of Heaven: Documentary & Modern Adaptation
To be the poet of the return to Nature
is somewhat, but I would be the poet
of the return to God.
Dem Äußeren nach war er „etwas zwischen einem Laternenanzünder und einem Literaten“, sagt sein Biograph, also etwas zwischen dem Ausüber eines eindeutig ehrlichen Berufes der Armut und dem Repräsentanten eines zweideutigen geistigen Elends oder Reichtums. Er aber sah so aus, erst nachdem Welt und Leben ihn mannigfach verraten hatten; er hätte zweifellos in irgend einem anderen Jahrhundert als dem 19. und 20. – es war um die Wende der beiden, daß er schuf – ganz anders ausgesehen. Als Lear von seinen Töchtern verraten worden war, war er dem Äußeren nach etwas zwischen einem Bettler und einem Narren – in welch anderen Sphären bewegen wir uns hier: Bettler und Narr, Laternenanzünder und Literat! – und trotzdem jeder Zoll ein König – jener andere, Francis Thompson, war Höheres, Unsichtbareres, Schmerzengeboreneres: Jeder Zoll ein Dichter. War es, als er sein Groschenkapital, um mit ihm zu wuchern, in Streichholzschachteln anlegte, die er zu verkaufen trachtete; war es, als er vor Oper und Theater die Pferde hielt oder die Wagentüren öffnete; als er in den Asylen oder Sommers unter den Brückenpfeilern Londons sein Haupt niederlegte, um das nur erst die Dornen und noch nicht der Lorbeer sich wanden, als er „zwischen den Kinnbacken Londons“ war, die ihn zu zermalmen suchten; war es, als er, ein Ausgeher bei einem mitleidigen Schuster, diesen Posten um seiner Unpünktlichkeit willen wieder verlor, denn er, der Schwindsüchtige, war wie de Quincey, wie Coleridge eine Zeitlang dem Opium verfallen; war es in all der furchtbaren Schmach, zu der das 19. und beginnende 20. Jahrhundert die völlige Armut gemacht hatten, die Armut, einst in den Augen der Menschen die Gehilfin der Heiligkeit und an sich schon fast heilig, dann aber nicht nur der Schoß aller Verbrechen, sondern das Verbrechen selber, das Kapitalverbrechen. Es wird anders und wird noch mehr anders werden; die Zeit lernt zwangsweise um.
[…]
Es ist fraglich, ob Thompson je mit Shelley verglichen worden wäre, wenigstens in dem Maße, in dem es getan wird, wenn er nicht seinen berühmtesten Essay zur Würdigung Shelleys geschrieben hätte. In Wahrheit nämlich ist seine Verwandtschaft mit ihm eine recht entfernte, weshalb er auch so objektiv und erkennend von ihm reden kann. Vieles, was er so hoch an Shelley pries, hatte er gerade nicht, oder nur als beherrschtes, nicht als herrschendes Moment. Er hatte gewiß auch ein metaphysisches Verhältnis zur Natur, wie Shelley, aber nicht in dieser Einzigkeit und Verlorenheit, denn er war ein Christ und führte ein Leben im Geiste. Er hatte ein metaphysisches Verhältnis zur Natur, sonst wäre er kein Dichter gewesen, und der Bericht eines seiner Bekannten, daß er eine Eiche von einer Ulme nicht unterscheiden konnte und die Namen der gewöhnlichen Feldblumen nicht wußte, ist nicht, wie es vielleicht leise gemeint ist, ein Einwand gegen seine tiefe Wesenserkenntnis der Natur, sondern eher ein Zeichen, daß sie tiefer als alle Empirie reichte. Nicht daß ich solche Ignoranz im allgemeinen für empfehlenswert hielte, aber die Weise der Dichter ist so individuell und der Nachahmung entzogen und nur ad hoc gültig, wie die so vieler Heiligen in einer höheren Sphäre. Ich vermute aber, daß auch Hölderlins Kenntnisse in der Botanik nicht weit her waren.
Dennoch hat Thompson niemals Verse so unmittelbar aus dem Mitleben mit der Natur heraus geschrieben wie Shelley oder Goethe oder Mörike. Freilich kann man dann sofort hinzufügen, daß auch Dante und Shakespeare es nicht getan haben; der große Unterschied ist aber, daß Thompson als Dichter das Erbe der Shelley, der Goethe, der Mörike anzutreten hatte; er brauchte die beiden letzten wenig oder – Mörike – nicht zu kennen, darum handelt es hier sich nicht, nämlich um das Lesen und das äußere Kennen. Die metaphysische Naturlyrik war eine europäische Angelegenheit, wenn auch national differenziert, eine geistige Bewegung, die erst allmählich in unser Bewußtsein gelangte, die aber real in jedes geistigen Menschen Entwicklung mitwirken mußte: ein dichterisch errungener Wert, der nicht verloren gehen kann, der mit einbezogen werden mußte in Erleben und Schaffen eines Dichters, der höher steigen wollte. Und dieses hat Thompson getan, darum trägt er den Lorbeer.
[…]
Wohl: Thompson hatte schon, was er Shelley so nachrühmt: „eine instinktive Perzeption der unterliegenden Analogien, der geheimen unterirdischen Passagen zwischen Materie und Seele; der chromatischen Skalen, in denen der Allmächtige alle Tonarten der Schöpfung durchmoduliert“, aber nicht in dem exklusiven Sinne, wie jener, nicht als entscheidenden Charakter seiner Kunst, denn er hatte mehr. Und in dieser Welt muß immer für ein „Mehr“ ein „Weniger“ bezahlt werden, das sehr viel sein kann. Jenes den Starrkrampf des reduzierten Intellekts lösende, lustvolle Erlebnis der Einheit der Natur, daß alles in einem ist oder in Einer, eines oder Eine in allem, hat Thompson gehabt, sonst wäre er kein Dichter; […] denn es braucht wohl keiner ein Dichter zu sein, um es zu haben, aber um ein Dichter zu sein, muß er es haben. Indessen hatte er es nicht in jener Unbegrenzheit und Unvermischtheit, daß er ihm je hätte so hinreißenden Ausdruck geben können, wie jene wunderbaren Verse Goethes, welche durch die Sprache „die Schöpfung durchsichtig machen“:
In tausend Formen magst du dich verstecken,
Doch, Allerliebste, gleich erkenn’ ich dich;
Du magst mit Zauberschleiern dich bedecken,
Allgegenwärt’ge, gleich erkenn ich dich. […]
Denn er hatte in allem solchem Erleben die Distanz des Geistes, der in aller Liebe für die Natur, in der äußersten Hingabe an sie, nicht vergessen kann, wo seine Heimat ist. Weder Goethe noch Shelley noch Mörike hätten jemals die Natur eine Stiefmutter geheißen, oder, wenn schon, dann schmollend nur und als Würze eines neuen Kosenamens; Thompson aber, wiewohl sie ihre Heimlichkeiten ihm verriet, weil er sie liebte, wiewohl er war
aaaaaaaaaaaaaAusgelassen fast
Mit unsrer Mutter wirren Flechten spielend Kind,
aaaaaaaaaaaaaIhrer Feste Gast
In ihrem Schlosse, dessen Wände Winde sind,
heißt sie doch eine Stiefmutter und klagt:
aaaaaaNie noch ward Milch von ihr zur Seligkeit
aaaaaaaaaaaaaDen dürstenden Lippen mein!
Und diese Verse waren nicht der Ausdruck einer Stimmung, sondern der eines durch Erfahrung verifizierten dogmatischen Wissens, daß die Natur des Menschen nach der Übernatur des Geistes sich sehnt, daß nur Gott selber und nicht Seine Schöpfung, auch nicht Seine schöpferische Schöpfung den letzten Durst ihm zu stillen vermag.
[…]
Seine Armut und sein grenzenloses Elend, dessen einziger Ausweg eine Zeitlang das Opium war, waren die Aussonderung, von der er sagt, daß der große Dichter sie ähnlich durchmachen müsse wie der Heilige – „es ist das abgeschnittene Haupt, das den Seraph macht“, jene Aussonderung, in der ein Mensch weniger subjektiv – aber doch auch! – sich vorbereitet, als objektiv durch ihm unverständliche Schicksale und Leiden vorbereitet wird für seine Mission. Und was war die Mission Thompsons?
Der Dichter zu sein der Rückkehr zur Natur ist etwas, ich aber möchte der Dichter sein der Rückkehr zu Gott.
Und dieser Dichter ist er geworden. Nicht so, daß er als einzelner Mensch, der zufällig auch Dichter war, zu Gott zurückkehrte, denn er hat Gott nie den Rücken gekehrt; er war kein Konvertit, weder im äußeren noch im inneren Sinn; seine Dichtung hat niemals auch nur im leisesten den Mißton der Revolte, immer nur den reinen Klang klagenden Schmerzes gehabt. Er hat von Anfang an in der „titanischen Urliturgie“ der Natur dunkel vorgezeichnet gefunden die Symbole der Liturgie des Geistes und der Wahrheit in der Kirche. Nicht so ist der Satz zu verstehen, sondern er hat, so viel an ihm lag, zurückgeführt zu Gott die Macht und das Element der Schönheit in Natur und Sprache, die Dichtkunst selber. Und das ist nichts Kleines, das ist mehr, als wenn Staaten vergehen und entstehen. Es ist immer ein Großes, im besonderen aber in dieser Zeit, wenn ein Genie – als Genie! in und mit seinem (diesem unvergleichlichen) Wert! – bei Gott und der Lehre der Kirche bleibt, da unter denen, welche, menschlich gesprochen, der Sache Gottes nützen oder schaden können, keiner ist, der das eine und das andere stärker tun könnte, als das Genie, keiner! Zwei Jahrhunderte lang hat die Kirche den „Lorbeer“, die Dichtkunst „Fremdlingen überlassen“. Bis zu Thompson, genau bis zu ihm, konnten Fremdlinge und Feinde sagen und höhnen:
Was wollt ihr denn? Ihr wollet, was man nur können, nicht wollen kann, aber das Können ist unser, unser! Ihr pflüget mit eisernem Fleiß den dürren Boden der Mittelmäßigkeit und erntet Früchte, hart zu beißen wie Eisen und dürr wie der Boden, wir aber leben im Garten Eden, unser ist die Schönheit und die Herrlichkeit der Dichtung und aller Künste, unser!
Und sie hatten nicht unrecht. Aber das ist anders geworden mit Thompson; jeder ihrer Einwände versagt; er verbrennt oder vergeht in dieser Glut und in diesem Licht, sie stehen stumm oder kehren um. Sie sehen es; schon zu Lebzeiten Thompsons hat einer von ihnen, Oskar Wilde, sich selber die bange Frage für einen Augenblick gestellt:
Warum kann ich solche Verse nicht schreiben? Das ist’s, was ich mein ganzes Leben lang wollte.
Das war eine Anerkennung, weil Wilde von Versen etwas verstand, es war eine, auch wenn es nur eine rhetorische Frage war, auch wenn er, der Frager, der Rhetor, schockiert worden wäre, hätte ihm die Antwort, die er insgeheim doch kannte, ein anderer laut gegeben, also etwa Thompson, der über ihn äußerte:
Oskar Wilde wird nie etwas Dauerndes produzieren, denn er nimmt nichts ernst.
Sie wissen es, denn alles, das sie anbeten, ist da, wiewohl es nicht angebetet wird, sondern nur ein Bild und Gleichnis ist von dem, der allein angebetet werden soll; aber es ist da, und oft in einer Schönheit, die die Sinne vergehen lassen will; und das sehen sie. Sie sehen, daß hier auch nicht mehr eine Spur ist von dem erbärmlichsten Feinde, den die große Kunst hat, der Mittelmäßigkeit, welche im Leben zu tragen ist wie jedes Kreuz, in der Kunst aber schonungslos draußen gehalten werden muß. Sie wissen es, und ein Zeichen ist, daß in England der „Jagdhund des Himmels“ die Auflage eines Gassenhauers hat, oder: eines Shakespeare, der erst zwanzig Jahre lang tot ist. Nur das eine oder das andere erklärt diese hohe Auflage, nichts in der Mitte. Aber der „Jagdhund des Himmels“ ist nicht in der Mitte, er ist sprachlich, rhythmisch, gedanklich mindestens so schwer wie ein Gesang Dantes, er verträgt ohne weiteres einen Kommentar, wie eine Ekloge Vergils, und wiewohl ich selber Kommentare nicht liebe und schwer lese und mir lieber die Hälfte entgehen lasse, freilich mir auch vorbehalte, unter Umständen nur den Kommentar oder die Glosse zu lesen, und nicht die Werke, wenn jene von Lessing oder Lichtenberg oder Karl Kraus sind, gebe ich doch ohne weiteres zu, daß es fast ein Kriterium ist, jedenfalls ein gutes Zeichen für die Bedeutung und Größe eines Dichters, wenn er einen Kommentar verlangt und verträgt – (Stefan George und Richard Dehmel brauchen keine Kommentare) – er ist also nicht in der Mitte, er gehört bereits zu jener großen Kunst, die über alle Kritik hinausgewachsen nun selbst Kritik ist all dessen, was über sie gesagt wird; die im natürlichen Sinne „katholisch“ etwas vom Wesen des Katholizismus hat, nämlich indem sie so einfach ist, daß der Einfachste ihr Wesentliches verstehen kann, und so kompliziert, daß der Komplizierteste immer mehr findet, als er selber hat. Das Gedicht wendet sich an die anima naturaliter christiana sowohl, wie an die im Christlichen erfahrene Seele. An den, der noch draußen steht, aber doch von Natur Ohr und Herz hat; an den, der am Anfang strauchelt, der noch „verrät“, „nicht schützet“, „nicht genüget“, und der noch „flieht“ – an den, der in der Mitte steht und kämpft und schon weiß: „Der, den du fliehst, bin Ich“; – an den, der am Ende steht, müde, und doch schon die Krone glänzen sieht – sie alle können den Sinn verstehen, weil der Dichter ihnen den Sprachleib gegeben hat, den kein Geringerer ihm geben konnte. Und das ist das Größte, das in dem Moment der Heilsgeschichte, in welchem wir stehen, ein Dichter tun kann. Und das sehen sie und wissen sie, die Freunde und die Neutralen und die vielen Feinde. Francis Thompson ist ein Dichter so oder so, allein durch die Macht der Sprache – wir haben unsere These nicht vergessen –, aber dieser Zeit größter und unvergänglichster ist er, sowohl – wie nun immer einer es wenden mag – deshalb, weil er nicht nur der Dichter war der Rückkehr zur Natur, sondern der Dichter der Rückkehr zu Gott, wie auch darum, weil er der Dichter war der Rückkehr zu Gott, ohne aufzuhören, der Dichter zu sein der Rückkehr zur Natur. Das ist es.
Theodor Haecker, aus seinem Essay „Über Francis Thompson und Sprachkunst“, 1925
Ich bin fertig; allerdings auch im Gemüt. Soviel Demut ist zu viel, wird heutzutage kaum empfunden. Oder täusche ich mich? Zwar erklärte mir Inge, mit „hound“ sei der Jagdhund gemeint, der gewöhnliche Hund hieße „dog“. Aber Professor Klein übersetzt „Himmelhund“. Ich war einmal versucht und habe nicht standgehalten, Gott Hund zu nennen. Einmal, dachte ich, sollte es gut sein. Ich will nicht nur meine Wut ausdrücken, sondern diese Wut auch in Francis Thompsons Gedicht vermuten dürfen. Hoffentlich gibt es bei ihm diese Wut. Gegen Ende wird die Stimme von oben derart dumm, daß man sogar Tücke in dem frommen Kind Francis vermuten möchte. Ich würde diese Tücke gerne beweisen und könnte es wahrscheinlich mit Hilfe vieler anderer Gedichte, die einen rebellischen Ton haben, wie ja von mir schon vor vielen Jahren behauptet wurde, daß sich heidnische (klassische) Gedankengänge überall dort anmelden, wo eigentlich die Frömmigkeit das Sagen hat.
Passignano, am 20. Dezember 2004
der die Interlinearübersetzung geliefert hat, hätte Paul Wühr, fasziniert von der Schönheit der Zeile „Mit unsrer Mutter wirren Flechten spielend Kind“, sein in den späten vierziger Jahren gegebenes Versprechen, diesen Autor in Deutschland bekannt zu machen, nicht halten können.
Wühr hatte einige Gedichte von Francis Thompson in der Übersetzung von Theodor Haecker in einem von Ludwig von Ficker im Brenner-Verlag Innsbruck 1925 herausgegebenen Band entdeckt und sie immer wieder Freunden vorgelesen. Holger Klein, der Ende der achtziger Jahre einen Vortrag in Passau hielt, hörte nach einer Lesung in einem Biergraten vom benachbarten Tisch aus den Namen „Thompson“ und beugte sich verwundert herüber: „Was, Herr Wühr, Sie kennen Francis Thompson?“
Daß und wie eingehend Paul Wühr dieses Werk kennt, belegt dieser Band.
Als Beigaben zu Wührs Übersetzungen und seinen anschließenden Überlegungen zu Thompson enthält der Band Ausschnitte aus dem Essay „Über Francis Thompson und Sprachkunst“ von Theodor Haecker (1925) und außerdem eine „Biographische Notiz“ von Wilfrid Meynell (1907), Thompsons erstem Herausgeber und lebenslangen Förderer. Den lyrischen Texten folgen so drei Stimmen der Rezeption Thompsons aus unterschiedlichen Epochen.
Stiftung Lyrik Kabinett, Klappentext, 2009
Manfred Pfister: Ein großes englisches Gedicht ist wiederzuentdecken
literaturkritik.de, Mai 1910
Jörg Drews: Weil der Versuch die einzige Gewähr ist
Merkur, Heft 397, Juni 1981
Ulf Stolterfoht: Wie ich Helmut Heißenbüttel einmal fast begegnet wäre
Stuttgarter Zeitung, 18.6.2021
Peter Mohr: Poet im Sprachlabor
literaturkritik.de, Juni 2021
Willi Winkler: Erschreckend modern
Süddeutsche Zeitung, 20.6.2021
Paul Jandl: Die deutsche Sprache kam ihm immer spanisch vor
Neue Zürcher Zeitung, 21.6.2021
Beate Tröger: Ein Radikaler
der Freitag, 2.7.2021
„Sage ich Du zu mir oder Sie?“ Happy Birthday Helmut Heißenbüttel! am 26.6.2021 im Literaturhaus Stuttgart
Fernsehdokumentation von Urs Widmer aus dem Jahre 1967 über den experimentellen Schriftsteller Helmut Heißenbüttel (1921–1996). Der Titel: Zweifel an der Sprache. Helmut Heißenbüttel, ein Portrait.
Urs Buhlmann: Francis Thompson: Fernab der Bürgerlichkeit
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