Doch wenn das Wasser selbst sich ertränkt? Woher
aaaaakommt ihm
Hilfe? Und wer hört sein Klagen? Wenn es fließt und
aaaaain
Strudeln versinkt!
in diesem seltsam traurigen Zyklus von Versen und Prosastücken die poetische Geschichte einer Irrfahrt, einem bitteren Kindheitstraum folgend, der ihn die flämische Schelde entlang, immer mehr nach Norden zieht.
Gezeichnet von Alter, Krankheit, Überdruß, Entsetzen, wandernd in schweren Hufabdrücken, wandernd im Regen, im Schlick; Reisender der großen Flußzeremonie, nur sich selbst als Komplizen, wandernd an den flachen, verschlungenen, glühend grünen Ufern dieses feuchten Landes, nicht wissend, aus welchem Darm er kam, er kam, welchem tiefen verschlungenen Graben er folgt – oder als Passagier des Schleppers Babtei, der zur Metapher für das Krankenbett des todesnahen Körpers, treibend auf dem Kahn der Worte, wie das Stück Buchenholz im Heim der Unheilbaren, auf das ein beschämendes Morgenlicht einfällt durch diesen Trichter, gleich einem Bullauge für nichts.
Rainer Schedlinski, Druckhaus Galrev, Katalog, 1995
über 430 Kilometer nordwärts entlang dieses einsamen Flusses zu wandern, krankend, fiebernd, durch diesen eisigen November – was treibt ihn dazu? – fragt man sich bei der Lektüre dieser Verse, die uns von einer seltsamen Reise berichten.
Und um den Leser mit dieser Frage nicht allein zu lassen: von schwerer Krankheit gezeichnet, gelähmt an rechter Seite, unternahm er diese Tortur, um zu gesunden, wenn er die zittrige Hand in das Wasser dieses trüben Flusses hielte; um zu genesen an dem Glauben sich selbst zu finden auf dem Weg von der Quelle, der Mutter, zur Mündung, dem Meer.
Dies ist keine Lustfahrt, keine Frohnatur ist dieser Wanderer, dessen Zeilen voll sind von wahrlich wenig poetischen Kadavern und Wasserleichen; und dessen Texte, sanft und dunkel, ihn in den literarischen Lexika unter die Pessimisten haben einreihen lassen. Doch spricht aus seinen Worten jeder Ort, jedes Fühlen mit erstaunlicher Direktheit, und wir erleben einen „Wanderer der großen Flußzeremonie“, der, einsam, „seine Schritte in die Hufabdrücke der Pferde setzend“, „unaufhörlich die Realität der Karte mit der des Flusses vergleichend“, „in der Kenntnis von sich selbst vorandringt.“
Das vorliegende Buch wird gefallen finden bei all jenen, die an Venaille den Zug des schwarzen Engels lieben.
Druckhaus Galrev, Ankündigung, 1995
Frank Venaille am 17.1.2013 im Haus der Poesie.
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